Tageblatt-SerieUnterwegs mit den FLF-Talenten: Das sind die kleinen Geheimnisse aus dem Minibus

Tageblatt-Serie / Unterwegs mit den FLF-Talenten: Das sind die kleinen Geheimnisse aus dem Minibus
Norbert Burelbach und seine Kollegen kennen sie alle – die Schleichwege Luxemburgs Foto: Editpress/Alain Rischard

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Inzwischen vergeht auf Luxemburgs Straßen wohl kein Tag, an dem man nicht mindestens einem FLF-Minibus begegnet: Schichtbeginn für das Fahrer-Team ist nach Schulschluss. Erst wenn der letzte Nachwuchsfußballer dann abends nach dem Training zu Hause abgesetzt worden ist, endet der Tag für Norbert Burelbach und Co. Im fünften Teil der Tageblatt-Serie steht der Idealist, Fußball-Liebhaber und freiwillige Helfer – stellvertretend für seine Kollegen – im Fokus.

Ohne sie würde die Fußballschule in Monnerich nicht so funktionieren, wie sie es tut. Die Rede ist von den 18 Minibus-Fahrern, die zwischen Luxemburgs Schulen, Monnerich und den Heimatdörfern der Spieler pendeln. Norbert Burelbach ist seit fünf Jahren für die FLF im Einsatz. Nachdem es zu Beginn nur ein bis zwei Tage die Woche waren, sitzt er mittlerweile fünfmal die Woche – oder mehr – am Steuer eines Neunsitzers. Vertraglich an den Verband gebunden sind die Fahrer nicht. „Man tut es nicht des Geldes wegen“, umschrieb er den kleinen Nebenverdienst.

Die meisten seiner Kollegen sind Rentner, für die der abwechslungsreiche Alltag mit Jugendlichen viel interessanter ist, als zu Hause zu sitzen. „Wenn etwas mehr los ist, kann es auch mal vorkommen, dass man sieben Tage die Woche fährt.“ Dazu gehört dann zunächst einmal, sich ab 13 Uhr auf den Weg zu den unterschiedlichen Gymnasien des Landes zu machen: Aus allen Ecken des Großherzogtums werden die Fußballer in die FLF-Talentschmiede gebracht. Meist bleibt den Fahrern dann noch Zeit, um sich im Pausenraum eine kleine Stärkung zu gönnen, ehe der zweite Tagesabschnitt wartet: Nach dem Training werden alle Jugendlichen zurück ins Internat oder zu bestimmten Treffpunkten gefahren, wo sie dann von ihren Eltern abgeholt werden. 

Die Stau-Experten

„Wir wechseln uns bei den Fahrten ab“, erklärt Burelbach. Den Dienstplan stellt FLF-Mitarbeiter Robert Bäumler auf: Wer beispielsweise am Abend um 21.00 Uhr nach Wiltz aufgebrochen ist, wird am nächsten Abend im Idealfall einer Schicht zugeteilt, die früher endet. „In den ersten Wochen war es kompliziert, die Schulen zu finden oder zu wissen, wo man stehen bleiben darf“, blickt Burelbach zurück. Doch die Minibus-Fahrer kennen alle Geheimnisse des nationalen Straßennetzes: „Man muss genau wissen, welche Strecke man nimmt, um dem Stau zu entgehen.“ Sich im Radio über die Verkehrslage zu informieren und die Staus mit Google-Maps zu überprüfen, ist in diesem Sinne quasi eine Pflichtaufgabe vor Schichtbeginn. Zudem ist auf das Wissen innerhalb des Teams Verlass: Nach vielen Dienstjahren sind die besten Schleichwege des Landes intern allen bekannt.  

Nicht nur, dass die FLF-Fahrer jeden Tag ein anderes Ziel in Luxemburg ansteuern, sie steigen auch jeden Morgen in eine andere „Navette“: „Manchmal ist das ganz schön nervig“, lacht Burelbach. „Jeden Tag müssen der Sitz und die Spiegel neu eingestellt werden.“ Das Gute ist aber, dass der Fuhrpark bei Schichtbeginn immer nahezu vollgetankt ist: Die Chauffeure sind mit Tankkarten ausgestattet worden und sorgen abends dafür, dass der Minibus am darauffolgenden Tag wieder Hunderte von Kilometern zurücklegen kann. „Ein Tank reicht für etwa 1.000 Kilometer.“ Im persönlichen Fahrtenbuch werden sämtliche Details vermerkt: vom Kennzeichen des jeweiligen Vans bis hin zu den Kilometerständen vor und nach der Abfahrt.

