Wie Geld unser Klima rettet

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Alle wollen das Klima retten. Oder fast alle. Luxemburg hat auf der UN-Klimakonferenz in Bonn den Hauptfokus auf grüne Finanzierungsinstrumente gelegt. Im Gespräch mit Marc Bichler, Luxemburgs Sonderbotschafter für Menschenrechte und Klimawandel sowie Koordinator der Task Force Klimafinanzierung, haben wir uns die Klimafinanzstrategie des Großherzogtums erklären lassen.

Nicht nur der gemeinsame Pavillon mit der EIB (Europäische Investitionsbank), sondern auch die zahlreichen Konferenzen, die Luxemburg im Bereich von Finanzierungsinstrumenten in Bonn organisiert hat, lassen auf die Wichtigkeit des Themas grüne Finanzen schließen. Wir wollen das Klima retten, aber ohne Geld geht das nicht. Luxemburg hat das erkannt und eine beeindruckende Klimafinanzstrategie entwickelt, die aus einzelnen Projekten besteht. Aber wie ist das Ganze entstanden?

„Im Vorfeld der COP 21 in Paris haben wir gemerkt, dass die Finanzfrage zur zentralen Herausforderung für die Verhandlungen werden würde“, erklärt Bichler. „Wenn die entwickelten Länder kein ernst zu nehmendes und glaubwürdiges Angebot machen würden, für die Finanzierung dessen, wofür wir uns engagieren sollten, dann würden die Entwicklungsländer nicht an Bord kommen, um den Konsens zu finden. Das war eine wichtige Beobachtung“, so der Sonderbeauftragte.

Marc Bichler erklärt, dass daraufhin die Task Force Klimafinanzierung in Luxemburg entstanden ist. Dies sei auf die Bestrebungen des Umweltministeriums (Nachhaltige Entwicklung und Infrastruktur) und des Ministeriums für Finanzen zurückzuführen. Seitdem koordiniert Bichler die Task Force. „Die Idee war, so direkt und so weit wie möglich den Privatsektor mit an Bord zu nehmen. Wenn wir wissen, dass wir von Milliarden auf Trillionen in den Finanzierungen übergehen müssen, um das Ganze zu bezahlen, nicht nur das Klima, sondern auch die nachhaltige Entwicklung, dann reichen nationale Budgets nicht aus“, erklärt Bichler.

Alle kamen an Bord

Nun ging es darum, den Privatsektor aus freien Stücken zu motivieren, mitzuwirken. Dies sei wichtig, damit alle Akteure am gleichen Strang ziehen und die Privatinvestoren ihre Expertise zur Verfügung stellen. „Das ist dann auch passiert. Wir haben mit zwölf Mitgliedern die Task Force angefangen. Jetzt sind wir bei über 40. Niemand wollte der Sache fernbleiben: Banken, Fonds, Versicherungen, die Big Four, Anwaltskanzleien, Fondsmanager, Vermögensverwalter. Alle kamen an Bord.“

Die Task Force hat im Hinblick auf die COP 21 eine Toolbox entwickelt. Die Toolbox ist dazu da, um zu zeigen, wie die verschiedenen Finanzinstrumente die verschiedenen Umweltprojekte unterstützen können. Nicht jedes Projekt braucht die gleiche Finanzierungsform. Bichler nennt ein Beispiel: „Wenn ein Projekt im Anfangsstadium ist, braucht es vielleicht eher einen Zuschuss oder einen philanthropischen Beitrag. Wenn es sich in der Übergangsphase befindet, wo es wächst, dann braucht es mehr Kapital (equity), und wenn es danach weiterwächst, dann braucht es Darlehen auf längere Zeit.“ Die Toolbox floss auch in die Luxemburger Präsidentschaftsarbeit (als Luxemburg den EU-Ratsvorsitz 2015 innehatte). Das hat zur gemeinsamen Verhandlungsposition von der EU auf der COP 21 beigetragen.

„Als die COP 21 ein Erfolg wurde und überall stand, dass wir nun Finanzierungen vornehmen müssten, waren wir Luxemburger schon mehr als nur in den Startblöcken“, so Bichler. „Die Minister haben uns den Auftrag gegeben, um konkrete Projekte bis zum Sommer 2016 ins Leben zu rufen, die zeigen, wie man das Ganze umsetzen könnte.“ Entstanden seien vier operationelle und zwei begleitende Maßnahmen. „Zu den operationellen Trägern gehört die gemeinsame Klimaplattform mit der EIB, die ‚Climate Finance Plattform‘. Der zweite ist der ‚Green Stock Exchange‘, der dritte ist die ‚Labeling-Aktivität‘ von Luxflag, der vierte ist der ‚Climate Finance Accelerator‘. Die erste begleitende Maßnahme besteht darin, dass das Finanzministerium ganz genau überwacht, was in Brüssel, auf nationaler Ebene, auf dem rechtlichen und auf dem regulatorischen Plan passiert, um zu vermeiden, dass kontraproduktiv gearbeitet wird.

