Illegales Datencenter„Cyberbunker“-Prozess in Trier: Datenfund in Schengener Büro

Illegales Datencenter / „Cyberbunker“-Prozess in Trier: Datenfund in Schengener Büro
Polizisten sichern das Gelände des ehemaligen Bundeswehr-Bunkers in Traben-Trarbach. Dort wurde ein Rechenzentrum für illegale Geschäfte im Darknet ausgehoben. Foto: dpa/Thomas Frey

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Aus einem Bunker im Moselstädtchen Traben-Trarbach haben Cyberkriminelle ein riesiges illegales Datencenter betrieben. Ende September wurden die Verantwortlichen festgenommen. Im Zuge der Ermittlungen wurden auch Daten in Luxemburg sichergestellt. Der Richter fordert Informationen über das, was im Großherzogtum entdeckt wurde.

Es handelt sich um einen der bundesweit größten Prozesse gegen Cybercrime. Acht Tatverdächtige sollen über Jahre in einem alten Bunker in Traben-Trarbach ein illegales Rechenzentrum für kriminelle Geschäfte im Darknet betrieben haben. Die Anklage wirft der mutmaßlichen Bande Beihilfe zu mehr als 249.000 Straftaten vor: Vor allem millionenschwere Drogendeals, aber auch Cyberangriffe und Falschgeldgeschäfte sollen über Server im Cyberbunker gelaufen sein.

Die unterirdische Anlage war Ende September 2019 in einer großen Aktion mit Hunderten Polizisten nach fünfjährigen Ermittlungen ausgehoben worden. In dem Prozess, der bis Ende 2021 terminiert ist, müssen sich vier Niederländer, drei Deutsche und ein Bulgare verantworten. Erstmals in Deutschland stehen mutmaßliche Betreiber krimineller Plattformen im Darknet vor Gericht.

Im Zuge der Ermittlungen wurden auch Daten in Luxemburg sichergestellt. Die Verhandlung am Donnerstag in Trier offenbart, dass das Verfahren die Ermittler an den Rand ihrer Kapazitäten bringt. Der Vorsitzende Richter Günther Köhler zeigt wenig Verständnis dafür, dass die Anklage dem Gericht diverse Infos bisher nicht vorgelegt hat – und er entlässt den Leiter der Sonderkommission mit einem umfangreichen Ermittlungsauftrag. So will Köhler wissen, welche Daten sich auf Laptops und Discs befinden, die in Luxemburg sichergestellt wurden.

Büro in Schengen

Die Aussage des Bunker-Managers Michiel R. hatte gezeigt, dass das Webhosting im Schutzbau nur ein Geschäftszweig war, dem der Hauptangeklagte Herman Johan X. nachging. So entwickelte X. zudem eine Verschlüsselungssoftware für Chat-Apps und witterte dort das große Geld. Um die App zu vermarkten, kauften Michiel R. und Herman Johan X. ein Geflecht aus Firmen und Stiftungen und öffneten ein Büro in Schengen.

Die Daten, die in Schengen sichergestellt wurden, könnten Auskunft über die App-Kunden geben. Kunden, die laut Michiel R. von einem „gewissen Kaliber“ waren. Ein Ausdruck, den er auch nutzte, um über „Mr. Green“ zu sprechen – einen mutmaßlichen irischen Drogenboss, der mit X. Geschäfte machte.

„Die Daten aus Luxemburg haben wir noch keine drei Wochen! Wir haben ein komplettes Rechenzentrum sichergestellt“, sagt der Polizist, um Köhler zu erklären, warum es noch keine Erkenntnisse gibt. Oberstaatsanwalt Jörg Angerer springt ihm zur Seite. Er habe entschieden, dass die Daten aus dem Bunker, bei denen es auch um Mordaufträge und Kinderpornografie ging, Vorrang haben. „Es ist nicht möglich, alles, was wir sicherstellen, unverzüglich zu überprüfen. Das ist eine Frage der Masse“, sagt Angerer, dessen Behörde inzwischen mit den Erkenntnissen aus dem Cyberbunker weitere Strafverfahren eingeleitet hat.

„Das nehme ich zur Kenntnis“, entgegnet Köhler und fordert dennoch, dass ihm Dokumente künftig ins Deutsche übersetzt vorgelegt werden. Einer der zahlreichen Anwälte betont, dass die sich hinziehenden Ermittlungen nicht zulasten der Angeklagten gehen dürften. Schon seit mehr als einem Jahr sitzen diese in Untersuchungshaft.