Tour de Luxembourg Wieder Sicherheitsprobleme auf der Strecke – Geniets: „Für mich gibt es da kein Pardon“ 

Tour de Luxembourg  / Wieder Sicherheitsprobleme auf der Strecke – Geniets: „Für mich gibt es da kein Pardon“ 
Gut 40 km vor dem Ziel wurde wieder Rennen gefahren Foto: Jeff Lahr

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Der Sieg von Arnaud Démare (Groupama-FDJ) wurde gestern vom Streik des Pelotons überschattet. Nachdem bereits auf der 1. Etappe einige am Rennen unbeteiligte Fahrzeuge auf der Strecke standen, mussten die Fahrer des Pelotons auch auf der 2. Etappe heikle Situationen überstehen. 

Bereits nach etwa einer Stunde Rennzeit herrschte gestern Stillstand im Peloton. Auf der 2. Etappe von Remich nach Hesperingen hatte es schon kurz nach dem Start heikle Situationen gegeben. Wie der luxemburgische Landesmeister Kevin Geniets (Groupama-FDJ) dem Tageblatt erklärt, standen bereits auf den ersten Kilometern Fahrzeuge auf der Rennstrecke. Konkret berichtet er von mehreren Lkws und Traktoren, die sich auf der Strecke der gestrigen 2. Etappe befanden. „Kurz bevor wir stehenblieben sind, ist fast ein Auto ins Feld gefahren – auf einer Kreuzung, die nicht abgesichert war. Da haben sich dann alle gesagt: Es reicht, wir bleiben jetzt stehen“, erklärt Geniets. Wie der 23-Jährige berichtet, sei keine Mannschaft vorangegangen, um einen Abbruch zu forcieren. „Wir waren heute (gestern) Morgen alle schockiert, da hat es nicht viel an Kommunikation zwischen den Teams gebraucht. Einer hat die Hand gehoben, das hat für alle als Zeichen gereicht.“ 

Geniets (Groupama-FDJ) berichtete bereits nach der 1. Etappe von sehr gefährlichen Situation mit Autos oder Bussen. Gestern ging es dem Hauptfeld dann zu weit: „Wenn ein ganzes Feld stehenbleibt, ist das eindeutig berechtigt.“ Geniets habe eine solche Situation, in der ein ganzes Fahrerfeld einheitlich das Rennen aus eigener Hand abbricht, noch nie erlebt. „Meistens schreibt man E-Mails nach einem Rennen, wenn es gefährliche Situationen gab. Aber es sagt wirklich viel aus, wenn ein ganzes Peloton stehenbleibt“, sagte der Fahrer der französischen Groupama-FDJ Mannschaft.

Neustart in Syren

Gerade in einer Saison, in der das Thema Sicherheit im Radsport vermehrt diskutiert wird, rückt die Tour de Luxembourg in ein negatives Licht. „Die Sicherheit ist für uns Radfahrer am wichtigsten“, sagt Geniets. „Wenn bei der Organisation was falsch läuft oder wir mal falsch fahren – das kann vorkommen. Aber so mit unserer Sicherheit zu spielen? Für mich gibt es da kein Pardon.“ 

Die Organisatoren, die sich von diesem Protest überrascht zeigten, wussten, so erklärt es Geniets, nicht mehr, was sie machen sollten. „Wir haben ihnen dann vorgeschlagen, dass wir geschlossen zur Schlussrunde fahren. Es gibt Zuschauer an der Strecke und auch für die Sponsoren und uns Teams war es wichtig, eine Lösung zu finden, mit der jeder zufrieden ist.“  Ob die Fahrer heute wieder an den Start gehen, liegt laut Geniets in der Hand der Organisation. Doch eines ist dem Luxemburger klar: „Wenn so etwas noch mal vorkommt, bleiben wir wieder stehen. Und dann sehen wir weiter.“ 

Das Rennen wurde etwa 40 Kilometer vor dem Ziel auf dem Plateau hinter Syren neu gestartet
Das Rennen wurde etwa 40 Kilometer vor dem Ziel auf dem Plateau hinter Syren neu gestartet

Als das Rennen 40 Kilometer vor dem Ziel wieder aufgenommen wurde, attackierte Lokalmatador Luc Wirtgen (Bingoal-Wallonie Bruxelles). Der Luxemburger bildete mit dem Belgier Loïc Vliegen (Circus-Wanty Gobert) das Führungsduo. Auf der zweiten Passage der „Côte de Syren“ präsentierte sich dann mit Jan Petelin (Vini Zabù-KTM) der nächste Luxemburger im Angriff – an diesem Tag sollte jedoch keine Flucht von Erfolg gekrönt werden. Im Zielsprint konnte sich einer der Favoriten, der französische Landesmeister Arnaud Démare (Groupama-FDJ), auch dank einer starken Vorarbeit seiner Mannschaft durchsetzen. Ivan Centrone  (Natura4Ever-Roubaix Lille Métropole) war erneut der beste Luxemburger – er kam als 50. mit drei Sekunden Rückstand an. 