Reise in neue Sphären

Die zweite begleitende Maßnahme ist die Kommunikation, also die Promotion der ganzen Sache, derer sich Luxembourg for Finance angenommen hat.“ Bichler zeigt anhand der gemeinsamen Klimaplattform zwischen dem Luxemburger Staat und der EIB, wie ein solches Finanzierungsinstrument funktioniert. Der Luxemburger Staat stellt drei Mal 10 Millionen über einen Zeitrahmen von drei Jahren an öffentlichen Geldern zur Verfügung. Die EIB steckt jährlich 90 Milliarden in die Klimafinanzierung. Wieso aber sind die Luxemburger Gelder dann so wichtig, fragt man sich. Die öffentlichen Gelder werden als „First lost“-Garantie“ gebraucht. Sie stehen als Absicherung für private Investoren. Geht das Projekt schief, dann verliert weder die EIB noch der private Investor sein Geld. Verloren gehen ausschließlich die Luxemburger Gelder. Nur so sei es möglich, Investoren aus dem Privatsektor an Bord zu ziehen und Projekte mit sehr hohem Kapital zu finanzieren. Dies ermöglicht es, in Sphären vorzudringen, in die es sonst nicht möglich wäre.

Diese Risiko-Investition werde dadurch minimiert, dass die EIB dem Luxemburger Staat garantiere, dass sie sehr vorsichtig sei und die Projekte genau ausgewählt würden. Im Best-Case-Szenario werde das Luxemburger Geld nie gebraucht, weil die Investition normal verlaufe. „Und wenn sie bis zum Ende des Projekts nie gebraucht werden, dann kommen sie zurück in den Trust Fund, den wir mit der EIB aufgesetzt haben. In diesem Fall können sie noch einmal gebraucht werden“, so Bichler. „Das bringt etwas sehr Schönes mit sich: Der Luxemburger Steuer-Euro wird einmal mindestens verdoppelt durch ein „matching funding“ der EIB (aus 1 Euro werden mindestens 2) und wenn die 2 Euro als Garantie eingesetzt werden, dann kann man rechnen, dass es eine Hebelwirkung von 1 bis 5 bei den Privatinvestoren kommt. Wenn das Geld also ein zweites Mal als Garantie gebraucht wird, dann werden aus dem 1 Euro Steuergeld 10 Euro.


Drei Fragen an: Pierre Gramegna, Finanzminister

Die Finanzierung spielt beim Thema Klimaschutz eine wichtige Rolle. Was hat Luxemburg hier in Bonn angekündigt?
Wir haben schon vor dem Pariser Abkommen Anfang 2015 eine Plattform in Luxemburg gegründet. Daran beteiligt waren das Finanzministerium, das Umweltministerium, die EIB (Europäische Investitionsbank) und privat interessierte Akteure. Ziel war es, über die Finanzierung beim Klimaschutz zu sprechen und konkrete Aktionen zu machen. Wir haben vor ein paar Monaten eine gemeinsame Klimaplattform mit der EIB (Climate Finance Plattform) gegründet, um Projekte zu unterstützen, die dadurch machbar werden, weil eben diese Plattform vorfinanziert wird und auf diese Weise das erste Risiko ausspart. Hier in Bonn haben wir gerade angekündigt, dass wir die erste Investition, die darüber läuft, konkret entschieden haben. Dabei handelt es sich um den „Green for Growth Fund“. Wir werden 5 Millionen nach Nordafrika und in den Mittleren Osten investieren. Das ist jetzt ein ganz konkretes Projekt. Wichtig ist aber vor allem, dass die Plattform nun steht und in Zukunft noch eine ganze Reihe weiterer Projekte lancieren wird.

Welche Initiativen hat Luxemburg noch gestartet?
Wir haben sehr viele Initiativen gestartet. Neben der bereits erwähnen Klimaplattform haben wir einen „Climate Finance Accelerator“ geschaffen, wir haben Luxflag gegründet, das Standards setzt, und darüber entscheidet, was grün ist und was nicht. Last but not least haben wir unsere Börse, die das „Green Stock Exchange“ gestartet hat.

Wie wichtig sind denn die grünen Finanzen für Luxemburg?
Sie sind sehr wichtig, weil wir davon überzeugt sind, dass der Bedarf in diesem Bereich besonders groß ist. Wir sind bereits jetzt schon gut positioniert und werden uns weiterentwickeln. Das Potenzial nach oben ist sehr groß. Wir haben das Know-how, wir haben die Chance, dass die EIB in Luxemburg ist, denn sie war ein Pionier in den grünen Obligationen und den Green Bonds. Die EIB hat die ersten 2007 herausgegeben. Vor ein paar Monaten haben wir das zehnjährige Jubiläum gefeiert. Die Projekte gehen Hand in Hand mit der Luxemburger Börse, und das wollen wir weiter unterstützen.