Zu lange Fristen und andere Erklärungsversuche

Zu lange Fristen und andere Erklärungsversuche

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

LUXEMBURG – Die Verteidiger der sieben Angeklagten versuchten mit allen Mitteln, die Jury von der Unschuld ihrer Mandanten zu überzeugen. Ein Rückblick.

Allen voran der Anwalt des Piloten der Unglücksmaschine, Claude Poeckes, der versuchte die Schuld auf den Tower, die technischen Verantwortlichen der Luxair, den Flugzeugbauer Fokker und den beim Crash getöteten Co-Piloten, John Arend zu schieben. Me Pierret ließ es sich auch nicht nehmen, ausgiebig aus dem „Gutachten“ seines Zeugen, Philippe Guibert zu zitieren.
Der Aeronautik-Experte war in der ersten Prozess-Woche als Zeuge angehört worden und vom Vorsitzenden der Strafkammer, Prosper Klein, regelrecht demontiert worden. Der Zeuge hatte versucht, einen technischen Defekt als einzige Ursache für den Fokkerunfall vom 6. November 2002 verantwortlich zu machen. Seine Theorie stützte sich aber nur auf Hypothesen und widersprach in jeglicher Hinsicht den Schlussfolgerungen der beiden offiziellen Gutachter. Das Plädoyer der Anwälte stieß jedoch auf nur wenig Verständnis bei Richter Klein, der es sich nicht nehmen ließ, die Verteidiger regelmäßig zu unterbrechen und zu verbessern.

Die Verteidiger der beiden Techniker der Luxair, Leon Moes und Guy Arend, versuchten indes, die Schuld auf den Fokker-Experten der Fluggesellschaft zu schieben. Sie kritisierten auch ausgiebig den Flugzeughersteller. Er hätte klarere Anweisungen geben müssen. Man hätte die Modifizierung nicht vorgenommen, weil sie lediglich optionalen Charakter hatte. Es wäre des Weiteren unmöglich gewesen, eine Verbindung herzustellen zwischen den Vorschlägen, die Fokker 1992, 1994 und 1998 der Luxair zukommen ließ. Sie betrafen alle den Schubhebel der Fokker 50, wurden aber an verschiedene Abteilungen weitergeleitet. Dasselbe Argument schickte der Anwalt des angeklagten technischen Direktors, Marc Gallowitch ins Feld. Er sei nicht für die Analyse der „Service-bulletins“ und „Service-letters verantwortlich gewesen. Die Frage wie letztendlich die sogenannte Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung innerhalb der Fluggesellschaft war, blieb jedoch zum Teil ungeklärt.

Technisch zu wenig Kenntnisse

Die Rechtsbeistände der Ex-Generaldirektoren der Luxair (Jean-Donat Calmes, Roger Siezen und Christian Heinzmann) argumentierten ihrerseits, ihre Klienten hätten nicht über das notwendige „know-how“ verfügt, um die Verbesserung des Sicherheitssystems des Schubhebels anzuordnen. Durch die Auggabenaufteilung innerhalb der Firma seien sie auch nicht mit dem Problem befasst worden.

Für einige Diskussionen sorgte der Antrag von fünf Angeklagten, die Anklage wegen Überschreitung der sogenannten vernünftigen Frist fallen zu lassen. Die Untersuchung des Fokker-Crashs, der 20 Menschenleben forderte, dauerte neun Jahre. Es vergingen Jahre, ehe verschiedene Luxair-Mitarbeiter angeklagt wurden. Die ersten Anklagen (Claude Poeckes und Christian Heinzmann) erfolgten 2003, die anderen jedoch erst zwischen 2006 und 2008.

Schließlich kam Me Loesch zu Wort. Er vertrat alle Luxair-Angeklagten, mit Ausnahme des Piloten, was die Zivilklagen betrifft. Einige Tage vor seinem Plädoyer hatte er durchblicken lassen, einen Antrag zu stellen, der das Gericht auffordert, sich nicht kompetent für die Schadensersatzklagen zu erklären. Er berief sich auf die Warschauer Konvention von 1929, die besagt, dass ein Strafgericht bei Flugzeugunfällen keine Entscheidung über Entschädigungen fällen dürfe und diese Anträge an das Zivilgericht weiter reichen müsse. Man hätte des Weiteren den meisten Familien der Opfer schon Geld ausgezahlt, betonte der Anwalt. Die Anwälte der Nebenkläger wehrten sich auf das Heftigste gegen diese Argumentation. Sie sei falsch. Man versuche lediglich den Angehörigen der Opfer ihre Rechte vorzuenthalten, so ihre empörte Reaktion.