DeutschlandForschende errechnen Infektionsrisiko in Theatern, Schulen und Co.

Deutschland / Forschende errechnen Infektionsrisiko in Theatern, Schulen und Co.
Masken und weniger Personen in den Klassenräumen helfen, das Risiko einer Infektion zu verkleinern. Forscher der TU Berlin haben versucht zu berechnen, um wie viel. Foto: Editpress/Alain Rischard

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Forschende der TU Berlin haben in einer Studie das Infektionsrisiko in unterschiedlichen Situationen verglichen. Demnach sind Büros und Schulen, in denen keine Masken getragen werden, besonders gefährlich.

Von Anfang an hat die Politik auf die Corona-Pandemie reagiert, indem sie große Bereiche des Lebens eingeschränkt hat. Von Restaurants bis Fitnessstudios – viele Orte waren und sind zum Teil seit Monaten geschlossen. Über das Für und Wider wurde heftig gestritten. Auch in Luxemburg wurde im vergangenen Jahr nahezu durchgehend diskutiert, wie hoch das Ansteckungsrisiko bei unterschiedlichen Aktivitäten ist.

Forschende der TU Berlin haben nun die Ansteckungsgefahr in verschiedenen Situationen untersucht. Dafür haben sie für unterschiedliche Szenarien einen situationsbedingten R-Wert berechnet. Dieser Wert soll aussagen, wie viele andere Personen eine infizierte Person im Schnitt in der jeweiligen Situation mit dem Coronavirus ansteckt.

Besonders schlecht haben – wenig überraschend – Situationen abgeschnitten, in denen sich viele Leute über einen langen Zeitraum hinweg in einem Raum aufhalten und in denen keine Masken getragen werden. Für Oberschulen mit voller Belegung ohne Maske berechneten die Forschenden einen situativen Wert von 11,5. Für Büros bei 50% Belegung ohne Masken beträgt der errechnete Wert 8,0.

Ansteckungsrisiko reduziert

In ihrem Artikel schreiben die Forschenden: „Eine Person im Supermarkt mit Maske hat ein Risiko mit dem Wert kleiner oder gleich 1. Das bedeutet, dass sich in dieser Situation maximal eine weitere Person anstecken wird. Im Vergleich dazu hat das Mehrpersonenbüro mit einer 50% reduzierten Belegung, aber ohne das Tragen einer Maske am Arbeitsplatz, einen Wert von 8. Das bedeutet, dass das Risiko in dieser Situation 8-mal höher ist als im Supermarkt.“

Mit Masken und reduzierter Belegung reduzierte sich der situative R-Wert deutlich. Für Oberschulen mit 50% Belegung und mit Masken beträgt der errechnete Wert 2,9. Für Büros mit 20% Belegung und mit Masken beträgt er 1,6. Schwimmbäder, Fitnessstudios und Kinos folgen der gleichen Logik. Wenn Masken getragen werden und die Anzahl der Besucher reduziert werden, kann der situative R-Wert in den Modellrechnungen stark reduziert werden.

Niedriger R-Wert wichtig

Allerdings fanden die Forschenden keine Situation, in der keine Übertragungen stattfinden, und nur wenige, in denen der errechnete situative R-Wert unter der magischen Grenze von 1 liegt. Diese Grenze wurde zu Beginn der Pandemie als wichtig erachtet. Eine Daumenregel besagt, dass unter diesem Wert Infektionsketten nachverfolgt werden können und so weitere Ansteckungen unterbunden werden können. Mit steigenden Infektionszahlen wurde jedoch immer weniger über diese besondere Marke gesprochen.

Das niedrigste situative R (unter den betrachteten Situationen) haben den Modellberechnungen der TU Berlin zufolge Besuche im Theater, in der Oper und im Museum mit einer auf 30% reduzierten Belegung und Masken (0,5). Auch ein Besuch beim Damenfriseur hat den Forschenden zufolge ein niedriges R. Vorausgesetzt, die Anzahl der Kundinnen wird auf 20% begrenzt und alle Anwesenden tragen Masken. Einen relativ niedrigen R-Wert (in Relation zu anderen untersuchten Situationen) haben der Studie zufolge auch der öffentliche Personennahverkehr, wenn die Fahrgäste und das Personal Masken tragen (0,8). Für Fernfahrten über drei Stunden mit 50% Belegung stieg dieser Wert auf 1,5. Für zur Hälfte belegte Restaurants errechneten die Forschenden einen situativen R-Wert von 2,3.

Masken tragen hilft

Die Arbeit der Forschenden Martin Kriegel und Anne Hartmann wurde als Preprint auf der Internetseite der Universität publiziert. Das bedeutet, dass sie noch nicht von anderen Forschenden validiert und in einem Fachblatt veröffentlicht worden ist. Zudem handelt es sich um ein Rechenmodell, dem eine ganze Reihe von Annahmen zugrunde liegt. Unter anderem gehen sie bei ihren Berechnungen davon aus, dass die in Deutschland als AHA+L bezeichneten Verhaltensregeln eingehalten werden, falls nicht anders angegeben. Das bedeutet, dass die Menschen Abstand halten, Hygiene betreiben, Alltagsmasken tragen und die Räume gelüftet werden. Auch wurde angenommen, dass Masken das Ansteckungsrisiko senken.

Es besteht mittlerweile ein wissenschaftlicher Konsens, dass Masken das Risiko einer Übertragung reduzieren können. Eine anderslautende Studie wurde inzwischen aufgrund fachlicher Mängel zurückgezogen. Empfehlungen wie die der amerikanischen Behörde für Infektionsschutz CDC und der Weltgesundheitsorganisation WHO, nur Menschen mit Symptomen sollten Masken tragen, werden in der Zwischenzeit nicht mehr hochgehalten. In Luxemburg ist das Tragen von Masken heute an vielen Orten sogar vorgeschrieben. Zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Geschäften. Trotzdem werden in den sogenannten sozialen Medien immer noch Inhalte geteilt, in denen behauptet wird, das Tragen von Masken sei gesundheitsschädlich.