Kayl-TetingenWie die Gemeinde die Corona-Krise bisher bewältigt hat und in die Zukunft blickt

Kayl-Tetingen / Wie die Gemeinde die Corona-Krise bisher bewältigt hat und in die Zukunft blickt
Bürgermeister John Lorent  Foto: Lucien Montebrusco

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Kayl-Tetingen hat die Corona-Krise bisher gut überstanden. Doch sie hinterlässt tiefe Spuren in den Gemeinde-Finanzen. Die Umsetzung einiger Projekte wird zeitlich verschoben. Dabei mangelt es auf „Widdem“ keinesfalls an Visionen.

„Es hat bisher alles gut geklappt“, antwortet Bürgermeister John Lorent (LSAP) auf die Frage, wie sich die Gemeinde in der Corona-Krise geschlagen hat. Man hielt sich an die Vorgaben des Ministeriums. Nur eine Person der Belegschaft und ein Mitglied des Gemeinderats hatten sich mit dem Virus infiziert. Auswirkungen hatte die Virus-Pandemie natürlich auf die Arbeit der Gemeindedienste.

Das war die gute Nachricht. Die schlechte: Die Corona-Krise reißt ein tiefes Loch in der kommunalen Kasse. Laut Rundschreiben des Innenministeriums an die Gemeinden werden die Zuwendungen aus dem kommunalen Dotationsfonds dieses Jahr um 17,4 Prozent zurückgehen. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer würden sogar um 24,8 Prozent schrumpfen. Insgesamt wird die Gemeinde Kayl-Tetingen Kürzungen von rund fünf Millionen Euro bei den ordentlichen Einnahmen verschmerzen müssen, wobei der Großteil davon auf den Dotationsfonds entfällt. Zur besseren Einordnung: Im Budget 2020 waren die ordentlichen Einnahmen mit 36,8 Millionen Euro angesetzt worden.

Nicht mehr viel Spielraum

„Fehlen uns fünf Millionen Euro, werden wir große Probleme haben, um den ordentlichen Haushalt zu schließen“, sagt Lorent. Die Gemeinde lebe nun mal von der staatlichen Dotation. Prioritär bleibt die Einhaltung eingegangener Verpflichtungen. Und dazu zählen auch die Gehälter der Gemeindeangestellten. „Wenn wir in der Lage kämen, die Gehälter nicht mehr ausbezahlen zu können, wäre das ziemlich dramatisch“, so der Bürgermeister. Allein die Gehältermasse beläuft sich für 2020 auf 14,1 Millionen Euro, das bei Gesamtausgaben von 29,6 Millionen Euro. Hinzu kommen noch alle anderen vertraglich bindenden Verpflichtungen. Da bleibe nicht mehr viel Spielraum, um zu sparen. Dennoch wurden die einzelnen Abteilungen aufgefordert, ihre Budgets zu prüfen.

Beruhigend wirkt, dass zum 2. Juni die Gemeinde 11,3 Millionen Euro auf ihren Konten hatte. „Hätten wir beim Einkassieren Probleme, müssten wir uns um Darlehen bei der Bank bemühen, um die Gehälter zu zahlen.“ Das sei nicht der Fall. Dennoch sind 17,4 Prozent weniger Zuwendungen schon ein merklicher Dämpfer. „Deshalb bin ich vorsichtig, wenn es ums Geld geht. Mein Job ist es, die Finanzen der Gemeinde im Auge zu behalten.“

Die Corona-Krise zehrt auch an den Finanzreserven der lokalen Vereine. Veranstaltungen, bei denen diese traditionell ihre Kasse aufbessern, mussten abgesagt werden. Allzu viel versprechen will ihnen Lorent derzeit noch nicht. „Wir werden den Vereinen im Rahmen der Möglichkeiten der kommunalen Finanzen helfen“, sagt er.

Keine Angaben zu „Esch 2022“

Die Gemeinde wird sparen müssen, doch bereits begonnene Projekte werden zu Ende geführt. Die Fassade der „Schungfabrik“ in Tetingen wird erneuert, das dahinter liegende Museum fertiggestellt. Nicht gefährdet sind mehrere Straßenbauprojekte. Andere Vorhaben hingegen werden zurückgestellt, bis man einen Überblick über die weitere Entwicklung haben wird. Warten muss die Erneuerung der rue Notre-Dame, der rue de la Forêt, der rue Biermecht und der rue de la Montée.

