KlimawochenRanga Yogeshwar bringt Emil, den Eiskönig und Pablo Picasso nach Esch

Klimawochen / Ranga Yogeshwar bringt Emil, den Eiskönig und Pablo Picasso nach Esch
Im Rahmen der Escher Klimawochen war der luxemburgische Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar vergangene Woche im Rathaus zu Besuch Foto: Editpress/Alain Rischard

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Warum Ranga Yogeshwar 2014 mit dem deutschen Medienpreis für Sprachkultur ausgezeichnet wurde, wissen die Escher spätestens seit vergangener Woche. Im Rahmen der „Assises du climat“ hielt der Wissenschaftsjournalist einen bemerkenswert kurzweiligen Vortrag im vollbesetzten Sitzungssaal des Rathauses. In Luxemburgisch, und ohne auch nur einmal während der rund 90 Minuten auf einen Notizzettel geschaut zu haben. 

Geboren wurde Ranga Yogeshwar als Sohn eines Inders und einer Luxemburgerin 1959 in der Bohler-Klinik, damals noch in Strassen. Er habe sogar Wurzeln in Esch, verriet Yogeshwar dem Publikum, schließlich hätte sein Großvater in der Burbacher Hütte gearbeitet. 1911 war es durch die Fusion mehrerer Stahlwerke zur Gründung der Arbed gekommen, das B stand dabei für Burbach. Als er geboren wurde, gab es noch keinen Ultraschall, und so kam es für seine Eltern doch überraschend, dass Ranga nicht allein, sondern in Begleitung eines Zwillingsbruders zur Welt kam. Die Rechnung für die Entbindung in der Bohler-Klinik belief sich auf 400 Franken (heute 10 Euro), plus einem 15-prozentigen Zuschlag „pour imprévu“…

Nach dem Abitur in Diekirch zog es Yogeshwar nach Aachen, wo er seinen Abschluss als Diplom-Physiker machte. Er blieb in Deutschland und machte Karriere als Wissenschaftsjournalist. Heute wohnt er bei Bonn. Und selbst wenn er als Vortragsredner und in anderen Funktionen viel unterwegs ist, so kümmert er sich doch am liebsten um seine Enkelkinder. Drei hat er bereits, ein viertes soll in den nächsten Tagen hinzukommen. „Ich habe stets aus wissenschaftlicher Sicht über den Klimawandel geredet“, sagt er, „aber wenn man so einen Wurm im Arm hält, dann wird einem viel schneller bewusst, dass es um die Zukunft geht“. Deswegen heißt sein Vortag auch „Emils Welt“. Emil ist einer seiner Enkel und Yogeshwar beleuchtet den Klimawandel aus dessen Sicht.       

„Ich hatte das Glück als Journalist unzählige Tiere gesehen zu haben. Die Frage ist: Werden unsere Enkel das auch können?“, fragt der 64-Jährige und spielt den Singsang eines inzwischen ausgestorbenen Vogels ein. Am Artensterben könne man die Auswirkung des Klimawandels besonders gut verdeutlichen, auch von den extremen Wetterphänomenen spricht er an diesem Abend, dem Hochwasser an Ahr oder Sauer 2021 und ihren Konsequenzen. „Es geht um Veränderung, und die ist nicht einfach“, sagt Ranga Yogeshwar. Also um das Loslassen alter Gewohnheiten und Ideen.

Der Eiskönig aus Boston

Beispiel: Frederic Tudor war ein US-amerikanischer Geschäftsmann, der im 19. Jahrhundert ein Vermögen mit dem Handel von Natureis verdiente. Er verschiffte es in die ganze Welt. Dann wurde der Kühlschrank erfunden, aber Tudor glaubte nicht an die neue Technik. In kurzer Zeit ist das Imperium des Eiskönigs aus Boston zusammengebrochen. Selbst Schuld demnach. „Vielleicht erzählen unsere Enkelkinder irgendwann ja auch so eine Geschichte über uns. Dass wir mehrere Monatsgehälter für ein Auto ausgeben, das die meiste Zeit irgendwo nutzlos herumsteht. Und dass wir sogar Häuser für es bauen“, sagt Ranga Yogeshwar und merkt an, dass die deutsche Autoindustrie rund zwei Milliarden Euro pro Jahr für Werbung ausgibt. Sein Fazit: „Wir brauchen Visionen und müssen uns von alten Ideen trennen.“ Das gehe nur gemeinsam, der Bürger könne zu einem wichtigen „Player“ werden, der Wandel müsse von den Städten ausgehen.

Weil das so ist, nimmt Yogeshwar sein Publikum mit. Über das Scannen eines QR-Codes auf dem Bildschirm hinter ihm können die Anwesenden über das Handy in Echtzeit Fragen beantworten. Zum Schluss seines Vortrags kommt die spannendste: Wie gelingt der Wandel? Neun der Anwesenden glauben „durch technische Lösungen“, während 50 die Antwortmöglichkeit „durch Veränderung unserer Kultur“ anklicken. Ranga Yogeshwar beschließt seinen Vortrag in Esch mit einem Zitat von Pablo Picasso: „Das ist das Wesenhafte des modernen Menschen, der in aller Angst des Loslassens doch die Gnade des Gehaltenseins im Offenwerden neuer Möglichkeiten erfährt.“ Wollen sei dabei das Zauberwort, nicht müssen. Aber: „Wenn wir es nicht schaffen, dann wird die nächste Generation uns die Nase langziehen.“ Also auch sein Enkel Emil.

Volle Hütte im Sitzungssaal des Escher Rathauses
Volle Hütte im Sitzungssaal des Escher Rathauses Foto: Editpress/Alain Rischard
JJ
1. Mai 2024 - 14.35

Bravo Rangar. Tolle Vita und Leistung für die Wissenschaft.