EU verdreifacht Seenotrettung

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Die Zeit der leeren Worte ist vorbei: Dieses Signal soll vom EU-Sondergipfel zur Flüchtlingspolitik ausgehen. Mittel für EU-Grenzschutzmissionen sollen verdreifacht werden.

Mit deutlich mehr Geld und Schiffen für die Seenotrettung im Mittelmeer will die Europäische Union (EU) weitere Flüchtlingskatastrophen verhindern. Bei einem Sondergipfel in Brüssel berieten die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag darüber, die Mittel für die EU-Grenzschutzmissionen „Triton“ und „Poseidon“ zu verdreifachen.

Menschenrechtsorganisationen zeigten sich allerdings schon vor Beginn des Gipfels enttäuscht. Sie wiesen darauf hin, dass nur eine Ausweitung des Einsatzgebietes für die Missionen große Fortschritte bringen könne. Im ersten Entwurf für die Abschlusserklärung des Gipfels war davon jedoch keine Rede.

Viele Flüchtlingsschiffe geraten bereits unweit der libyschen Küste in Seenot. Dort abgesetzte Notrufe sind in der Regel nicht im Einsatzgebiet der aktuellen «Triton»-Mission zu empfangen. Es umfasst nur eine begrenzte Region rund um die italienische Küsten.

Schweigeminute

Der EU-Sondergipfel begann mit einer Schweigeminute zum Gedenken an die vielen hundert im Mittelmeer umgekommenen Flüchtlinge. Der Sondergipfel war nach dem Tod von mindestens 800 Flüchtlingen vor der libyschen Küste am vergangenen Wochenende einberufen worden.

Eine Verdreifachung der Mittel für die EU-Grenzschutzmission „Triton“ würde bedeuten, dass monatlich rund neun Millionen Euro zur Verfügung stehen. Alles laufe darauf hinaus, sagte ein EU-Diplomat am Rande des EU-Gipfels.

Schleuserbanden

Neben dem Ausbau der Kapazitäten für die Seenotrettung ging es beim Sondertreffen auch um den Kampf gegen Schleuserbanden. Laut Abschlusserklärung sollen zudem Militäreinsätze geprüft werden, um von Schleusern zum Flüchtlingstransport genutzte Schiffe zu zerstören. Experten halten dafür einen offiziellen Auftrag der Vereinten Nationen (UN) für nötig. Fraglich ist auch, ob sich die Schleuserschiffe mit Geheimdienstinformationen eindeutig identifizieren lassen und nicht mit Fischerbooten verwechselt werden.

Erwartet wurde auch eine schwierige Debatte über die Verteilung von Flüchtlingen, die vor allem Deutschland, Italien und Schweden fordern. Vorgesehen sind zudem mehr Hilfen für Ankunftsländer und eine Kooperation mit afrikanischen Staaten.

Sicheres Italien

Großbritannien und Belgien boten bereits offiziell Schiffe und Ausrüstung an. Der britische Premier David Cameron machte dies aber abhängig davon, „dass Leute, die wir aufgreifen, zum nächsten sicheren Staat gebracht werden, am wahrscheinlichsten also Italien.“ Litauen will der EU-Grenzschutzagentur Frontex für zwei Monate einen Rettungshubschrauber mit zehn Mann Besatzung zur Verfügung stellen.

Frankreichs Präsident François Hollande kritisierte, dass Libyen nach der Intervention einer internationalen Allianz vor mehr dreieinhalb Jahren alleingelassen worden sei. „Es gab keinerlei Nachdenken darüber, was danach passieren soll“, sagte er mit Blick auf den von seinem konservativen Vorgänger Nicolas Sarkozy maßgeblich vorangetriebenen Militäreinsatz. „Jetzt geht es darum, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.“

Haupttransitland Libyen

Libyen ist derzeit das Haupttransitland für Bootsflüchtlinge. Seit Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 mit Unterstützung des Westens gestürzt wurde, rivalisieren islamistische Milizen und nationalistische Kräfte gewaltsam um Macht und Einfluss. Funktionierende Grenzkontrollen gibt es dort nicht.

Malta gedachte am Donnerstag mit einer bewegenden Beisetzungsfeier der 24 geborgenen Todesopfer des Flüchtlingsdramas vom Wochenende. „Wir betrauern sie, weil wir tief in uns, unabhängig von unserem Glauben, unserer Nationalität … wissen, dass sie unsere Mitmenschen sind“, sagte der katholische Bischof Mario Grech, der den interreligiösen Gottesdienst in der Hafenstadt Msida gemeinsam mit dem Imam Mohamed El Sadi leitete.

Die Flüchtlingswelle in der Ägäis dauert indes an. Die griechische Küstenwache rettete am Donnerstag nach einem Notruf mehr als 90 Migranten vor der Küste der Insel Euböa.

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