CoronavirusNur noch eine Frage der Zeit? Luxemburg erfüllt die Risikogebiets-Definition seit Tagen wieder deutlich

Coronavirus / Nur noch eine Frage der Zeit? Luxemburg erfüllt die Risikogebiets-Definition seit Tagen wieder deutlich
Im Moment hat Luxemburg zu kämpfen: Bald droht wieder die Abschottung vom Nachbarn Grafik: Frank Goebel

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In Luxemburg war der Frust darüber groß, sechs Wochen lang „Risikogebiet“ für die deutschen Nachbarn zu sein – und die verbreitete Sorge, dass das bald wieder der Fall ist, ist nur allzu berechtigt: Denn Luxemburg kratzt nicht mehr nur an der entsprechenden Schwelle herum, sondern überschreitet sie seit vielen Tagen kräftig. Und es ist jetzt schon klar, dass das noch Tage so weitergehen wird.

Die zuerst eingetretene echte Grenzschließung auf deutscher Seite und die später folgende quasi-faktische durch die Einstufung als Risikogebiet durch die Nachbarn hat nicht nur das Nervenkostüm des luxemburgischen Außenministers belastet – sondern ganz allgemein das nachbarschaftliche Verhältnis. Die Aufhebung des entsprechenden Status am 20. August ist darum auch mit weit verbreiteter Erleichterung aufgenommen worden. 

Allerdings muss derzeit damit gerechnet werden, dass Luxemburg sich den Status ein weiteres Mal zuzieht – denn die Fallzahlen blieben erst wochenlang knapp unterhalb der Definitionsgrenze – und haben sie inzwischen wieder überschritten.

Dabei war das Gesundheitsministerium zwischenzeitlich sogar dazu übergegangen, die Zahl positiv getesteter Nicht-Einwohner nicht mehr zu nennen – mit der Begründung, das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) habe diese Zahl eigenmächtig zu der der getesteten Einwohner addiert und damit sogar noch höhere Zahlen an das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) weitergegeben – diese Zählweise sucht in Europa ihresgleichen. Später hat das Tageblatt aufgedeckt, dass infizierte Nicht-Luxemburger zeitweilig doppelt gezählt wurden – nämlich sowohl im Großherzogtum als auch in ihren Herkunftsorten.

Aber auch für die Fallzahlen, die von den Nicht-Einwohnern bereinigt sind, gilt, dass sie seit mehr als einer Woche weit über der Schwelle der Risikogebiets-Definition liegen: Die entsprechende „Inzidenz“ ist erreicht, sobald täglich mehr als 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner über eine Woche festgestellt werden.

In Luxemburg (wo mit 626.000 Einwohnern zu rechnen ist) beträgt der kritische Wert 313 Neuinfektionen in sieben Tagen. Im Durchschnitt (der für die Einstufung aber unerheblich ist) könnte sich Luxemburg rund 45 Fälle pro Tag „erlauben“. 

Alleine in den vergangenen sieben Tagen lagen die vom ECDC registrierten Fallzahlen aber viermal deutlich über 100. Die 7-Tages-Reihe lautet 40, 110, 147, 177, 0 [Sonntag], 86 und 112.

 Grafik: Senzig/Goebel

Schon am 11. September lag die 7-Tages-Inzidenz bei 54 (siehe Grafiken oben und links), dann bewegte sie sich einige Tage knapp unter der 50er-Marke. Seit dem 17. September liegt sie deutlich darüber – und steht vor Redaktionsschluss bei 107, also sogar doppelt über der Marke. Wie es jetzt weitergeht, ist unklar: Eine Anfrage an die deutsche Bundesregierung und an das deutsche Gesundheitsministerium zum genauen Procedere blieb am Dienstag unbeantwortet. Im Juli hatte Deutschland Luxemburg allerdings am Tag fünf nach Überschreitung der 50er-Marke zum Risikogebiet erklärt.

Dieser fünfte Tag war in der aktuellen Welle bereits am Montag (21.9.) erreicht – aber das letzte Update der Liste der Risikogebiete auf der Website des RKI stammt vom 16. September.

Auch der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn erklärt auf Anfrage des Tageblatt, dass er nichts Konkretes wisse. Vor wenigen Tagen hatte er allerdings davor gewarnt, dass eine erneute Einstufung zum Risikogebiet noch unangenehmere Folgen haben werde als beim ersten Mal: Da ließ sich die Pflicht zur Quarantäne über einen aktuellen Negativbefund abwehren – das gilt diesmal nicht: In Deutschland haben sich Bund und Länder auf eine grundsätzliche, fünftägige Quarantäne für Einreisende aus Risikogebieten verständigt. Erst danach kann durch einen negativen Corona-Test die weitere Quarantäne beendet werden. Fazit für Asselborn: Würde das Großherzogtum zum Risikogebiet erklärt, käme das faktisch einer erneuten Grenzschließung gleich.

