JustizOberster Richter Thierry Hoscheit will anpacken

Justiz / Oberster Richter Thierry Hoscheit will anpacken
Donnerstagmorgen in der „Cité judiciaire“ in Luxemburg-Stadt. Thierry Hoscheit wird offiziell in sein Amt als Präsident des obersten Gerichtshofs eingeführt. Neben ihm sitzt die Vizepräsidentin Agnès Zago. Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Thierry Hoscheit ist neuer Präsident des Obersten Gerichtshofs und des Verfassungsgerichts. Seiner Antrittsrede am Donnerstag kann man entnehmen, dass er bereit ist, nötige Veränderungen in der Justiz anzugehen und durchzusetzen.

Am Donnerstag wurde Thierry Hoscheit feierlich in seine neuen Funktionen eingeführt. Er ist nun ganz offiziell Präsident des Obersten Gerichtshofs und des Verfassungsgerichtshofs. Neben Generalstaatsanwältin Martine Solovieff und Francis Delaporte vom Verfassungsgericht ist Hoscheit jetzt einer der höchsten Magistraten-Richter in Luxemburg. Seine Befugnisse reichen weit, er kann Gutachten abgeben und er steht in engem Kontakt mit der Regierung sowie dem Justizministerium.

Thierry Hoscheit sei eine Institution im Luxemburger Rechtssystem, sagen einige der Redner und Anwesenden am Donnerstag in der „Cité judiciaire“. Nicht zuletzt sei eines seiner Bücher nicht nur Pflichtprogramm für Jurastudenten, sondern aktuell auch in den Anwaltskanzleien. „Den Hoscheit lesen“ scheint bis heute eine Conditio sine qua non.

In seiner Antrittsrede gibt Präsident Thierry Hoscheit  zu verstehen, dass er anpacken und verändern möchte. Nämlich gehe es darum, die Justiz zu stärken. Im Interesse von Land und Bürgern, die eine gut funktionierende Justiz verdienen würden. Zu diesen Absichten gehöre, sagt er, mehr Magistraten einzustellen, die Unabhängigkeit der Justiz zu fördern und damit das Vertrauen in den Rechtsstaat zu untermauern. Er plädiert dafür, die Justiz transparenter und nachvollziehbarer zu machen. Hoscheit spricht auch über die künstliche Intelligenz, er erwähnt deren Gefahren und Möglichkeiten. Man solle sie dort einsetzen, wo Bedarf besteht, stets aber müsse der Mensch die Hoheit behalten.

Unabhängige Justiz mehr denn je von Bedeutung

Generalstaatsanwältin Martine Solovieff nutzt ihre Rede bei der feierlichen Zeremonie besonders auch dafür, um auf die Bedeutung einer unabhängigen Justiz in Luxemburg hinzuweisen. Beispiele aus dem Ausland scheinen sie zu alarmieren. Luxemburgs Justiz jedenfalls werde sich nicht diskreditieren oder instrumentalisieren lassen, so Solovieff. Transparenter solle die Justiz werden, näher an den Bürgern. Wie bereits bei ihrer Neujahrsansprache betont sie besonders, dass die von der neuen Regierung, vor allem der CSV, geforderte „comparution immédiate“ nicht so ohne weiteres umzusetzen sei. Die Rechte der Beschuldigten müssen gewahrt bleiben.

Pit Reckinger, Vorsitzender der Luxemburger Anwaltskammer, sprach am Donnerstag von zahlreichen Herausforderungen, die sowohl Anwälte als auch die Luxemburger Justiz im Allgemeinen beschäftigen müssten. Unter anderem gehe es dabei um das Berufsgeheimnis der Anwälte. Die Anwaltskammer erhoffe sich viel Verständnis vom neuen Präsidenten des Obersten Gerichtshofs.

Thierry Hoscheit gab am Ende zu verstehen, sich aller Unzulänglichkeiten bewusst zu sein. Mehr noch, er machte deutlich, etwas unternehmen zu wollen. Es geht ihm um das Vertrauen in die Justiz, das nur durch eine unabhängige Justiz gewahrt werden könne.

Thierry Hoscheit wurde bereits am 1. Oktober 2023 vereidigt. Der 60-Jährige war bislang Berater am Kassationshof und leitete gleichzeitig die unabhängige luxemburgische Behörde für audiovisuelle Medien ALIA. Zwischen 2004 und 2011 stand er außerdem an der Spitze des Wettbewerbsrats. Hoscheit tritt die nun offizielle die Nachfolge von Roger Linden an. Letzterem wurde am Donnerstag in vielen Reden gedankt.