WachstumLuxemburg deutlich weniger schlimm getroffen als ursprünglich befürchtet

Wachstum / Luxemburg deutlich weniger schlimm getroffen als ursprünglich befürchtet
Der wirtschaftliche Rückgang wird hierzulande weniger heftig ausfallen als ursprünglich befürchtet – und auch weniger heftig als nach der großen Finanzkrise. Damals, im Jahr 2009, war die Wirtschaftsleistung des Großherzogtums um 4,4 Prozent eingebrochen.  Foto: Editpress/Alain Rischard

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Die Corona-Krise hat die Wachstumsrate der Luxemburger Wirtschaft deutlich weniger stark einbrechen lassen als ursprünglich befürchtet. Das geht aus neuen Statec-Prognosen hervor. Mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosenquote wird trotzdem gerechnet.

Im April letzten Jahres wurde das Schlimmste befürchtet: Im besten Falle würde die Wirtschaft im Jahresverlauf um 6 Prozent einbrechen, glaubte das statistische Institut Statec damals. Ein historischer Wirtschaftseinbruch von bis zu 12,4 Prozent wurde laut einem pessimistischen Szenario ebenfalls als realistische Möglichkeit eingestuft. Welches Zukunftsmodell Statec selbst als realistischer erachtet, gab das Amt damals nicht an. Nur, dass man mit dem damaligen Kenntnisstand weder das eine noch das andere Szenario als wahrscheinlicher einstufen könne. 

Im Laufe des Jahres besserten sich die Erwartungen dann nach und nach. Ab Juni setzte Statec offiziell auf das optimistische Szenario. Doch selbst dieses war immer noch zu pessimistisch. Anfang Dezember 2020 schätzte Statec, dass die Wirtschaft im Jahr 2020 hierzulande um zwischen 3,5 und 4,5 Prozent eingebrochen wäre. 

Am Montag hat das statistische Institut nun seine Projektionen aktualisiert. Erneut wurden sie nach oben geschraubt. So rechnet Statec nun nur noch mit einem Rückgang der nationalen Wirtschaftsleistung um 1,3 Prozent im Jahr 2020. Das wäre deutlich besser als der Durchschnitt in der Eurozone: Laut einer ersten Schätzung von Eurostat ist die Wirtschaftsleistung in dem Währungsraum im Jahr 2020 um deutlich höhere 6,8 Prozent eingebrochen. In Belgien wird im Gesamtjahr 2020, neuen Zahlen zufolge, mit einem Rückgang von 5,1 Prozent gerechnet.

Für das laufende Jahr 2021 und das kommende Jahr 2022 erwartet Statec einen Wiederanstieg des Wachstums auf 4 Prozent. Der Finanzsektor könnte kurzfristig von der wieder anziehenden Konjunktur und der relativen Dynamik der Märkte profitieren, während die anderen Marktbereiche nach und nach übernehmen könnten, schreibt Statec. In den beiden Jahren danach soll sich die Entwicklung dann jedoch wieder leicht abschwächen: Für 2023 und 2024 rechnet das Institut nur noch mit einer Zunahme der Wirtschaftsleistung um 2,7 Prozent.

Arbeitslosigkeit legt weiter zu – trotz Wachstum 

Insgesamt zählten die Auswirkungen der Pandemie auf die luxemburgische Wirtschaft zu den mildesten in Europa, schrieb bereits die Ratingagentur Moody’s in ihrem Januar-Bericht. Die Struktur der Wirtschaft habe Luxemburg geholfen, den Schock besser zu überstehen als andere europäische Länder. Dank einer guten Entwicklung der Aktienmärkte und der Möglichkeit des Home-Office habe sich der große luxemburgische Finanzsektor relativ gut halten können, so die Ratingagentur. Der Finanzsektor steht hierzulande für ein Viertel der Wirtschaftsleistung und 11 Prozent der Beschäftigung. Auch geholfen haben staatliche Unterstützungsmaßnahmen (wie Kurzarbeit) und die großen Vermögenspuffer der luxemburgischen Haushalte, die den Konsum ankurbeln, so Moody’s weiter.

Weiterhin nicht optimistisch bleibt Statec, was die Entwicklung am Arbeitsmarkt anbelangt. So würde dieser im Jahr 2021 weiter unter den Nachwirkungen der Krise leiden, schätzt das Institut. Die Schaffung von Arbeitsplätzen werde demnach erst im Jahr 2022 wieder deutlich zunehmen. Doch auch wenn jedes Jahr neue Arbeitsplätze entstehen, so rechnet Statec für 2021 mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 6,8 Prozent. Im darauffolgenden Jahr soll sich die Lage dann leicht bessern (Rückgang der Arbeitslosenquote auf 6,4 Prozent), aber nur um am Ende des untersuchten Zeitraumes bei einem neuen historischen Höchststand von 7,1 Prozent anzukommen. So hoch war die Arbeitslosenquote hierzulande zuletzt im Jahr 2014, nach der Finanz- und der Schuldenkrise. Aktuell liegt die saisonbereinigte Arbeitslosenquote (Januar 2021) bei 6,4 Prozent. Vor einem Jahr, Ende Januar 2020, lag sie jedoch bei 5,4 Prozent.

Aufgrund der großen Unsicherheiten, was die Entwicklung der Pandemie angeht, hat Statec am Montag, neben dem in diesem Artikel vorgestellten „zentralen Szenario“, das am wahrscheinlichsten gilt, auch wieder ein optimistisches und ein pessimistisches Szenario erstellt. Im optimistischen Szenario werden die Einschränkungen bereits im zweiten Quartal 2021 aufgehoben – in diesem Fall könnte das BIP in Luxemburg 2021 um bis zu 7,1 Prozent in die Höhe springen. Das andere Extrem wäre, wenn die Pandemie anhält und  neue, gefährlichere Mutationen des Virus auftauchen. In diesem Fall rechnen die Statistiker mit einem weiteren leichten Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität im Großherzogtum (minus 0,5 Prozent) und mit  einem noch stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Die Erwartungen für die kommenden Jahre – laut dem „zentralen Szenario“ von Statec
Die Erwartungen für die kommenden Jahre – laut dem „zentralen Szenario“ von Statec Screenshot: Statec
arthur feyder
2. März 2021 - 7.23

The only function of economic forecasting is to make astrology respectable ( John Kenneth Galbraith).