Die Fahrer des Pelotons „ont poussé un coup de gueule“, nachdem gestern und heute Autos im Rennen waren. „Das war zu gefährlich“, erklärte der Etappensieger. „Wir sind die Akteure und wir sind für das Spektakel zuständig. Wenn unsere Sicherheit gefährdet wird, müssen wir Stopp sagen.“ Démare hat auf den ersten Kilometern ein Auto gesehen, das aus einer Kreuzung ins Rennen fuhr. „Ich glaube, die Person, die das Auto fuhr, dachte, dass wir trainieren. Sie hat das ganze Peloton überholt und dann noch die Ausreißer. Das war zu gefährlich. Ich war im hinteren Viertel des Feldes, als das Tempo herausgenommen wurde. Ich dachte sofort: Okay, ich verstehe das und teile eure Meinung.“ 

Der Präsident des Organisationskomitees der Tour de Luxembourg, Andy Schleck, befindet sich aktuell bei der Tour de France. Auf die Frage, inwiefern er aus dem Ausland Einfluss auf die Entscheidungen habe, antwortete Benoît Theisen, Generalsekretär: „Wir sind im ständigen Kontakt mit Andy, er ist bei allen Entscheidungen dabei.“ Auf eine Tageblatt-Anfrage reagierte der Tour-de-France-Sieger von 2010 nicht.

Kevin Geniets (Groupama-FDJ) leistete gestern wichtige Vorarbeit für Arnaud Démare 
Kevin Geniets (Groupama-FDJ) leistete gestern wichtige Vorarbeit für Arnaud Démare 

Ergebnisse

2. Etappe, Remich – Hesperingen (40,7 km): 
1. Arnaud Démare (F/Groupama – FDJ) 50:06 Minuten, 2. Jasper Philipsen (B/UAE Team Emirates), 3. Alexander Krieger (D/Alpecin-Fenix), 4. Jordi Warlop (B/Sport Vlaanderen – Baloise), 5. Amaury Capiot (B/Sport Vlaanderen – Baloise), 6. Jacopo Guarnieri (ITA/Groupama – FDJ), 7. Eduard-Michel Grosu (ROM/Nippo Delko One Provence), 8. Rui Oliveira (POR/UAE Team Emirates), 9. Martijn Budding (NED/Riwal), 10. Reinardt Janse van Rensburg (RSA/NTT) alle gleiche Zeit, … 50. Ivan Centrone (LUX/Natura4Ever) 0:03 Minuten zurück, 82. Tom Wirtgen (LUX/Bingoal – Wallonie Bruxelles), 86. Ben Gastauer (LUX/Ag2r La Mondiale), 94. Michel Ries (LUX/Trek-Segafredo), 96. Luc Wirtgen (LUX/Bingoal – Wallonie Bruxelles) alle g.Z., 126. Kevin Geniets (LUX/Groupama/FDJ) 3:20, 132. Raphaël Kockelmann (LUX/Vorarlberg Santic) 4:15, 133. Jan Petelin (LUX/Vini Zabu) 4:25, 134. Arthur Kluckers (LUX/Leopard) 5:57 
Gesamtwertung: 1. Diego Ulissi (ITA/UAE Team Emirates) 4:03:11 Stunden, 2. Philipsen 0:04, Capiot, 4. Grosu alle g.Z., 5. Krieger 0:06, 6. Oliveira 0:07, 7. Warlop 0:10, 8. Janse van Rensburg g.Z., 9. Petr Vakoc  (CZE/Alpecin-Fenix) 0:12, 10. Jon Aberasturi (ESP/Caja Rural) 0:13, 29. Centrone 0:13, 46. T. Wirtgen 0:24, 47. L. Wirtgen 0:26, 53. Gastauer 0:29, 54. Ries g.Z., 120. Geniets 5:57, 121. Petelin 6:10, 129. Kluckers 9:25, Kockelmann 22:31
Punktewertung: 1. Philipsen 25, Capiot 25, Ulissi 20 
Bergwertung: Axel Zingle (F/Nippo Delko One Provence) 8, Lukas Meiler (D/Vorarlberg Santic) 4, Ulissi 3, 4. Gastauer 3 
Nachwuchswertung: 1. Philipsen 4:03:15, 2. Warlop, 3. Oliveira alle g.Z.  
Mannschaftswertung: 1. UAE Team Emirates 12:10:06, 2. Riwal 0:03, 3. Ag2r la Mondiale 0:06, 21. Leopard 4:14


Generalsekretär Benoit Theisen: „Leider gibt es immer wieder Autofahrer, die den Anweisungen der Polizei nicht befolgen“

