Auch Deutschland profitierte schon davon

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Deutschlands Regierung lehnt vehement einen griechischen Schuldenschnitt ab. Dabei wurden dem Land auch schon massiv Schulden erlassen.

Der griechische Premier Alexis Tsipras fordert von den Geldgebern einen Schuldenschnitt für sein Land. Sein Land brauche kein neues Geld, sondern weniger Schulden, so Tsipras. Im Gegenzug verspricht er Reformen, um das Land aus der Krise zu führen. Einige Euro-Länder und der IWF verschließen sich nicht einem teilweisen Schuldenerlass. Unter den Geldgebern herrscht aber keine Einigkeit in der Frage. Unter anderem Deutschland wehrt sich gegen den griechischen Schuldenschnitt.

Dabei kennt die Geschichte zahlreiche Schuldenerlässe. Und auch Deutschland wurde schon mehrmals ein Schuldenschnitt gewährt, wie zum Beispiel 1953, als die USA dem krisengeschüttelten Land die Schulden erließen. Der deutsche Wirtschaftshistoriker Albrecht Ritschl sagte in einem „Spiegel Online“-Interview, Deutschland habe im 20. Jahrhundert „einige der wohl größten Staatspleiten der jüngeren Geschichte hingelegt“. Und erklärt zwischen 1924 und 1929 habe die Weimarer Republik fast ausschließlich auf Pump gelebt. Sie habe sich das Geld für die Reparaturzahlungen des Ersten Weltkriegs von den USA geborgt. 1931 dann sei das ganze Gebilde eingebrochen, der Schaden für die Weltwirtschaft sei groß gewesen. 1932 verzichteten die Aliierten auf einen Teil ihrer Forderungen aus dem Ersten Weltkrieg. Und auch 1990 kam es im Rahmen der Wiedervereinigung zu einem Schuldenausfall in Deutschland. Laut Ritschl war Luxemburgs Nachbar im 20. Jahrhundert mindestens dreimal virtuell Pleite. Er rät deshalb der Regierung Merkel mehr Zurückhaltung in der Frage.

Die größten Schuldenschnitte

Aber auch andere Länder profitierten im letzten Jahrhundert von einem Schuldenschnitt. Die deutsche Zeitung „Die Welt“ listete im Februar die Länder auf, welche die größten Schuldenerlässe erhielten:
Großbritannien zwischen 1923 und 1934 (24,5 Prozent der damaligen Wirtschaftsleistung).
Italien zwischen 1925 und 1934 (36,4 Prozent).
Frankreich zwischen 1926 und 1934 (52,2 Prozent).
Griechenland zwischen 1927 und 1934 (43,4 Prozent) und 2015 (88 Prozent).
Deutschland 1953 (20,3 Prozent).
Bulgarien zwischen 1990 und 1994 (55,6 Prozent).
Auch Argentinien, Ecuador, Chile, Mexiko, Venezuela und Costa Rica wurde in denn 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts ebenfalls ein Großteil ihrer Schulden erlassen.

Wirtschaftswissenschaftler sehen die Forderung des griechischen Regierungschefs nach einem Schuldenschnitt eher skeptisch. Würde sie durchgesetzt, könnte sie Schule machen. So könnte Italien einen Antrag stellen, um 754,5 Millarden seiner 2.190 Milliarden Schulden erlassen zu bekommen. Spanien wäre fast 143 seiner 1.131 Milliarden-Schuldlast los und Frankreich 205 von 2.110 Milliarden. Auch Irland könnte dann 40 Miliarden erlassen bekommen, von einer Staatsschuld von 201 Milliarden. Bei Portugal sind es laut „Die Welt“ 67 von 216 Milliarden und bei Belgien fast 76 von 422 Milliarden. Bei den anderen Euro-Ländern käme ein Schuldenschnitt nicht in Frage. Insgesamt würde den Euro-Ländern aber Schulden in Höhe von 1,463 Billionen Euro erlassen.

Ein Schuldenschnitt (Haircut) ist ein teilweiser Schuldenerlass für ein Land, das sich in großen finanziellen Schwierigkeiten befindet. Es ist eine radikale Form der Reduzierung der öffentlichen Schulden. Diese Maßnahme wird in Erwägung gezogen wenn angenommen wird, dass ein Staat seinen Haushalt nicht aus eigener Kraft konsolidieren kann. Es handelt sich um das letzte Mittel, um einen quasi insolventen Staat wieder haushalts- und finanzpolitische Handlungsspielräume zu verschaffen. Durch einen Schuldenschnitt soll sich der betroffene Staat wieder dauerhaft sanieren können.

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