Formel EMitch Evans: Der neue Imperator von Rom

Formel E / Mitch Evans: Der neue Imperator von Rom
Mitch Evans im Jaguar TCS Racing im Straßengeschlängel von Monaco Foto: Fernande Nickels

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Das Formel-E-Team von Jaguar TCS Racing mit seinen erfahrenen Piloten Sam Bird und Mitch Evans ging als einer der Favoriten in die neue Saison. Bei den ersten drei Rennen lief allerdings gar nichts – doch die zweimonatige Pause nach Mexico sollte für Mitch Evans Wunder bewirken.

Beim Doppelevent in Rom Anfang April düpierte der Neuseeländer die gesamte Formel-E-Konkurrenz. Im ersten Rennen fuhr er von Startplatz neun zum Sieg. Im zweiten Lauf gelang ihm ein erneuter Sieg von Startplatz vier aus. Beim nächsten Event in den Straßen von Monaco ging der Höhenflug mit einer beeindruckenden Pole-Position weiter. Im Rennen musste sich Evans lediglich Stoffel Vandoorne geschlagen geben, dessen Team eine etwas glücklichere Hand bei der Rennstrategie hatte. Vor dem Doppelevent an diesem Wochenende auf dem stillgelegten Flugplatz Tempelhof in Berlin ist der Neuseeländer wieder voll im Titelkampf mit dabei und liegt mit nur neun Punkten Rückstand hinter Vandoorne und Jean-Eric Vergne auf Platz drei der Gesamtwertung. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Evans nach den ersten drei Rennen lediglich einen einzigen Zähler auf seinem Konto hatte.

Bei einem Eintagesevent muss die Grundabstimmung des Autos von vornherein stimmen, da man am Renntag eigentlich keine Zeit mehr zwischen den einzelnen, kurzen Fahrzeiten auf der Strecke hat, um große Änderungen am Auto vorzunehmen

Mitch Evans, über die Herausforderungen in der Formel E

Das Tageblatt unterhielt sich kürzlich mit dem derzeitigen Überflieger der Formel E: „Nach unseren diesjährigen Startschwierigkeiten hoffe ich, dass wir unseren Erfolgskurs nun beibehalten können, doch ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass dies nicht unbedingt der Fall sein wird. In den bisherigen Rennen habe ich alle Höhen und Tiefen erfahren. In der Formel-E-Weltmeisterschaft weiß man nie, was einen erwartet. Ich hoffe, dass wir unsere jetzige Form beibehalten können und, dass wir somit weiterhin ganz vorn im Kampf um den Titel bleiben werden.“

Bereits 2021 sah es sehr gut mit den Titelchancen aus. Beim letzten Rennen in Berlin stand Mitch Evans als einziger der Titelfavoriten weit vorne in der Startaufstellung, womit alle Voraussetzungen für den Titelgewinn gegeben waren. Dann aber brachte ein minimaler technischer Defekt mit sich, dass beim Start das Auto nicht von der Stelle kam und von hinten abgeschossen wurde. Damit waren die Titelhoffnungen bereits vor dem Ende der ersten Runde begraben.

„Das war schon sehr hart, denn wir hatten uns im Qualifying in eine ideale Ausgangsposition für den Titel gebracht. Ob ich aber die Weltmeisterschaft in Berlin verloren habe, ist schwer zu sagen. Wir hatten auch schon im Laufe der Saison einzelne Patzer, so z.B. beim Regenrennen in Valencia und bei meinem Mauerkuss in New York, wo ich beide Male aufgeben musste. Alle Piloten erlebten über die ganze Saison 2021 Höhen und Tiefen, doch vor dem letzten Rennen sah es wirklich sehr gut für uns aus. Aber was will man machen, solche Sachen passieren.“

„Loyalität ist ganz wichtig!“

Mitch Evans fährt seit seinem Debüt in der Formel E im Jahr 2016 bei Jaguar Racing. Auf die Frage, wie wichtig Kontinuität für ihn ist, sagt Evans: „Ich wollte bei Jaguar Racing bleiben und Jaguar wollte mich weiterhin haben. Dies ist für einen Fahrer sehr aufbauend. Wenn man eine gute Beziehung über lange Zeit hinweg aufrechterhalten kann, dann ist das eine wundervolle Sache. Man kennt sich über die Jahre immer besser und das Vertrauen wächst somit beständig. Allerdings sind solche ‚langen Beziehungen’ im Motorsport eher selten, nicht nur was die Piloten betrifft, sondern auch das Teampersonal. Oft springt man von einem Team zum anderen oder sogar von einer Serie zur anderen. Wie bereits gesagt, dass ein Fahrer so lange wie ich bei ein und derselben Mannschaft bleibt, ist schon eher selten, aber Loyalität ist etwas ganz Wichtiges für mich. Ich hoffe, diese Loyalität bringt dann auch die gewünschten Erfolge mit sich!“

