Ein unerwarteter Fund

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Nachdem 2014 bereits zwei Fossilienfunde aus Luxemburg als Dinosaurierüberbleibsel identifiziert wurden, ist jetzt ein weiterer Fund bestätigt worden – der eigentlich schon ein paar Jahre her ist.

Früher war ja alles besser: Vor rund 180 Millionen Jahren etwa scheinen in Luxemburg jedenfalls geradezu paradiesische Zustände geherrscht zu haben – beziehungsweise auf dem Flecken Erde, auf dem später das Großherzogtum entstehen sollte.

„Wie auf den Bahamas“ heißt es jedenfalls auf einer Schautafel im Nationalmuseum für Naturgeschichte, und der dort arbeitende Paläontologe Ben Thuy ergänzt: „Es war immer schön warm und der Strand war nie weit weg.“

Letzteres lag aber vor allem daran, dass das heutige Luxemburg damals, als Teil des Superkontinents Pangäa, vor allem den Meeresboden des Pariser Beckens bildete, das bis in die heutige Eifel reichte und aus dem nur vereinzelt Land herausragte: Das waren die Ausläufer des London-Brabant-Massivs. Vor dessen südlichen Küste sollte Millionen Jahre später auch die Stadt Rümelingen entstehen, in dessen Steinbruch eifrig nach Fossilien gesucht werden kann.

Aber wo der Strand nie weit weg war, sind heute natürlich die Voraussetzungen eher schlecht, um auf Skelette von Dinosauriern zu stoßen. Der Begriff bezeichnet schließlich nur die „schrecklichen“ (Dinosaurier ist altgriechisch für schreckliche Echsen) Landtiere, die rund 160 Millionen Jahre lang die Erde bewohnten.

Nicht darunter fallen aber die Kreaturen, die sich zeitgleich in der Luft oder eben im Wasser tummelten. Und so sind Funde von Fossilien lange ver- und ausgestorbener Meeresbewohner gar nicht so ungewöhnlich – obwohl ein Fund aus den 1990-er Jahren sich im vergangenen November als echte Sensation herausgestellt hat: Denn bei dem 1,20 Meter langen Tier handelte es sich um eine bisher unbekannte Spezies eines Plesiosaurus.

Und jetzt, gerade ein halbes Jahr später, kann das MNHN eine weitere Sensation vermelden: Nämlich den Fund einer Hautschuppe (korrekt: Osteoderm) aus dem Knochenpanzer eines thyreophoren Dinosauriers. Thyreophora (griechisch: Schildträger) waren meist auf allen Vieren laufende, eher schwerfällige Pflanzenfresser, die sich zum Schutz regelrechte Panzer aus Platten und Stacheln zugelegt haben.

Beim Scelidosaurus war die Panzerung weniger martialisch ausgeprägt – und so ist das Fragment, das bereits 2003 bei Rümelingen gefunden wurde, auf den ersten Blick eher unscheinbar. Aber nur für totale Laien: Dem ambitionierten Amateur-Paläontologen Roland Felten war schnell klar, dass sein 12-jähriger Sohn Gilles beim gemeinsamen Steine-Klopfen etwas Besonderes entdeckt hatte.

„Da findet man eigentlich bei jedem Besuch etwas, aber meist eher Muscheln oder Reste von Fischsauriern“, sagt der Vater heute – und dass Knochen eben eher seltene Funde seien. Doch in einer frisch freigesprengten, etwa zehn Zentimeter dicken Schicht aus tonartigem Mergel steckte ein zerbrochener, rund sechs Zentimeter langer Stein – beziehungsweise eben nicht: „Wenn man an der Stelle einen Stein findet, ist das meist keiner, sondern ein Fossil!“

Beratungen mit dem MNHN-Spezialisten Dr. Dominique Delsate folgte die Überlegung, es handele sich um einen Teil einer Schimäre. Doch ein weiterer Spezialist, der sich mit den haiartigen Knorpelfischen auskennt, winkte ab: Nein, das muss etwas anderes sein. Erst die wiederholte Begutachtung durch Dr. Xabier Pereda-Suberbiola von der Universität des Baskenlandes brachte die richtige Spur: Das ist ein Teil eines Landbewohners.

Nach vielen streng wissenschaftlichen Prüfungen und Gegenprüfungen, den sogenannten Peer Reviews, folgte vor einem Monat schließlich die Publikation in einer Fachzeitschrift – und schließlich die offizielle Mitteilung durch das MNHN: Luxemburg war mal ein Jurassic Park.

„Einen solchen Fund hätten wir wohl nicht für möglich gehalten“, freut sich auch der Profi-Paläontologe Thuy – und beteuert, dass er ihn den ambitionierten Amateuren aus ganzem Herzen gönnt: „Das ist ja auch ein toller Beweis, wie gut die Kooperation zwischen dem Museum und den wichtigen wissenschaftlichen Mitarbeitern funktioniert!“

Aber wie gelangte nun der Knochen des Landgängers in den versteinerten Meeresboden? Wahrscheinlich ereilte einen Scelidosaurus vor etwa 180 Millionen Jahren der Tod am oder in einem Fluss, der seinen Kadaver in ein Meer trug, in dessen Boden er schließlich liegen blieb – bis ein 12-Jähriger seine versteinerten Überreste schließlich wieder herauszog.


Info

Das zweite in Luxemburg separat gefundene Dinosaurier-Fossil ist ab jetzt im Nationalmuseum für Naturgeschichte zu sehen – als Teil der Dauerausstellung, die vor etwa einem Jahr aufwendig neugestaltet wurde. Wer versuchen will, ebenfalls mit einem spektakulären Fund in die Luxemburger Naturgeschichte einzugehen, bekommt viele Gelegenheiten innerhalb der Museumspädagogik, die Programme für Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren umfasst. Mehr Informationen gibt es unter www.mnhn.lu.