BahnhofsviertelUnsicherheitsgefühle und harte Fakten – Lydie Polfer über die Hunde-Attacke in Luxemburg-Stadt

Bahnhofsviertel / Unsicherheitsgefühle und harte Fakten – Lydie Polfer über die Hunde-Attacke in Luxemburg-Stadt
Bürgermeisterin Lydie Polfer äußerte sich am Montag zu dem Vorfall vom Wochenende, bei dem ein Hund einer Sicherheitsfirma in der Hauptstadt einen Mann biss und weggezogen werden musste Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Luxemburgs Bürgermeisterin Lydie Polfer hat sich am Montag zu dem Vorfall vom Wochenende geäußert, bei dem sich ein Hund einer Sicherheitsfirma in dem Bein eines Mannes verbissen hatte. Auf der Pressekonferenz blieben allerdings mehrere Fragen offen – vor allem die zur belegten Wirksamkeit der Einsätze der Firma.

Es war von Anfang an ein Streitthema: Seit Dezember 2020 patrouillieren im Viertel rund um den Hauptbahnhof nicht nur Polizisten – sondern auch Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma. Laut Hauptstadt-Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) war die Beauftragung der Firma die Reaktion auf eine Art „Hilfeschrei“ der Anwohner, erklärte sie auf der Pressekonferenz zu dem Thema am Montag. Denn die Bewohner würden sich nicht mehr sicher fühlen – häufig gebe es unangenehme und auch kriminelle Vorfälle in Form von Gewalt oder Anpöbeln, berichtete Polfer. Der Einsatz der Sicherheitsfirma in dem Viertel beschäftigt inzwischen sogar die Gerichte.

Seit dem Wochenende gibt es in dieser Diskussion ein neues Moment. Am Samstag gegen 22.20 Uhr kam es in der avenue de la Gare nach Angaben der Polizei zu einem Gerangel zwischen einem Mann und mehreren Mitarbeitern der Sicherheitsfirma. Ein Passant hat den Vorfall offenbar mit dem Handy gefilmt. Das Video zeigt, wie sich der Hund, der die Sicherheitsleute auf ihren Rundgängen begleitet, am Bein des Mannes festgebissen hat. Mehrere Menschen versuchen, das Tier von dem Mann wegzuzerren.

Das Video ist kurz – sorgt aber für großes Aufsehen. Die Grünen-Fraktion im Stadtrat schickte noch am Sonntagabend einen Fragenkatalog an den Schöffenrat. „Déi Lénk“ forderte am Montag den Rücktritt von Polfer und dem CSV-Schöffen Laurent Mosar. Polfer ging in die Offensive – und berief noch am Nachmittag eine außerordentliche Pressekonferenz ein. 

Justiz und Polizei untersuchen, wer verantwortlich ist

Dort war wenig von dem dramatischen Vorfall vom Samstag die Rede – stattdessen wollte die Stadt-Bürgermeisterin die Probleme des Bahnhofsviertels thematisieren. In selbigem machen sich immer mehr Drogendealer breit und „markieren und verteidigen“ aktiv ihr Revier, sagte Polfer. 

Der Schauplatz des Vorfalls vom Samstag ist – laut Polfer – ein „Umschlagplatz“ für Geschäfte im Zusammenhang mit Drogen. Ob der Gebissene in dem Video allerdings selbst mit Drogen zu tun hat, ist Polfer nicht bekannt. „Ich kenne ihn ja nicht persönlich“, so die Stadtchefin. Aber, weiß sie: Der Mann ist der Polizei „bekannt“. Zudem habe er möglicherweise eine Waffe getragen oder gezogen – sicher sei das allerdings aktuell nicht, so Polfer. 

Das Video zeige nur einen sehr kurzen Ausschnitt aus einem Geschehen, das mitunter 20 oder auch 30 Minuten gedauert habe, sagte Polfer. Mit einer „ordentlichen Videoüberwachung“ vor Ort sei der Vorfall zum Beispiel besser in ganzer Länge nachvollziehbar, erklärte sie. Es werde jetzt erst eine Untersuchung von Polizei und Justiz geben, die den Vorfall genauer einordnen soll. Dabei solle auch festgestellt werden, wer juristisch verantwortlich dafür sei. Der Hund konnte offenbar nicht durch ein Kommando gestoppt werden, mehrere Menschen mussten ihn von dem Mann wegziehen. Das Tier habe zwar einen Maulkorb getragen, allerdings sei es dem Hund gelungen, diesen während der Rangelei abzustreifen, sagte Polfer. 

