Dienstag11. November 2025

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Gegen ein Rosinenpicken der Briten

Gegen ein Rosinenpicken der Briten
(AFP/Sebastien Bozon)

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Das EU-Parlament hat sich mit breiter Mehrheit auf eine gemeinsame Position für die Verhandlungen mit Großbritannien über einen EU-Austritt geeinigt.

Die Abgeordneten im EU-Parlament haben am Mittwoch nach einer gemeinsamen Position für die Verhandlungen mit Großbritannien über einen EU-Austritt gesucht. Dabei kristallisierte sich heraus, was eine Mehrheit unbedingt vermeiden will: ein Rosinenpicken der Briten, ein Abkommen zulasten der Bürger sowie neue Konflikte um Gibraltar und an der nordirischen Grenze.

Das EU-Parlament hat sich mit breiter Mehrheit auf eine gemeinsame Position für die Verhandlungen mit Großbritannien über einen EU-Austritt geeinigt. 516 Abgeordnete stimmten am Mittwoch in Straßburg für eine Resolution, die die Fraktionschefs von Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen zuvor ausgearbeitet hatten. 133 lehnten das Papier ab, 50 enthielten sich.

Turmes sieht drei rote Linien

Damit sprach sich das EU-Parlament, das einem Brexit-Abkommen zustimmen muss, gegen finanzielle Zugeständnisse an London aus. Wichtig ist den Abgeordneten auch zu klären, welche Rechte EU-Bürger haben werden, die in Großbritannien leben, sowie umgekehrt, was für Briten im EU-Ausland gelten soll.

Für den grünen Europaabgeordnete Claude Turmes aus Luxemburg gibt es drei rote Linien, die der Brexit-Deal respektieren müsse. Erstens müsse sichergestellt werden, dass die Rechte der Menschen aus der EU, die im Vereinigten Königreich leben, und der in der EU lebenden britischen Staatsbürger gewahrt werden. „Dies ist unerlässlich für das Vertrauen der Bürger in die Europäische Union und muss absolute Priorität in den Verhandlungen haben. Zweitens dürften die Verhandlungsführer auf beiden Seiten des englischen Kanals nicht diejenigen vergessen, die in Großbritannien gegen den Austritt gestimmt haben. „Dazu gehören vor allem die jungen Menschen, für die der Zugang zu Programmen wie etwa Erasmus weiterhin garantiert werden sollte. Dazu gehören auch die Bürger in Nordirland, Schottland und Gibraltar.“

Kein freier Kapitalverkehr

Drittens müsse ausgeschlossen sein, so Turmes, dass britische Banken und Finanzdienstleister trotz Brexit weiterhin einen bevorzugten Zugang zum Binnenmarkt erhalten. „Wenn das Vereinigte Königreich nicht mehr im Binnenmarkt ist, kann die City auch nicht ihren EU-Finanzpass behalten. Freien Kapitalverkehr für die City darf es nicht ohne Freizügigkeit für die Menschen geben.“

Der Fraktionschef der Christdemokraten warnte London vor einer harten Verhandlungsposition der EU. „Ein Staat außerhalb der Europäischen Union kann nicht dieselben oder bessere Bedingungen haben als ein Staat innerhalb“, sagte Manfred Weber. Damit lag er auf einer Linie mit seinem Kollegen von den Sozialdemokraten, Gianni Pittella.

Nordirland und Gibraltar

Sorgen machten sich die Abgeordneten über eine „harte Grenze“ zu Nordirland, das Teil des Vereinigten Königreichs ist, sowie den Konflikt um die britische Enklave Gibraltar im Süden Spaniens. „Wo sind wir denn gelandet“, fragte EVP-Fraktionschef Weber. „Sind wir eigentlich noch ganz bei Trost? Wir müssten eigentlich über Digitalisierung, über die Sicherheitsfragen unseres Kontinents reden, und nicht über Debatten der letzten Jahrzehnte.“

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker versprach: „Die Kommission wird Fürsprecher der direkt Betroffenen diesseits und jenseits des Kanals sein.“ Arbeitnehmer, Unternehmer, Studenten und Rentner dürften nicht den Preis für einen EU-Ausstieg Großbritanniens zahlen. „Menschen sind keine Verhandlungsmasse“, sagte er. „Sie dürfen nicht zum Faustpfand in den Verhandlungen werden.“

Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien

Auch für die Abgeordneten, die einem Brexit-Abkommen zustimmen müssen, hat die Klärung der Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien und Briten im EU-Ausland Priorität. Mittags soll über eine Resolution abgestimmt werden.

Juncker und der EU-Chefunterhändler Michel Barnier betonten bei der Debatte außerdem, dass es keine parallelen Gespräche über ein zukünftiges Abkommen mit Großbritannien geben werde. Ende April wollen die verbleibenden 27 Mitgliedstaaten ihre Verhandlungsleitlinien bei einem Gipfel in Brüssel beschließen.

Am Dienstag hatte der Brexit-Chefverhandler Michel Barnier bereits Luxemburg einen Besuch abgestattet (Link).