Russland stellte seine Luftangriffe ein, nachdem seine Kampfjets am Freitag noch einmal verstärkt Rebellen angegriffen hatten. Aktivisten zufolge war es in vielen Landesteilen ruhig. Es wurden nur einzelne Granatenangriffe und Kämpfe gemeldet. „Ich glaube, es ist das erste Mal, dass wir ohne das Geräusch von Granaten aufgewacht sind“, sagte der 22-jährige Medizinstudent Ammar al-Rai in der Hauptstadt Damaskus mit Blick auf den seit fünf Jahren andauernden Bürgerkrieg in seinem Land. Auch in Aleppo im Norden herrschte weitgehend Ruhe, wie AFP-Korrespondenten berichteten. Sollte die Feuerpause halten, wollten Bewohner der seit 2012 umkämpften ehemaligen Wirtschaftsmetropole erstmals seit langem mit ihren Kindern in Parks gehen.
Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, außer in Damaskus und Aleppo sei es auch in den zentral gelegenen Provinzen Homs und Hama ruhig geblieben. Es habe keine Luftangriffe gegeben. Am Nachmittag meldete die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana, in Damaskus seien Granaten eingeschlagen. „Eine kleine Zahl von Terroristen in Duma und Dschobar“ habe „mehrere Granaten auf Wohnviertel in Damaskus“ gefeuert, zitierte Sana aus Militärkreisen. Die Stadtviertel sind immer wieder Schauplatz von Kämpfen zwischen Soldaten und Aufständischen sowie Ziel von Luftangriffen. Aus Sicherheitskreisen verlautete, rund ein Dutzend Granaten seien im Stadtteil Abbassides eingeschlagen. Ein Bewohner des Viertels sprach von einer Granate.
Dschihadistengruppen ausgenommen
Dschihadistengruppen wie der Islamische Staat (IS), die Al-Kaida-nahe Al-Nusra-Front und mit ihr verbündete islamistische Milizen sind von der Waffenruhe ausgenommen. In Gebieten, in denen Dschihadisten präsent sind, gingen die Kämpfe daher weiter. Noch am Freitag hatte die syrische Armee das Rebellenviertel Duma heftig unter Beschuss genommen, wie die Beobachtungsstelle mitteilte. Russland flog demnach kurz vor dem Inkrafttreten der Waffenruhe noch einmal verstärkt Luftanngriffe auf Gegner von Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Die russische Luftwaffe habe von Rebellen kontrollierte Gebiete in Ost-Ghuta östlich von Damaskus angegriffen sowie in der Provinz Homs und in der Provinz Aleppo.
An diesem Samstag würden keine Luftangriffe geflogen, sagte Sergej Rudskoj, ein ranghoher Vertreter des russischen Generalstabs, in Moskau. Moskau wolle auf diese Weise die Waffenruhe unterstützen und „irrtümliche Angriffe“ vermeiden, sagte Rudskoj weiter. Die Anordnung gilt demnach zunächst nur für einen Tag. Laut Sana wurden bei einem Autobombenanschlag in der Stadt Salamijeh in Hama zwei Menschen getötet. Laut der Beobachtungsstelle handelte es sich um einen Angriff von IS-Dschihadisten auf einen Kontrollposten der Regierungssoldaten.
Vereinzelte Kämpfe
Aus der Küstenprovinz Latakia meldete die Beobachtungsstelle, die sich auf ein Netz von Informanten stützt und deren Angaben nicht unabhängig überprüft werden können, vereinzelt Kämpfe zwischen Regierungskräften und Dschihadisten. Die syrische Führung kündigte darüber hinaus weitere Angriffe auf die Rebellenhochburg Daraja westlich von Damaskus an. Sie argumentierte, in dem Ort hielten sich auch Dschihadisten auf. Dies stieß auf scharfe Kritik von Rebellen und Aktivisten.
Kurz vor dem offiziellen Inkrafttreten der Waffenruhe am Freitag um 23.00 Uhr (MEZ) hatten die Vereinten Nationen unter Bedingungen eine Fortsetzung der Friedensverhandlungen für das Bürgerkriegsland am 7. März angekündigt. Als Voraussetzungen nannte der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura, dass die unter UN-Vermittlung vereinbarte Feuerpause eingehalten werde und dass weitere Hilfslieferungen ermöglicht würden. Die jüngsten Gespräche in Genf waren Anfang Februar ausgesetzt worden.
Lawrow und Kerry erfreut
Die Außenminister Russlands und der USA, Sergej Lawrow und John Kerry, haben sich in einem Telefonat erfreut über das Inkrafttreten einer Waffenruhe im Bürgerkriegsland Syrien geäußert. „Die Chefdiplomaten haben das Inkrafttreten der Feuerpause in Syrien begrüßt“, teilte das Außenministerium in Moskau am Samstag mit. In ihrem Telefongespräch erörterten Lawrow und Kerry demnach auch „die Perspektiven für die Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses für Frieden zwischen den Syrern im Rahmen der internationalen Syrien-Unterstützergruppe.
Am Samstagnachmittag wollte sich in Genf die Arbeitsgruppe zur Überwachung der Feuerpause treffen, die Gruppe war von der internationalen Syrien-Kontaktgruppe eingesetzt worden. In dem seit fast fünf Jahren andauernden Bürgerkrieg in Syrien wurden nach UN-Angaben bereits 270.000 Menschen getötet. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung floh vor den Kämpfen.
Lesen Sie auch:
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können