Die Telekom-Branche und EU-Regulierer streiten um den Brüsseler Druck auf Mobilfunk-Tarife. Der seit Jahren köchelnde Konflikt brach auf dem Mobile World Congress in Barcelona offen aus. Die zuständige Kommissarin Neelie Kroes reagierte in scharfen Worten auf Kritik von Vodafone-Chef Vittorio Colao, der Brüssel eine zu starke Belastung der Telekom-Industrie angesichts der aktuellen Wirtschaftslage vorwarf. Dazu gehöre der Druck auf Tarife für Roaming im EU-Ausland und Gespräche zwischen Netzen verschiedener Anbieter.
Die Kommission sei bei der Regulierung mit einem „vor 15 Jahren entwickelten Autopiloten“ unterwegs, schimpfte der Chef des umsatzstärksten Mobilfunk-Anbieters der Welt. Colao forderte ein Ende des Drucks auf die Preise, damit die Branche wieder mehr Geld investieren könne.
Roaming bis 2016 ganz abschaffen
„Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Anruf von Luxemburg nach Trier um ein zigfaches teurer ist als ein Anruf von Trier nach Berlin,“ so der Luxemburger Europaabgeordnete Robert Goebbels in einer Pressemitteilung am Dienstag. In einer Abstimmung zur Roaming-Verordnung hat der Industrieausschuss des Europaparlaments am Dienstag die Weichen gestellt, um Roaming in der Europäischen Union definitiv abzuschaffen.
Der angenommene Text sieht vor, dass sich Mobilfunkanbieter auf einen einheitlichen Tarif einstellen sollen, also auf einen Tarif, der nicht mehr zwischen nationalen und Roaming-Gebühren für SMS, Anrufe und Datentransfer unterscheidet. Sollte bis 2016 ein solcher einheitlicher Tarif nicht Realität werden, so ist die Kommission aufgefordert, die Roaming-Verordnung entsprechend zu überarbeiten. Bis dahin sind weitere Preissenkungen, vor allem für Daten-Roaming, vorgesehen. Diese sollen ab 1. Juli in Kraft treten.
„Stehe auf der Seite der Kunden“
„Nachricht an Vittorio und Vodafone: Ich lasse mir nichts vormachen und reagiere nicht gut auf Drohungen“, konterte Kroes am Dienstag. Sie stehe auf der Seite der Vodafone-Kunden. „Wenn Verbraucher keine Angst mehr haben, ihre Smartphones und Tablets zu nutzen, wenn sie in Europa unterwegs sind, werden auch die Netzbetreiber davon profitieren.“
Die Kommissarin erinnerte die Branche, dass auch sie etwas haben wolle: Zusätzliche Frequenzen und einen größeren Markt. „Ein fairer Wettbewerb im Roaming ist ein guter Tausch für diese Möglichkeiten.“
Gebühren sind gesunken
Die sogenannten Roaming-Gebühren, die zusätzlich beim Telefonieren in einem anderen Land anfallen, sind in Europa in den vergangenen Jahren angesichts des massiven Drucks aus Brüssel drastisch gesunken. Die Regulierer setzen auch beim Datenroaming und den Durchleitungs-Gebühren für die Vermittlung zwischen Netzen verschiedener Anbieter an. Die Telekom-Konzerne beschweren sich, dass sie für viele Milliarden die Netze ausbauen, um immer mehr Datenverkehr umzuschlagen – und zugleich Einnahmenausfälle verdauen müssen.
Obermann bekräftigte in Barcelona, dass die Branche auch in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen wolle. Men werde sich nicht auf die Funktion einer Datenpipeline reduzieren lassen. Die Netzbetreiber seien als Service-Anbieter zum Beispiel für netzbasierte Cloud-Dienste wichtig. Mit dem Vormarsch der Smartphones und verschiedener Online-Angebote haben die Netzbetreiber massiv an Einfluss eingebüßt. Die Einnahmen landen zu einem großen Teil bei Plattform-Betreibern wie Apple und Google oder Inhalte-Anbietern, während die Telekom-Konzerne nur die Daten durchleiten.
De Maart

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