ChamberFraktionen, technische Gruppen und politische Sensibilitäten

Chamber / Fraktionen, technische Gruppen und politische Sensibilitäten
Wichtiges Thema in diesen Tagen: die genaue Zusammensetzung der neuen Abgeordnetenkammer Foto: Editpress/Julien Garroy

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Parteien, die nicht über Fraktionsstärke verfügen, d.h. mindestens fünf Abgeordnete haben, haben die Möglichkeit, sich zu einer „technischen Gruppe“ zusammenzuschließen. Doch lohnt sich dieser Schritt?

Als Fraktionen bezeichnet man Gruppen von mindestens fünf Abgeordneten einer Partei. Als solche genießen sie einige „Privilegien“ gegenüber Parteien, die über weniger als fünf Gewählte verfügen. Solche Gruppierungen im Parlament bezeichnet man als „politische Sensibilitäten“. Sie verfügen z.B. über weniger Redezeit und sind in der „Conférence des présidents“ nur mit einer beratenden Stimme vertreten. Die Geschäftsordnung der Chamber sieht allerdings die Möglichkeit vor, dass sich Abgeordnete zu einer „technischen Gruppe“ zusammenschließen, die den Fraktionen gleichgestellt ist.

Solche Gruppen müssen ebenfalls aus mindestens fünf Mitgliedern bestehen. Sie benennen einen Koordinator, der ihr Sprecher in allen Verwaltungsfragen ist und sie in der Konferenz der Präsidenten vertritt. Diese haben denselben Status wie die Fraktionsvorsitzenden. Technischen Gruppen wird die gleiche Redezeit zugestanden wie den Fraktionen, was ein Grund sein kann, warum sich Abgeordnete verschiedener politischer Orientierungen zu solchen Arbeitsgruppen zusammenschließen.

Nachfolgend zwei Beispiele: Eine Fraktion hat z.B. beim sogenannten „Redemodell 2“ Anrecht auf 20 Minuten Redezeit plus zwei Minuten pro Abgeordneten. Eine politische Sensibilität dagegen nur fünf Minuten pro Mitglied, mindestens aber 15 Minuten. Beim Modell 4 erhält eine Fraktion (oder eine technische Gruppe) 40 Minuten plus vier Minuten pro Mitglied, eine politische Sensibilität nur zehn Minuten pro Mitglied.

Rein theoretisch könnte ein technischer Zusammenschluss also interessant sein. „Das muss man allerdings von Fall zu Fall abwägen“, sagt Marc Baum („déi Lénk“) dem Tageblatt. Innerhalb seiner Partei habe man noch nicht darüber gesprochen, eventuell mit anderen eine solche Gruppe zu bilden. Das werde man am Montagabend tun. Rein formal gesehen genießen technische Gruppen zwar einige Privilegien gegenüber den politischen Sensibilitäten, allerdings müsse man analysieren, ob sich das in der Praxis lohne. „Man bekommt zwar mehr Redezeit, doch man muss diese auch wieder mit mehr Mitgliedern in der Gruppe teilen. Nach der Reform des internen Reglements der Chamber 2020 seien die Unterschiede zwischen Fraktion, technischen Gruppen und „sensibilités politiques“ doch sehr gemindert worden, sodass man erst ausrechnen müsse, ob es die Sache wert ist.

Im November 2018 bildeten die zwei Abgeordneten der Piraten eine technische Gruppe mit der ADR; „wegen der finanziellen Vorteile, die es damals noch gab“, erklärt Sven Clement. Doch nach der Reform sei dieser Vorteil weggefallen, da das Geld jetzt proportional zur Abgeordnetenzahl ausgezahlt wird, was vorher nicht der Fall war. Die Gruppe habe übrigens nur ein Jahr bestanden. Allerdings könnte die Frage der technischen Gruppen noch für Diskussionen sorgen, meint er: Immerhin gehörten neun Abgeordnete der neuen Chamber nicht einer Fraktion an. Um voll stimmberechtigt bei der „conférence des présidents“ vertreten zu sein, müssten sie sich also zu einer technischen Gruppe zusammenschließen, was aber vielleicht nicht jeder wolle.

Finanzielle Entschädigungen

Was die finanzielle und materielle Unterstützung angeht, so sind die technischen Gruppen den Fraktionen gleichgestellt. Beiden werden die für ihre Arbeit erforderlichen Räumlichkeiten und Einrichtungen sowie Mittel zur Verfügung gestellt, die auf der Grundlage ihrer proportionalen Vertretung im Parlament berechnet werden.

Pro Abgeordneten zahlt die Kammer eine sogenannte „Sekretariatsentschädigung“ von momentan maximal 7.350 Euro. Davon bezahlen die Gewählten ihre Mitarbeiter. Es ist gleichgültig, ob davon ein oder mehrere Mitarbeiter bezahlt werden. In der Praxis schließen sich Abgeordnete in sogenannten „Pools“ (Arbeitsgruppen) zusammen; der ihnen zustehende Betrag wird dem Pool überwiesen. Rein technisch gesehen ist der Pool nicht identisch mit der Fraktion.

Fraktionen, technische Gruppen und politischen Sensibilitäten haben ein Anrecht auf Büros. Allerdings gebe es hierfür keine feste Regel, wie diese verteilt werden, erklärt die Pressesprecherin der Chamber, Monique Faber. Die Lokale werden ihnen vom Staat je nach Verfügbarkeit zur Verfügung gestellt; das Parlament übernimmt die Gas-, Strom- und Wasserkosten sowie die Miete.

Alle drei Gruppen erhalten zudem einen jährlichen „crédit de fonction“ von derzeit 29.277 Euro pro Abgeordneten. Dieses Geld ist für die Ausgaben der Gruppe gedacht, Parteiausgaben dürfen damit nicht finanziert werden.