Gestoppt werden alle Vorhaben, bei denen noch keine Auftragsvergabe erfolgte. Und „Esch 2022“? Drei Projekte hatte Kayl-Tetingen für das Kulturjahr eingereicht. Er würde sich gerne dazu äußern, bloß habe man noch keine Angaben darüber, wie sich „Esch 2022“ finanziell an den Projekten beteiligen werde, sagt Lorent. Die Gemeinde sei weiterhin bereit, sich hier zu engagieren. Spätestens bei der Aufstellung des Budgets 2021 müsse jedoch Klarheit herrschen.

Trotz akuter Corona-bedingter Probleme wagt man in Kayl einen Blick in die Zukunft. So erstellt die Gemeinde derzeit eine Studie zu den Bildungshäusern (Schule und „Maison relais“) – eine Projektion der Entwicklung der Kommune bis 2049. Dabei wird insbesondere untersucht, wie viel Betreuungspersonal in den „Maison relais“ und welche zusätzlichen Einrichtungen angesichts der Bevölkerungsentwicklung benötigt werden. Klar ist bereits, dass in diesem Bereich in den kommenden Jahren massiv investiert werden muss.

Weiterentwickelt würden dabei zwei Standorte: der „Widdem“ in Kayl und der Raum um der aktuellen Jean-Pierre-Nuel-Grundschule in Tetingen. „Die Mädchenschule könnte mit einem zusätzlichen Stockwerk ausgebaut werden“, sagt Lorent zu den Möglichkeiten auf „Widdem“. Die Gemeinde erwarb in den letzten Jahren weitere Grundstücke auf dem Areal. Mit dem Kirchenfonds peilt man eine neue Bodenordnung auf „Widdem“ an; damit beide Seiten auf ihre Kosten kämen, betont Lorent. Konkret ginge es dabei u.a. um das Vereinshaus. Der Kirchenfonds würde darauf verzichten. Als Gegenleistung würde der Kirche dort ein neu zu bauender Festsaal nach Bedarf zur Verfügung gestellt werden. An Ort und Stelle könnte die Kirche Mietwohnungen bauen, aus deren Einkünfte sie sich finanzieren könnte.

Wenn wir die Industriebrache in Tetingen kaufen, wird uns das 15 Millionen Euro kosten. Das wird den Haushalt jährlich während zwanzig Jahren mit einer Million belasten. Da ist man schnell fertig.

John Lorent, Bürgermeister

Dank des erhofften Erwerbs der alten Schlackenhalde von ArcelorMittal eröffnen sich auch große Entwicklungsperspektiven für Tetingen. Auf dem rund sieben Hektar großen Areal könnte eine neue Sportinfrastruktur entstehen, das dann frei werdende Gelände im Zentrum von Tetingen für eine neue Schule und eine neue „Maison relais“ genutzt werden. Platz wäre auch für ein späteres Seniorenheim in unmittelbarer Nähe zum Park. „Die Möglichkeit besteht, da etwas ganz Schönes zu machen“, schwärmt Lorent. Aber das sei noch Zukunftsmusik, etwas für die zukünftigen Kommunalpolitiker.

Könnte die Ankündigung von Innenministerin Taina Bofferding (LSAP), die Zuwendungen für kommunale Vorhaben zu erhöhen, diese Zukunft zeitlich näherrücken lassen? Verständlich sei, dass die Regierung die Investitionstätigkeit der Gemeinden hochhalten wolle. Doch wenn man ein Viele-Millionen-Projekt realisieren möchte, müsse die Gemeinde trotz erhöhter Zuwendungen noch etliche Millionen Euro selbst aufbringen. Das Angebot mag für Gemeinden verlockend klingen, die über Reserven verfügen, sagt Lorent. Was für Kayl-Tetingen nicht der Fall sei. „Wenn wir die Industriebrache in Tetingen kaufen, wird uns das 15 Millionen Euro kosten. Das wird den Haushalt jährlich während zwanzig Jahren mit einer Million belasten. Da ist man schnell fertig.“