Hochgerechnet macht das bei Burelbach im Jahr etwa 35.000 Kilometer – alle im Dienste der Nachwuchskicker. Am Tag vor dem Interview hat der ehemalige Eigentümer einer Bäckerei zwei Jugendspieler nach dem Ende eines Trainingslagers in Mainz abgeholt – allein diese Fahrt betrug etwa 700 Kilometer. „Diejenigen, die beispielsweise in Gladbach im Internat angemeldet sind, werden nach Testspielen abends wieder zurückgebracht, denn am nächsten Morgen müssen sie wieder zur Schule.“ 

Über die Jahre baut man zu einigen eine gewisse Verbindung auf, besonders, wenn man einen Draht zum Spieler hat

Norbert Burelbach

So kommt es dann auch mal vor, dass es hinten im Bus sehr ruhig wird. „Manchmal wecken wir sie, wenn wir am Treffpunkt angekommen sind. Das Ganze ist für diese Jugendlichen mit einem enormen Aufwand verbunden. Sie stehen morgens früh auf, gehen zur Schule, kommen dann nach Monnerich zum Lernen und sind erst abends zu Hause. Da ist es nur normal, dass man müde ist.“ Burelbach, der in seinem Leben schon das Vereinsleben kennenlernte, zeigt großes Verständnis für die jungen Fußballer: „Talent allein reicht nicht, man muss kämpfen. Über die Jahre baut man zu einigen eine gewisse Verbindung auf, besonders, wenn man einen Draht zum Spieler hat. Uns kann man fast als zusätzliche Vaterfigur bezeichnen, denn wir verbringen viel Zeit miteinander.“

Keine Musikwünsche

Unvergessen ist für ihn das Funkeln, das er in den Augen derer sah, die den Nachwuchsmannschaften der FLF angehörten, die das neue Stadion einweihen durften. „Was ich allerdings nicht akzeptiere, sind Musikwünsche. Bei anderen Kollegen mag das funktionieren, doch bei mir nicht. Das liegt vielleicht auch daran, dass einige nicht mehr so gut hören“, meint Burelbach mit einem großen Lachen. „Ansonsten können wir uns wirklich nicht beschweren. Der Umgang ist respektvoll.“ Sonderlob gibt es für die Mädchen der Fußballschule, die nicht nur durch Etikette, sondern ebenfalls durch ihre ruhige Art aufgefallen sind.

Dass Burelbach das Autofahren als eine Art des persönlichen Yogas beschreibt, ist eigentlich die beste Voraussetzung, um im Alltagstrouble auf den Straßen gelassen zu bleiben: „Man darf sich nicht aufregen und nicht brutal fahren. Das bringt ohnehin nichts.“ In den fünf Jahren Amtszeit hat er nur einmal Post von der Polizei bekommen, als er mit 51 Kilometern pro Stunde geblitzt wurde. „Das nervt dann schon“, lacht er. Zahlen müssen die Fahrer für ihre Vergehen übrigens selbst. Kratzer hat er noch keine hinterlassen, lediglich ein Steinschlag auf der Autobahn wurde notiert. Dass er im Alltag von der FLF per GPS dauerüberwacht wird, stört ihn nicht. Im Gegenteil: „So muss niemand anrufen, um zu fragen, wo wir gerade sind. Ich sehe absolut keinen Nachteil darin. Wir benutzen diese Minibusse ja nicht, um den privaten Großeinkauf zu erledigen oder jemandem beim Umzug auszuhelfen.“ 

Man hat Verantwortung für diese Jugendlichen übernommen. Da kann man sie nicht einfach in einer Industriezone absetzen und weiterfahren …

Norbert Burelbach

Besonderen Wert legt er darauf, dass die jungen Kicker am abgemachten Standort aus dem Bus steigen. Ist ein Elternteil in Verspätung, dann wartet der Fahrer, bis der Spieler abgeholt wird. „Man hat Verantwortung für diese Jugendlichen übernommen. Da kann man sie nicht einfach in einer Industriezone absetzen und weiterfahren …“

Der Führerschein, ein Auszug des „Casier“, viel Zeit und ein Erste-Hilfe-Kurs: Das sind die Grundvoraussetzungen und Dokumente, die bei der FLF vorgelegt werden müssen, um im Team aufgenommen zu werden. „Falls sich jemand angesprochen fühlt, kann er sich gerne melden“, sagt Burelbach. Der Job bereitet ihm jedenfalls sehr viel Spaß: Die Minibus-Fahrer werden nicht nur in Gespräche über Fußball eingebunden, sondern bleiben täglich auf dem Stand der neuesten Play-Station-Spiele. „Wenn sie älter werden, geht es bei den Gesprächen hinten im Bus auch schon mal um Mädchen“, grinst er. Und in guter Gesellschaft vergeht die Zeit ja ohnehin viel schneller …

Die Serie

27. Januar: Entstehung und heute: das Konzept des CFN
31. Januar: Wie funktioniert das Scouting?
3. Februar: Der organisatorische Alltag in Monnerich (Teil 1, Teil 2)
7. Februar: Hinter den Kulissen: Physio (1), Studien und Fußball (2)
10. Februar: Transport: Unterwegs mit den Talenten
14. Februar: Die Mädchenabteilung in Monnerich
17. Februar: Das sagen die Absolventen