Möglicher BetrugsfallDruck auf Frontex-Chef Leggeri wächst durch neue Vorwürfe

Möglicher Betrugsfall / Druck auf Frontex-Chef Leggeri wächst durch neue Vorwürfe
Frontex-Chef Fabrice Leggeri steht seit einiger Zeit bereits in der Kritik Foto: AFP/Janek Skarzynski

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Bei den Ermittlungen gegen die EU-Grenzschutzbehörde Frontex wegen der angeblichen illegalen Zurückweisung von Flüchtlingen wächst der Druck auf Behördenchef Fabrice Leggeri.

Wie das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel am Freitag berichtete, ermittelt die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf auch zu einem möglichen Betrugsfall im Zusammenhang mit einem polnischen IT-Unternehmen, der nicht umgehend gemeldet worden sein soll. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson nannte die jüngsten Medienberichte „sehr besorgniserregend“.

Olaf hatte Mitte Januar bestätigt, Ermittlungen gegen Frontex eingeleitet zu haben. Hintergrund waren Medienberichte vom Oktober über die angebliche Verwicklung in illegale Zurückweisungen von Migranten durch die griechische Küstenwache. Frontex-Beamte waren demnach seit April nachweislich bei mindestens sechs sogenannten Pushbacks in der Ägäis in der Nähe gewesen. Teils gibt es zu den Vorfällen Videos.

Schon im Januar hatte es aus EU-Kreisen geheißen, die Olaf-Ermittlungen erstreckten sich auch auf weitere mögliche Fälle von Fehlverhalten und auf Berichte über Schikanen innerhalb der Behörde. Nach dem Spiegel-Bericht prüft Olaf, ob Frontex-Chef Leggeri oder sein Kabinettschef Mitarbeiter angeschrien oder schikaniert haben.

Bei dem möglichen Betrugsfall habe die polnische IT-Firma Frontex Software verkauft, berichtete das Magazin weiter. Frontex-Mitarbeiter bemängelten demnach bei ihren Vorgesetzten, dass diese unzureichend funktioniere. Die Behörde habe trotzdem einen großen Teil der vereinbarten Summe gezahlt. Mitarbeiter hätten nach internen Dokumenten darauf hingewiesen, dass die Unregelmäßigkeiten einen Betrugsfall darstellen könnten. Den Angaben zufolge erfuhr auch Frontex-Chef Leggeri von dem Fall, der aber nicht umgehend Olaf gemeldet worden sein soll.

Rücktrittsforderung zurückgewiesen

EU-Innenkommissarin Johansson sagte der Nachrichtenagentur AFP, es liege „eine große Verantwortung“ auf Leggeri und dem Management zu entscheiden, „wie diese Situation am besten verbessert werden kann“. Die Erwartungen seien „hoch“, denn die EU brauche eine gut funktionierende Grenzbehörde. Der Franzose Leggeri steht seit Wochen wegen der Pushback-Vorwürfe massiv unter Druck. Im französischen Radiosender Europe 1 wies er am Freitagmorgen erneut Forderungen nach seinem Rücktritt zurück.

Nach dem Spiegel-Bericht, der sich auf gemeinsame Recherchen mit der Medienorganisation Lighthouse Reports und der französischen Zeitung Libération stützt, untersuchen die Olaf-Ermittler auch, ob Offizielle angewiesen wurden, der Grundrechtsbeauftragten der Agentur Informationen vorzuenthalten.

Frontex erklärte auf AFP-Anfrage zu dem Spiegel-Bericht, Olaf habe die Behörde gebeten, keine Details der Ermittlungen zu veröffentlichen. Zu den Vorwürfen zur Grundrechtsbeauftragten Inmaculada Arnaez Fernandez erklärte ein Sprecher, Leggeri habe die Zusammenarbeit mit ihr „immer geschätzt“. Der Frontex-Chef habe „sich oft an ihr Büro gewandt, um sich zu Fragen im Zusammenhang mit den Grundrechten beraten zu lassen“. (AFP)