Nach der gestrigen Etappe besprachen die Organisatoren der Tour de Luxembourg (Links Benoit Theisen) die Etappe mit Vertretern der UCI. 
Nach der gestrigen Etappe besprachen die Organisatoren der Tour de Luxembourg (Links Benoit Theisen) die Etappe mit Vertretern der UCI.  Foto: Pascal Gillen

Der Generalsekretär der Tour de Luxembourg, Benoît Theisen, hatte gestern eine Menge zu tun. Als sich die Fahrer zum Streik entschieden, sprach der Luxemburger mit den Teams, um auf eine gemeinsame Lösung zu kommen. Im Gespräch mit dem Tageblatt erklärt er, dass einige Autofahrer die Anweisungen der Polizei nicht respektieren – und es deswegen zu den gefährlichen Situationen während des Rennens kommt.

Tageblatt: Benoît Theisen, welche Gedanken hatten Sie, als Sie sahen, dass die Fahrer anhalten?

Ich dachte, dass es ein Problem gibt. Ich habe mit den Fahrern gesprochen und sie sagten, dass es gefährliche Situationen gab. Ein Auto hat die klare Anweisung bekommen, am Straßenrand zu halten – das wurde nicht respektiert. Die Polizei macht, in Zusammenarbeit mit uns, einen sehr guten Job. Leider gibt es immer wieder Autofahrer, die den Anweisungen der Polizei nicht folgen. In diesem Moment ist die Sicherheit der Fahrer nicht mehr gewährleistet.

Auf beiden Etappen kam es nun bereits zu gefährlichen Situationen.

Auf der 1. Etappe gab es die Situation mit dem Bus. Das war ein Zwischenfall, aber es ist nichts passiert. In den letzten Wochen waren außerdem viele Unfälle auf der Straße, die Radfahrer sind um ihre Sicherheit besorgt. Dieses Auto, das heute (gestern) nicht die Anweisungen der Polizei befolgte, war der ausschlaggebende Punkt, dass die Fahrer mit uns sprechen wollten.

Haben sich Fahrer schon nach der 1. Etappe bei den Organisatoren gemeldet?

Einige Fahrer haben sich über den CPA beschwert, wir haben darauf reagiert. Aber es ist schwierig, wenn ein Auto nicht die Anweisungen der Polizei befolgt. Wir haben mit den Sportlichen Leitern und mit den Radsportlern gesprochen und ihnen gesagt, dass wir das Maximum für ihre Sicherheit tun.

Selbst wenn Sie alles dafür tun, am Ende werfen solche Zwischenfälle einen Schatten auf die Tour …

Das ist das große Problem. Dafür müssen wir zusammen mit der Jury, den Sportlern und der Polizei Lösungen finden. Die Fahrer verstehen die Situation.

Befürchten Sie, dass einige Fahrer morgen (heute) nicht an den Start gehen werden?

Das Peloton entscheidet. Wir haben Kontakt zu den Fahrern und haben auch gestern zusammen mit ihnen eine Lösung gefunden. Die Fahrer waren einverstanden, das Rennen zu neutralisieren und dann neu zu starten, um ein schönes Finale zu bieten. Wir sind auch im Kontakt mit der UCI und analysieren die Situation. Wir nutzen den Rest des Tages, um zu schauen, welche Änderungen wir vornehmen. Sicher ist, dass wir morgen (heute) mehr Sicherheits-Motorräder auf der Strecke haben werden. Sie werden verhindern, dass Autos auf die Strecke kommen.

Strecke der 3. Etappe geändert

Am gestrigen Abend teilte die Organisation der Tour de Luxembourg mit, dass sie die Strecke der heutigen 3. Etappe von Rosport nach Schifflingen geändert haben. „Aufgrund von Bauarbeiten wird die Route der 3. Etappe von km 88,8 geändert, um bei km 95,2 wieder die ursprüngliche Route zu erreichen“, schrieben die Organisatoren. Damit fällt die Bergwertung am Kuelebierg aus. 

jeanchen
17. September 2020 - 19.22

Bleiwt all doheem.

MR
17. September 2020 - 10.50

Und was macht ihr dann, wenn eine Rettung oder Feuerwehr einen Notfall hat und durch muss? Sagt ihr dann auch, dass die warten müssen, weil ihr Vorfahrt habt?

de Schéifermisch
17. September 2020 - 9.33

Wenn es nicht möglich ist, die Etappen über autofreie Strecken zu führen, dann soll man sie halt auf einem abgesperrten, sichereren Rundkurs austragen. Kann auch attraktiv und nicht weniger spektakulär sein und mehr Zuschauer anziehen. Oder man sollte ganz auf eine mehrtägige Tour verzichten und sie durch einen Klassiker ersetzen, am besten an einem Sonntag wo eh weniger Betrieb auf unseren Strassen herrscht.