Luxemburger JustizVerhandlungen werden schrittweise wieder hochgefahren

Luxemburger Justiz / Verhandlungen werden schrittweise wieder hochgefahren
Auch in den Hallen der Justiz müssen die sanitären Barriere-Gesten jederzeit eingehalten werden Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Justiz ist nicht nur blind, sondern auch rastlos. Geschlafen haben die unterschiedlichen Instanzen in Luxemburg nämlich nicht während der vergangenen zwei Monate. Sitzungen, Anhörungen und andere Arbeiten waren zwar weitgehend zurückgeschraubt worden, eine Pause gab es jedoch nicht. Dies beweisen die Zahlen, die jetzt veröffentlicht wurden.

Allein in den ersten sechs Wochen des Lockdowns wurden in den unterschiedlichen Instanzen der Justiz genau 2.491 Gerichtsbeschlüsse, Verordnungen und Urteile gefällt. Rund 1.200 dieser Entscheidungen gehen auf das Bezirksgericht Luxemburg zurück. Im zivilen Recht wurden 139 Urteile verkündet, während die Strafkammern 186 Entscheidungen fällen konnten. Allerdings hatte auch das Jugendgericht mit 183 Beschlüssen alle Hände voll zu tun. Am Bezirksgericht Diekirch waren es indessen 289 Entscheidungen, während am Berufungsgericht etwas mehr als 350 Urteile gesprochen wurden.

Zwar handelte es sich meistens um Fälle, die noch vor dem Lockdown verhandelt wurden. Allerdings waren auch Dringlichkeitsfälle  dabei, vor allem, wenn es sich bei den Angeklagten um Untersuchungshäftlinge handelte. Außerdem haben die Richter der drei Friedensgerichte in Luxemburg, Esch und Diekirch im gleichen Zeitraum fast 8.000 Beschlüsse und Urteile gefasst.

Es wurden aber nicht nur Fälle abgeschlossen, sondern auch neue Ermittlungen in die Wege geleitet. Allein zwischen dem 16. März und dem 24. April haben die Staatsanwaltschaften in Luxemburg und Diekirch 4.269 neue Dossiers entgegengenommen. Mehr als ein Drittel davon handeln von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung.

Schrittweise Wiederaufnahme

Wurden während der Ausgangsbeschränkungen hauptsächlich dringende Fälle verhandelt, so soll die Zahl der Verfahren an den Luxemburger Gerichten nun schrittweise wieder hochgefahren werden. Allerdings sollen auch weiterhin zunächst nur Strafsachen aufgearbeitet werden, die einen Angeklagten in Untersuchungshaft betreffen oder die von einem einzelnen Richter verhandelt werden können.

Um zu verhindern, dass sich zu viele Menschen gleichzeitig in einem Sitzungsraum aufhalten, will die Justiz künftig bei Verhandlungen mit mehreren Fällen mit strikten Terminen arbeiten, zu denen sich Angeklagte, Anwälte, Gutachter und Zeugen im Saal einzufinden haben. Begleitet wird die schrittweise Wiederaufnahme des Normalbetriebs von den inzwischen gängigen Sanitärmaßnahmen. So müssen Besucher im Innern der Justizgebäude stets einen Mundschutz tragen. Auch wird streng auf die Einhaltung der Mindestabstände geachtet.

In einer ersten Phase sollen am Bezirksgericht Luxemburg denn auch nur 11 bis 13 Sitzungen pro Woche stattfinden. Nach dem 18. Mai wird die Zahl der Verhandlungen dann schrittweise erhöht. Ziel ist es, ab dem 2. Juni wieder den gewohnten Rhythmus von 29 Verhandlungen in der Woche abwickeln zu können. Am Bezirksgericht Diekirch konnten diese Woche aber schon wieder die gewohnten drei Verhandlungen stattfinden. Allerdings werden auch hier prioritär nur Fälle mit einem einzigen Richter verhandelt oder solche, in denen sich ein Angeklagter in Untersuchungshaft vor Gericht verantworten muss. Nach und nach sollen aber auch in Diekirch wieder andere Dossiers behandelt werden.

Wegen der Beschränkungen der vergangenen Wochen sind die Luxemburger Gerichte trotz aller Anstrengungen etwas ins Hintertreffen geraten. Um den Rückstand schnellstmöglich aufarbeiten zu können, hat sich die Justiz nun dazu entschlossen, ihren Sommerurlaub vom 16. Juli auf den 3. August zu verschieben. Eine Initiative, die von den Akteuren der Luxemburger Justiz ausgegangen ist, wie aus deren Umfeld zu erfahren war.

Interessanterweise war auch die Öffentlichkeit während des Lockdowns zu keinem Zeitpunkt von den Sitzungen ausgeschlossen. Laut Verfassung kann das Publikum nur ausgeschlossen werden, wenn eine Gefahr für „Ordnung und Sitten“ besteht. Und auch dann muss das Verbot von einem richterlichen Entschluss in Kraft gesetzt werden, was in diesem Fall aber nicht passiert ist.

Dennoch will die Justiz in den kommenden Wochen noch versuchen, die Zahl der Anwesenden in ihren Hallen aus sanitären Gründen auf ein Minimum zu reduzieren. Um unnötige Fahrten oder Fortbewegungen zu vermeiden, werden Anwälte und Privatleute dazu aufgerufen, ihre Verwaltungsgänge wenn möglich per Telefon oder E-Mail abzuwickeln. Die nötigen Informationen finden Betroffene auf justice.lu. Dort werden in den kommenden Wochen zudem sämtliche weiteren Maßnahmen angekündigt, die von der Justiz auf dem Weg zurück in die Normalität ergriffen werden müssen.