Obama punktet im Twitter-Wahlkampf

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Wahlkampf mit 140 Zeichen: Im Internetdienst Twitter wird das Gefecht zwischen Obama und Romney mit scharfer Klinge geführt. Das Auf und Ab der Meinungen analysiert ein spezieller Twitter-Index.

Der Wahlkampf in den USA ist schmutzig. In teuren Fernsehspots ziehen Barack Obama und Mitt Romney übereinander her. Am schmutzigsten aber geht es im Internet-Dienst Twitter zu. In den maximal 140 Zeichen langen Einwürfen wogt die Debatte besonders heftig hin und her. Die Anhänger in den eigenen Reihen müssen mobilisiert werden, damit sie am 6. November möglichst vollzählig zur Wahl gehen. Aber nicht jede Äußerung auf Twitter gibt die authentische Meinung einer bestimmten Person wieder – im Kampf um die öffentliche Meinung im Netz mischen auch U-Boote und Roboter mit.

Als Amtsinhaber mit internationaler Reichweite hat Obama eine ungleich höhere Zahl von Personen, die ihm auf Twitter folgen: 18,4 Millionen verglichen mit gut 800.000 Followern für den Republikaner Romney.

„Die wichtigste Wahlkampffunktion von Twitter besteht darin, die Botschaft zu den Anhängern zu bringen und das Bewusstsein für politische Fragen zu stärken“, erklärt die Politikwissenschaftlerin Jennifer Ramos von der katholischen Universität Loyola Marymount in Los Angeles. In beiden Lagern werde die Bedeutung der Sozialen Medien im Internet sehr hoch bewertet. „Aber Obama scheint in dieser Hinsicht zu führen.“

Täglich rund 300.000 Tweets analysiert

Bestätigt wird dies vom „Twitter Political Index“, mit dem der Betreiber des Dienstes die täglich rund 300.000 Tweets zum Wahlkampf analysiert. Positive und negative Äußerungen zu den beiden Kandidaten Barack Obama und Mitt Romney werden auf einer Skala von 0 bis 100 bewertet. Anfang August brachte es Obama auf einen Wert von 74. Romneys Spitzenwert liegt schon länger zurück, Anfang Juni mit 64. Das Ranking ändert sich jeden Tag.

Es sei interessant, dass beide Kandidaten die meiste Zeit auf Twitter eher schlecht bewertet würden, sagt Ramos, die sich schon lange mit der Politik im Netz beschäftigt. Dies entspreche der allgemeinen Wahlkampfstimmung in den USA. Auch gebe es Hinweise, dass der Twitter-Index mit der Entwicklung der Meinungsumfragen übereinstimme.

Obama hat 18,4 Millionen Follower

Als Amtsinhaber mit internationaler Reichweite hat Obama eine ungleich höhere Zahl von Personen, die ihm auf Twitter folgen: 18,4 Millionen verglichen mit gut 800.000 Followern für den Republikaner Romney. Und diese Zahl geriet zuletzt ins Zwielicht, weil sie binnen zwei Tagen verdächtig rasant um gut 140.000 gestiegen war. Der IT-Sicherheitsspezialist Barracuda Networks fand heraus, dass ein Viertel dieser Twitter-Accounts weniger als drei Wochen alt gewesen ist – und jeder zehnte bereits von Twitter suspendiert wurde.

Obama ist schon seit dem 5. März 2007 als Twitter-Nutzer registriert, hat 17,6 Millionen Follower in aller Welt und vier Mal so viel Tweets abgesetzt wie der Herausforderer, den der Präsident unter @BarackObama auch direkt attackiert: „Warum Mitt Romney das Problem und nicht die Lösung ist.“

Die heftigeren Twitter-Attacken aber überlässt der Staatsmann anderen Akteuren wie dem „TruthTeam2012“, das von seinem Wahlkampfteam betrieben wird. Dieses stellt Romney gern als ruchlosen Geschäftemacher während seiner Zeit bei der Beteiligungsgesellschaft Bain Capital dar. In die gleiche Kerbe haut der Twitter-Account „MittRmoney“ – das Hintergrundfoto des Profils zeigt Romney inmitten von Dollarscheinen.

Warum hat Romney ein Bankkonto in der Schweiz?

„Mein Taxi-Fahrer hat mich gerade gefragt, warum Mitt Romney ein Bankkonto in der Schweiz hat“, ließ Jen Psaki ihre Follower wissen und fügte vieldeutig hinzu: „Gute Frage.“ Die Pressesprecherin des Wahlkampfteams von Präsident Barack Obama baut auf den Erfahrungen vor vier Jahren auf – damals war Obama auch deswegen erfolgreich, weil er Twitter konsequenter genutzt hat als seine politischen Gegner – erst bei der Kandidatenkür innerhalb der eigenen Demokratischen Partei, dann gegen den Republikaner John McCain.

Diesmal will Romney dagegen halten. Er zeigt sich auf Twitter besorgt über die schwächelnde Wirtschaft, hält die Religionsfreiheit und den amerikanischen Pioniergeist hoch: „Sagt Barack Obama, dass hart arbeitende Einzelpersonen erfolgreiche Unternehmen schaffen, nicht die Regierung“, schreibt @MittRomney. Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts ist aber erst seit dem 23. Juni 2009 bei Twitter dabei – und für Twitter-Veteranen damit ein Frischling.

Interessant, weil kostenlos

Romneys Anhänger zählen schon mal die Stunden bis zum erhofften Amtswechsel im Weißen Haus. Mehr als 5000 Follower hat der Twitter-Account „Obama Countdown“, der nichts anderes tut, als „die langen, langen Tage zu zählen, bis Obamas Amtszeit zu Ende ist“.

Der Wahlkampf auf Twitter ist auch deswegen interessant, weil er anders als die TV-Kampagne grundsätzlich kostenlos ist. Weil so viel auf dem Spiel steht, ist aber auch daraus schon ein Geschäft geworden. So bietet die Firma 140Elect einen sehr speziellen Beratungsdienst für Politiker: „Wir gestalten einen maßgeschneiderten Twitter-Wahlkampf, der Ihren Account größer macht, Ihre Anhänger aktiviert, Gegner attackiert und Spenden einbringt.“ Das „Twitter Campaign Account Building“, also der Baukasten für den Twitter-Wahlkampf, kostet rund 2000 Dollar (1620 Euro) im Monat.