SerieHistorisches und architektonisches Esch (45): Villa und Park Laval 

Serie / Historisches und architektonisches Esch (45): Villa und Park Laval 
Die Villa Laval, die wie ein kleines Schloss anmutet, spiegelt die Autorität des einst dort wohnhaften Notars wider. Die Fassade war vor der jüngsten Restaurierung von Efeu überwuchert.  Foto: © Christof Weber, 2019

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Die Villa und der Park Laval stellen eine grüne Lunge im Herzen der Stadt dar. Escher jeden Alters kommen hierher, um im Schatten hundertjähriger Bäume Kraft zu tanken.

Die Villa im historistischen Stil wurde um 1865 auf einem großen Grundstück im „Breedewee“ erbaut, vermutlich für den Notar Victor Wolff (?-1876), der dort sein Büro hatte und auch wohnte. In dem Haus lebten zudem zwei Apotheker mit ihren Ehefrauen. Nach dem Tod von Victor Wolff übernahm Charles-Léon Laval (1846-1920) das Notariat und arbeitete dort bis zu seinem Tod als Notar. Er war mit Marie de Schaefer (1857-1933) verheiratet, das Paar hatte zwei Töchter. Über seinen Schwiegersohn, den Direktor der „Metzeschmelz“ Léon Metz, war er mit der Familie Metz, einer wahren Dynastie der Stahlindustrie, verwandt.

Mit ihrem Türmchen, ihrer rustikalen Steinfassade und ihrer malerischen Silhouette ähnelt die Villa Laval einem kleinen Schloss. Damals war es eines der letzten Häuser im „Breedewee“. Von allen Seiten freistehend und mit einem neuen architektonischen Stil im Vergleich zu den traditionellen Stadthäusern sollte es einen starken Eindruck auf die Escher machen. Neben dem Notar, seiner Familie und wahrscheinlich einem Bediensteten wohnte in der Villa Laval – zumindest vorübergehend – auch der Gerichtsschreiber Michel Rousseau, der um 1885 zum Liquidator befördert wurde.

Nach dem Tod von Charles Laval gingen der Park und die zwei Hektar große Villa, als die Stadt Esch sie 1927 erwarb, in öffentliches Eigentum über. Im Jahr 1929 begann die Stadt mit der Umgestaltung der Villa, der Park wurde in einen öffentlichen Garten umgewandelt und 1930 eröffnet. Er umfasste zwei Tennisplätze, die vom Tennisklub verwaltet wurden. Im Erdgeschoss der Villa befanden sich zwei Schulklassenräume und ein Sozialdienst. Im ersten Stock war die Stadtbibliothek untergebracht. Sie umfasste ein kleines Wartezimmer, einen Ausleihraum, zwei Lesesäle, das Büro des Bibliothekars und im Sommer die große Terrasse der Villa. Statistiken zufolge gehörten 60 Prozent der Leser Familien aus der Arbeiterklasse an.

Ein paar Jahre später zogen dunkle Wolken am Himmel auf. Ab September 1939 dienten die Keller der Villa Laval als „Luftschutzräume für Passanten“. Im Mai 1941 begannen Umbauarbeiten am Gebäude durch die Nazi-Besatzer. Das Erdgeschoss wurde zum „NSV-Kindergarten“ (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt), einer Kleinkinderkrippe, umgebaut, die am 16. Februar 1942 eröffnete. Im Juli desselben Jahres zählten die Villa und der Park Laval zu den wichtigsten Schauplätzen der „Sondertagung der NS-Volkswohlfahrt“. Im ersten Stock der Villa befand sich eine „Hilfsstelle Mutter und Kind“ und es fand eine „Leistungsschau“ statt, in der die mithilfe von Spenden der lokalen Bevölkerung (sic!) durchgeführten Sozialarbeiten gezeigt wurden. Ab Herbst 1943 wurden die Räume im ersten Stock der Villa zur Unterbringung von Schulkindern bis zum Alter von zehn Jahren außerhalb der Schulzeit genutzt.

Nach dem Ende der Nazi-Okkupation siedelte die Stadt Esch vorübergehend das Wohnungsamt sowie erneut die öffentliche Bibliothek in der Villa an. Im Jahr 1946 richtete sie eine Kinderkrippe für Kinder im Alter von zwei bis vier Jahren ein, „deren Mütter krank oder berufstätig waren“. Es sei hier daran erinnert, dass es in Esch schon lange Kinderkrippen gab. In den Jahren 1927 und 1929 wurden zwei neue Kinderkrippen eingerichtet. Die erste wurde auf Initiative von Aline Mayrisch-de Saint-Hubert vom Luxemburger Roten Kreuz gegründet. Sie befand sich im Verwaltungsgebäude des ehemaligen Poekeschhofes, das von der Arbed zur Verfügung gestellt worden war. Die zweite wurde gegenüber der St.-Heinrich-Kirche von den Elisabethanerinnen eingerichtet.

Von 1952/53 an beherbergte die Villa Laval neben der Kinderkrippe auch einen medizinisch-psychologisch-pädagogischen Dienst. Nach dem Krieg gab es in Esch viele Waisenkinder und arme Eltern. Die Kinderbetreuung war zunächst kostenlos, bis zum Jahr 1983, als die Einrichtung neu organisiert wurde. 1996 fand eine umfassende Renovierung der Villa Laval statt.

Seit seiner Umnutzung zum öffentlichen Garten bot der Lavalspark eine grüne Umgebung, die sich gut für Kinder eignete. Mit seinem See, schattigen Plätzen und Tennisplätzen wurde er von der lokalen Bevölkerung sehr geschätzt. Der Erholungswert dieser grünen Oase wurde 1950 durch die Einweihung des städtischen Schwimmbads ergänzt.

Heute verfügt der Park über zwei getrennte Bereiche, eine Ruhezone im Süden sowie eine dem Spielen gewidmete auf der Seite des Außenbeckens der „Bains du parc“. Zudem gibt es einen Outdoor-Fitnesspark für die körperliche Ertüchtigung, einen Spielplatz, die sehr beliebte „Waasserspillplaz“ für die Kleinen und die großzügige Terrasse des Restaurants Club 5.

Ein Gedenkstein erinnert an die Widerstandskämpfer und Fluchthelfer des Zweiten Weltkriegs. Die „Amicale des anciens du laminoir Train VII Arbed-Esch/Belval“ hat 2011 anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens eine Skulptur des Künstlers Nicolas Goetzinger im Park aufstellen lassen, die mit der Unterstützung von ArcelorMittal, dem Nationalen Kulturfonds, der Stadt Esch/Alzette und dem LCGB geschaffen wurde.

Die Villa Laval dient heute als Kindertagesstätte der Stadt Esch, das heißt als Heim für Kinder außerhalb der Schulzeit. Seit dem Jahr 2020, als die Fassade renoviert wurde, hat sie ihren vollen ehemaligen Glanz wiedererlangt.

In diesem Zusammenhang verdient auch ein interessantes Projekt aus jüngster Zeit Erwähnung, der „Quartiersgaart Breedewee“: der an der rue Large gegenüber dem Schwimmbad liegt. Dieser Gemeinschaftsgarten ist ein Projekt, das von der lokalen/regionalen Initiative „Transition Minett“ vorgeschlagen wurde und von der Stadt Esch unterstützt wird. Der Garten ist allen Bewohnern zugänglich, die hierherkommen, um in einer von Offenheit, Respekt und gegenseitigem Austausch geprägten Umgebung zu gärtnern, sich an der Bepflanzung zu erfreuen und soziale Kontakte zu knüpfen.

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