MietprozessUrteil wegen Mieteinfrierung in der Coronakrise verschoben

Mietprozess / Urteil wegen Mieteinfrierung in der Coronakrise verschoben
Um Mieter finanziell zu entlasten, hatte die Regierung am 20. Mai beschlossen, die Mieten für Wohnungen einzufrieren, sodass während des „Etat de crise“ keine Erhöhungen möglich sind. Diese Entscheidung hat nun indirekte Auswirkungen auf das Gerichtsurteil in einem Mietprozess. © Editpress / Didier Sylvestre

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Die Jahresmiete für eine Wohnung darf laut Mietgesetz von 2006 maximal fünf Prozent des investierten Gesamtkapitals betragen. Ein Mann hatte im Januar die Einhaltung dieser Regelung vor dem Friedensgericht eingeklagt. Weil der Vermieter die Papiere über das investierte Kapital nicht vorlegen kann, hatte der Richter eine Expertise beantragt. Diese fiel jedoch widersprüchlich aus. Zusätzlich zum investierten Kapital hatte der Experte den Marktwert der Wohnung berechnet. Auf dessen Grundlage hatte der Vermieter eine Mieterhöhung gefordert. Das Urteil sollte am 28. Mai gesprochen werden. Weil die Regierung in der Corona-Krise eine Einfrierung der Mieten beschlossen hat, könnte der Vermieter die Erhöhung aber vorerst nicht einfordern, falls er Recht bekäme. Deshalb bat der Richter die beiden Streitparteien vor der Urteilsfindung zu einer Stellungnahme.

Seit sechs Monaten kämpft Michel R. nunmehr vor dem Friedensgericht Luxemburg für eine Mietminderung bezüglich seiner 90 Quadratmeter großen Wohnung auf Limpertsberg. In der letzten Verhandlungssitzung am 14. Mai hatte der Richter angekündigt, am 28. Mai ein Urteil zu verkünden. Wegen der Corona-Krise hat der Prozess nun eine überraschende Wendung genommen. Um Mieter finanziell zu entlasten, hatte die Regierung am 20. Mai beschlossen, die Mieten für Wohnungen einzufrieren, sodass während des „Etat de crise“ keine Erhöhungen möglich sind. Diese per großherzoglichem Reglement verordnete Einfrierung soll noch vor Ablauf des Ausnahmezustands gesetzlich festgehalten und bis zum 31. Dezember 2020 verlängert werden.

Da der Vermieter Théo F. vor Gericht aber eine Mieterhöhung um 350 Euro auf 1.850 Euro fordert, hat der Richter vor der Urteilsfindung die beiden Parteien gebeten, Stellung zum großherzoglichen Reglement über die Einfrierung der Mieten zu beziehen. Denn wenn das Urteil zugunsten des Vermieters ausfallen würde, könnte dieser die Mieterhöhung wegen der aktuellen Gesetzeslage nicht einfordern. Die Anwältin des Vermieters betonte am Donnerstag, dass ihr Mandant auf jeden Fall an der Mieterhöhung festhalten wolle und das Reglement den Richter nicht daran hindern dürfe, eine Entscheidung zu treffen. Wenn das Parlament die Einfrierung der Mieten per Gesetz bis Ende des Jahres verlängern werde, sei die Mieterhöhung eben erst ab dem 1. Januar 2021 gültig, meinte die Anwältin.

David gegen Goliath

Für den Mieter, der die Einhaltung des Mietgesetzes von 2006 vor Gericht einklagt, ist die Rechtslage eindeutig, wie er am Donnerstag noch einmal darlegte. Das Gesetz sieht vor, dass die Jahresmiete fünf Prozent des investierten Kapitals nicht überschreiten darf. Weil der Vermieter aber nicht alle Papiere über das investierte Kapital vorlegen kann oder will, hatte der Richter am 16. Januar eine Expertise bei einem Bausachverständigen in Auftrag gegeben, der das investierte Kapital ermitteln sollte. Dieser war aufgrund von Berechnungen zu dem Schluss gekommen, dass die gesetzliche Monatsmiete für die im Jahr 1957 gebaute Wohnung im hauptstädtischen Viertel Limpertsberg bei 268 Euro liegen müsse. Allerdings hatte der Experte sein eigenes Gutachten infrage gestellt, weil der Bauindex des Statistikamts Statec, auf den er sich in seiner Expertise berufen hatte, für solche Berechnungen nur bedingt geeignet sei. Deshalb hatte der Bausachverständige eine Untersuchung bei sieben Immobilienagenturen angestellt und ein zweites Gutachten auf Grundlage des aktuellen Marktwerts erstellt. Diesem zweiten Gutachten zufolge sollte die Monatsmiete für die möblierte Wohnung bei 1.825 Euro liegen.

Der Mieter, der sich selbst vor Gericht vertritt, forderte am Donnerstag zusätzlich zur Mietminderung eine Entschädigung von 10.000 Euro für den Zeitaufwand und die Urlaubstage, die er für den Prozess und in seine Vorbereitung investiert hat. Ferner befürchte er, dass sein Ruf wegen der Klage geschädigt werden könnte. Der Mieter versuchte, die Argumente der Gegenpartei noch einmal zu entkräften und seine Stellungnahme zum großherzoglichen Reglement in einen breiteren Kontext zu stellen. Da für ihn die Rechtslage eindeutig sei, komme nur eine Mietminderung infrage, so der Kläger, der sich als kleiner David im Kampf gegen einen bourgeoisen Immobilien-Goliath sieht. Sein Vermieter sei im Besitz von 14 Immobilien in bester Lage, trotzdem versuche er nun, noch eine Mieterhöhung durchzusetzen. Dabei stehe eine Mieterhöhung angesichts der Gesetzeslage gar nicht zur Debatte, betonte der Mieter. Das Gesetz sehe eindeutig vor, dass das investierte Kapital und nicht der Marktwert zur Berechnung der Miete herangezogen werden müsse.

Das Urteil soll nun am 18. Juni verkündet werden.