EU/Deutschland / Streit um Europarecht schwelt weiter
Die EU-Kommission hat noch kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland beschlossen. Doch der Streit schwelt weiter. Der deutsche EU-Parlamentarier Sven Giegold warnt vor einer Eskalation.
Die EU-Kommission hat noch nicht entschieden, ob sie im Streit um das Europarecht ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten wird. „Wir befinden uns noch in der Phase der Analyse“, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am gestrigen Montag. Die Kommission habe „hinreichend Spielraum“ bei der Entscheidung, „ob und wie sie vorgehen will“. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stehe in Kontakt mit der deutschen Regierung und der Kanzlerin, fügte der Sprecher hinzu. Das Kollegium der 26 Kommissare habe sich mit dem Streit noch nicht beschäftigt, es gebe auch noch keinen Termin für eine mögliche Entscheidung.
Am Wochenende hatte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold die Kommission aufgefordert, wegen des EZB-Urteils des Bundesverfassungsgerichts gegen Deutschland vorzugehen. Darin hatte das höchste deutsche Gericht den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angegriffen. Von der Leyen hatte kurz danach angekündigt, ein mögliches Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland zu prüfen. „Das letzte Wort zum EU-Recht wird immer (beim Europäischen Gerichtshof) in Luxemburg gesprochen, nirgendwo sonst“, betonte die Kommissionschefin.
Es gehe darum, den Vorrang des Europarechts vor nationalem Recht zu verteidigen, hieß es gestern in Brüssel. Die EU-Kommission betrachtet sich als Hüterin der Verträge. Sie fühlt sich nun durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts herausgefordert. Der Streit berühre die „Verfassung“ der EU, sagte ein Experte. „Wir befinden uns an einer kritischen Wegscheide.“ Falls es zu einem EU-Verfahren kommen sollte, würde dies das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht aufheben. Es gehe auch nicht um ein „Strafverfahren“ gegen Deutschland, so der Experte. Das Ziel eines EU-Verfahrens sei es vielmehr, den „Dialog wiederherzustellen“. Damit solle die „loyale Zusammenarbeit“ zwischen der Bundesrepublik und den EU-Organen gesichert werden.
Eskalation vermeiden
Versöhnliche Töne schlug auch der grüne Finanzexperte Sven Giegold an. „Es geht nicht um eine Drohung oder gar um eine Bestrafung – das wäre absurd“, sagte er. „Es geht mir darum, eine kooperative Lösung zu finden.“ Eine Möglichkeit wäre, dass die deutsche Regierung ein Angebot für eine gemeinsame Fiskalpolitik in der Eurozone macht. „Das wäre eine vertrauensbildende Maßnahme.“ Bisher ruht die Anti-Krisen-Politik der Eurozone fast ausschließlich auf der Europäischen Zentralbank. Einer gemeinsamen Fiskalpolitik hat sich Berlin dagegen immer widersetzt. Auch deshalb sah sich die EZB gezwungen, mit einem neuen Anleiheprogramm auf die Corona-Krise zu reagieren. EZB-Chefin Christine Lagarde hat die EU-Staaten wiederholt aufgefordert, ebenfalls tätig zu werden.
Wenn sich Berlin nicht bewege, könne dies verheerende Folgen haben, warnte Giegold. Im schlimmsten Fall müsse die Bundesbank in drei Monaten aus dem Anleiheprogramm aussteigen. „Das gäbe dann einen gewaltigen Rums an den Finanzmärkten – und würde das Vertrauen erschüttern, dass Deutschland noch voll zu der Währungsunion steht. Diese Eskalation muss unbedingt vermieden werden.“
Derweil betonte die Europäische Zentralbank, dass sie an dem umstrittenen Anleiheprogramm festhalten will. Dies geschehe im Einklang mit dem Mandat der EZB, sagte die deutsche Notenbank-Direktorin Isabel Schnabel der italienischen Tageszeitung La Repubblica. Bei Bedarf könne das Programm, das die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise auffangen soll, auch ausgeweitet werden.
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Die EU-Kommission weiss sehr genau was die Glocke geschlagen hat:
die EU-Begeisterung bzw. -Überzeugung von sehr vielen Bürgern hat inzwischen einen verdammt grossen Knick erlitten.
Die Frage ist also ob erst mal den Ball flach halten und auf Zeit/Vergessen spielen, *oder* die Klappe gross aufreissen, mit ziemlicher Sicherheit voll auf die Nase knallen und als die undemokratische Veranstaltung die die EU nun mal ist untergehen.
Als wäre Deutschland verdammt.Verursacher von Weltkriegen, Tod und Verderben, bringt es jetzt wieder Europa ins Wanken durch seine selbstherrliche, nationale Denkweise.Wenn EU Recht für andere Länder gelten, sollen auch Bundesgerichte demnach urteilen.Doch beruhigen wir uns, Merkel wird bestimmend eingreifen, Brüssel zurechtweisen.Brüssel dann nach dem Prinzip der Echternacher Springprozession zurückweichen und sich wieder unter der Fuchtel Deutschlands unterordnen.
@ Scholer… grosses Land viel Geschichte, kleines Land wenig Geschichte. Oder auch, wo wenig ist, lässt sich auch wenig drüber erzählen… schon mal drüber nachgedacht?
@Dauer:Lieber wenig Geschichte, als Geschichte befleckt mit Millionen an Toten , Vermissten durch Kriegswahnsinn, Holocaust, ….