Rennsimulator immer bedeutender

Mitch Evans beim Interview mit dem Tageblatt
Mitch Evans beim Interview mit dem Tageblatt Foto: Fernande Nickels

Mit Sam Bird, der seit dem ersten Formel-E-Rennen 2014 mit unterschiedlichen Teams immer am Start war, und mit Mitch Evans, der seit dem Jaguar-Einstieg mit dabei ist, verfügt Jaguar TCS Racing über die Piloten mit der meisten Erfahrung in der Elektroserie. 

„Natürlich ist es für eine Mannschaft von Vorteil, wenn ihre zwei Renner mit erfahrenen Piloten besetzt sind. Die meisten Teams haben inzwischen gemerkt, dass es schon etwas riskant isty, einen Rookie einzusetzen. Die Formel-E-Autos sind so speziell und man hat in unserer Serie nur sehr wenig Fahrzeit auf der Piste, da sich bei der Formel E ja alles an einem einzigen Tag abspielt (zweimal eine halbe Stunde freies Training, dann das kurze Qualifying und am Nachmittag das Rennen über 45 Minuten; über die ganze Saison sind auch nur sehr wenige Testtage erlaubt; Anm. d. Red). Auch bei der Feinabstimmung ist es nützlich, wenn man über Erfahrung verfügt“, so Evans: „Die Arbeit im Rennsimulator ist heutzutage immer wichtiger. Bei einem Eintagesevent muss die Grundabstimmung des Autos von vornherein stimmen, da man am Renntag eigentlich keine Zeit mehr zwischen den einzelnen, kurzen Fahrzeiten auf der Strecke hat, um große Änderungen am Auto vorzunehmen. Der Simulator muss uns die nötigen Informationen liefern und uns in die richtige Richtung leiten!“

Volle Konzentration auf die Formel E

Viele Formel-E-Fahrer sind neben dieser Rennserie noch in anderen Kategorien unterwegs, meistens in der World-Endurance-Serie (WEC-Langstrecken-Weltmeisterschaft). Mitch Evans ist einer der wenigen, die sich voll auf die Formel E konzentrieren.

„Ich habe die Entscheidung getroffen, nur in der Formel E anzutreten. Hier verdiene ich mein Geld und deshalb will ich mich auch voll darauf konzentrieren. Jaguar TCS Racing setzt sein volles Vertrauen in mich und somit verspüre ich auch das Bedürfnis, dem Team all meine Zeit und meinen vollen Fokus zu schenken“, sagt er: „Ich verstehe, dass andere Fahrer vielleicht durch mehr verschiedene Einsätze ihre Rennskills verschärfen wollen, doch ich habe momentan kein Bedürfnis, noch bei anderen Rennserien an den Start zu gehen.“

In Monaco hat die Formel E ihren neuen Generation-3-Renner vorgestellt. Dieser sieht komplett anders aus als das jetzige Modell und gleicht eher einem Kampfjet aus „Star Wars“. Wenn die Optik auch sehr gewöhnungsbedürftig ist, so sind die technischen Neuerungen, wie Bremsen, Batterie, Power und ein neuer Reifenhersteller, umso herausfordernder.

„Ich freue mich schon darauf, dieses neue Auto zu fahren, da die neue Technik sehr faszinierend ist. Das Auto ist leichter, kleiner und wird durch die neue Batterie und den zusätzlichen Motor vorne viel schneller sein“, wag Evans einen Blick in die Zukunft: „Es wird eine große Herausforderung für uns Fahrer werden. Ich hoffe, dass es eine gute Erfahrung sein wird. Dies werden wir in den nächsten Monaten beim Testen herausfinden!“

Wie bereits erwähnt kehrt die Formel E mit einem ersten Rennen am Samstag und einem zweiten am Sonntag (live auf Pro7; Anm. d. Red.) nach Berlin-Tempelhof zurück. Dann wird sich herausstellen, ob die Serie guter Resultate von Mitch Evans anhält oder ob das Pech vom letzten Jahr wieder zurückkehrt.

Mitch Evans erreichte zwei Siege, einen zweiten Platz und eine Pole-Position binnen 14 Tagen
Mitch Evans erreichte zwei Siege, einen zweiten Platz und eine Pole-Position binnen 14 Tagen Foto: Fernande Nickels