Gegenpressing, die EM-KolumneZwei-Minuten-Strafe

Gegenpressing, die EM-Kolumne / Zwei-Minuten-Strafe
Artem Dzyuba nach dem Bodycheck: „Schiri, ich hab’ gar nichts gemacht“  Foto: AFP/Kirill Kudrayavtsev

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Ja, selbst als Sportjournalist gibt es die eine oder andere Sportart, die einem eher missfällt. Der Fußball gehört nicht dazu – so viel vorweg. Seit Kindesalter hat es mir der populärste Sport der Welt angetan, weswegen die EM auch zum Pflichtprogramm gehört. Bis jetzt herrschte vor den Spielen eine gewisse Art Vorfreude bei mir, selbst bei der Begegnung Österreich-Nordmazedonien.

Als ich gestern jedoch auf das Programm blickte, überkam mich ein kalter Schauder. Finnland gegen Russland. Was früher mal nach einer territorialen Frage klang, ließ mich gestern irgendwie kalt – vor allem, weil ich nicht sofort an ein Fußballstadion dachte, sondern an eine Eishalle, in der sich zwölf Spieler auf Kufen duellieren. In einer Sportart, bei der ich es nicht mal schaffe, das Spielgerät ständig zu sehen. Zwar sagt mir der Name Alexander Owetschkin was, doch da hört es auch schon auf. Nein, mit Eishockey kann ich nicht viel anfangen. 

Gestern wehte also mehr als nur ein Hauch von Eishockey über dem Krestowski-Stadion in St. Petersburg. Dem fügte sich auch der russische Stürmer Artem Dzyuba in der 85. Minute an. Ein Mann, der rein optisch gerade aus dem letzten Street-Fighter-Videospiel geflohen ist, setzt zum Bodycheck in bester Eishockey-Manier an – am Ende fehlte nur noch die Schlägerei, die von den Schiedsrichtern aus nächster Nähe betrachtet wurde. Schiedsrichter: „So, Jungs, sechs Zähne weniger, Nase krumm, reicht. Artem, zwei Minuten auf die Strafbank, dann kannst du wiederkommen.“ 

Spaß beiseite. Wussten Sie, dass Finnland und Russland 2014 im WM-Finale aufeinandertrafen und Russland dieses 5:2 gewann? – Ich auch nicht. Um aber wieder einen Bogen zum Fußball zu schlagen: Bevor diese beiden Nationen ein Finale in einer Endrunde gegeneinander bestreiten, müssten die großen Nationen sich wohl zurückziehen.

Aber macht das nicht auch irgendwie den Charme einer Endrunde aus? Wenn Länder, deren Nationalsport nicht unbedingt der Fußball ist, ein solches Turnier aufmischen? Auch, wenn sie dann „erst“ im Viertelfinale scheitern. 

Schade, dass die schönste Pointe des ganzen Spiels gestern nicht eingetreten ist. Denn diese wäre zweifellos gewesen, dass Teemu – Pukki – in der letzten Minute den Ausgleich für die Finnen macht.