Dass Deutschland eine Ausnahme für Luxemburg macht, darf auch bezweifelt werden, da das Land selbst gerade zwar deutlich niedrigere, aber doch auch steigende Fallzahlen feststellt. Über manche Aktivitäten der Bürger und der Gesellschaft zeigt sich die Politik auch sehr irritiert – so etwa über die UEFA-Pläne, in Budapest den „Supercup“ auszutragen. Innenminister Horst Seehofer will die Quarantäne-Verordnung darum sogar noch verschärfen: Rückkehrer aus Risikogebieten sollen auch dann in Quarantäne, wenn sie kürzer als 48 Stunden vor Ort waren.

Eine Hoffnung für Luxemburg wären wohl nur noch rasch fallende Infektionszahlen. Laut früheren Erklärungen der deutschen Bundesregierung wird die Risikogebiets-Liste alle zwei Wochen aktualisiert, das nächste Mal wäre dann am 30. September. Die Chancen stehen aber knapp, bis dahin unter die kritische Marke zu kommen: Denn in den kommenden vier Tagen wird Luxemburg weiter darüber liegen – selbst, wenn ab jetzt keine einzige Infektion mehr festgestellt würde.

dranghi
24. September 2020 - 16.35

@Jean-Marie Grober "...herablassende, grosskotzige Vorgehensweise der deutschen Entscheidungsträger (nicht der Mehrzahl der Deutschen!) verursacht wieder mal Angstgefühle, Ein Déjà-Vu?" Godwin's Gesetz schon so früh? Respekt! Sie sind fast immer der Erste.

Hans Peter
24. September 2020 - 8.29

@ Grober seit heute ist es nicht der deutsche sondern der belgische Schäferhund der die luxemburgische Lämmer vor sich her treibt. Aber wer hat schon Angst vor einem alten zahnlosen Hund;)

Jos.Reinard
24. September 2020 - 8.25

Wirklich, graphisch schön präsentiert, und auch wie die 7 Tage Inzidenz ausgerechnet wird habe ich nun verstanden. Was mir aber nicht so klar erscheint ist die Anzahl der Test. Wer bestimmt diese Anzahl. Merken kann man besonders wenn übers Wochenende weniger getestet wird, auch weniger Infizierte auftauchen. Also weniger Testen, weniger Infizierte, oder übersehe ich das was. War nie stark im Rechnen, freundlichst

Jean-Marie Grober
23. September 2020 - 18.21

Und wieder lassen wir uns von einem Spezialisten der Veterinärmedizin, der auch noch Direktor des Robert-Koch-Institutes ist, und seinen anonymen Experten treiben wie die Lämmer vom Deutschen Schäferhund! Wie lange sollen wir diesen selbstgefälligen, arrogantenHumbug noch hinnehmen? Willkür und Freiheit sind gegensätzlich, und die Verbotskultur und herablassende, grosskotzige Vorgehensweise der deutschen Entscheidungsträger (nicht der Mehrzahl der Deutschen!) verursacht wieder mal Angstgefühle, Ein Déjà-Vu?

Schmeler Michel
23. September 2020 - 11.58

D'Fallzuelen vun den Depressiouenen a.s.w. (an ev. Selbstmorder), durch de Virus, wärten gestiege sinn. Dat misste eis iwwerlaschten Phsyen wessen.

SciHub
23. September 2020 - 11.02

Danke an das Team für diese Recherchen. *Endlich* jemand der selbst nachrechnet und das ganze dann auch noch graphisch schön aufbereitet. Genau solchen Journalismus braucht es um den vielen Gerüchten, Lügen und Manipulationen entgegenzutreten und den Menschen zu erlauben sich selbst eine fundierte Meinung zu bilden.

HTK
23. September 2020 - 8.39

Wie wird eigentlich ein Infizierter der aus der Quarantäne kommt und wieder " betriebsfähig" ist eingestuft? Als geheilt? Als tickende Zeitbombe? Sind wir nun immun nach einer Infektion(mit ohne ohne Symptome)? In diesem Fall sollten wir unsere Grenzen schliessen und uns alle infizieren lassen.Dann hat der Spuk ein Ende!? Aber Spaß(falls er überhaupt an dieser Stelle noch erlaubt ist) beiseite: Die Ferien sind vorbei und die Schulen sind wieder in Betrieb.Hat denn jemand etwas anderes erwartet als dass die Zahlen wieder steigen? Es sind "nur" Infektionen und ein geringer %-Satz zeigt überhaupt Symptome.Also,wogegen wehren wir uns?Mit der aktuellen Bevölkerungsdichte im Ländchen(Tendenz steigend) ist es nur normal,dass die Infektionen steigen.50% der "Tracingopfer" gehen dem System durch die Lappen.(Lehnert) Also,was soll das? Bald werden wir uns nicht testen,sondern impfen lassen.Nur Mut.