Das ist kein Unsicherheitsgefühl, das sind Fakten

Lydie Polfer, Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg

Fragen nach der Wirksamkeit der Einsätze der Sicherheitsfirma brachten Polfer schließlich ins Straucheln. Während die Bürgermeisterin zu Beginn der Pressekonferenz noch betonte, dass es nicht um ein „Unsicherheitsgefühl“ gehe, „sondern um Fakten“, sagte sie über die Kriminalität, die die Sicherheitskräfte verhindert haben könnten: „Es ist immer schwer, etwas zu beweisen, das nicht passiert ist.“ Vorfälle, die durch das Wirken der Firma ausbleiben, seien demnach nicht nachweisbar, sagte sie.

Konkrete Zahlen, die einen Rückgang oder einen Anstieg von kriminellen Vorfällen belegen könnten, blieben auf der Presseveranstaltung allerdings aus. Stattdessen wurde die Stadtchefin nicht müde, von den Zuständen im Viertel zu berichten – Vorkommnisse, die ihr Anwohner zugetragen hätten. So hätten Mitarbeiter von Geschäften im Viertel zum Beispiel die Sicherheitsleute schon häufig gebeten, sie auf ihrem Weg nach Hause zu begleiten.

Der Vertrag mit der Sicherheitsfirma laufe noch bis zum 1. November, so Polfer. Ob er dann verlängert wird, sei noch nicht entschieden. Bis dahin wolle sie allerdings dafür sorgen, „dass die Bürger zu Wort kommen“ und ihre Sicht schildern könnten. „Es gibt keine Gemeinde, die so viel macht wie wir“, sagte Polfer. Sie unterstütze außerdem das Vorhaben der Polizei, neues Personal zu gewinnen, um künftig selbst verstärkt in dem Problemviertel präsent sein zu können. „Aber jetzt gerade sind sie eben noch nicht da.“

„Es kam leider so, wie wir es schon befürchtet hatten“

Gemeinderatsmitglied Christa Brömmel („déi gréng“) hat am Sonntagabend eine Anfrage an den Schöffenrat gestellt. Brömmel will wissen, wie der Vorfall bewertet wird und ob die Ausbildung der Wachleute und der Vertrag mit den Sicherheitsfirmen tatsächlich ausreichen, um eine gesetzeskonforme Bewachung des Viertels zu gewährleisten. Gegenüber dem Tageblatt erklärte Brömmel am Montagnachmittag: „Es kam leider so, wie wir es schon befürchtet hatten – ich bin aber auch schockiert von den Kommentaren in den sozialen Medien, in denen gesagt wird, dass der Sicherheitsbeamte sich ja verteidigen musste.“ Es sei bedenklich, was sich da an Meinungen manifestiere.

Es sei richtig, dass der Film nicht zeige, was vorher passiert sei – allerdings stelle sich die grundsätzliche Frage, was denn überhaupt der Mehrwert von Privatpatrouillen mit Hunden sei. Die Grünenpolitikerin fragt sich zudem, ob der Sicherheitsmann für einen Einsatz mit einem Hund ausgebildet gewesen sei – und ob der Hund dafür ausgebildet war. 

In der Diskussion um den privaten Sicherheitsdienst im Bahnhofsviertel sei vonseiten des Schöffenrats immer das Sicherheitsgefühl der Menschen als Argument hervorgehoben worden. Angesichts der Bilder müsse man sich aber fragen, wie es denn um die Sicherheit der vom Hund angegriffenen Person stehe, sagte Brömmel. (cmol)

„Nur Polizei und Feuerwehr fahren Einsätze“

„Man ist nicht immer froh, wenn man im Nachhinein recht hat“, sagte Gemeinderatsmitglied Tom Krieps (LSAP) am Montagnachmittag im Gespräch mit dem Tageblatt. Krieps hatte die Pläne des Schöffenrats in puncto private Sicherheitspatrouillen schon einige Male scharf kritisiert. „Wichtig ist vor allem eins: Es gibt keinen legalen Rahmen für den Einsatz der privaten Sicherheitsfirma“, sagte Krieps. „Solche Leute dürfen nur für punktuellen Objektschutz eingesetzt werden – im öffentlichen Raum haben sie die gleichen Rechte und Pflichten wie jeder, der etwas sieht, was nicht in Ordnung ist: Sie dürfen nur die Polizei rufen.“ Krieps stört, dass von einem „Einsatz“ der privaten Sicherheitsleute geredet würde. „Nur Polizei und Feuerwehr fahren Einsätze, nicht Privatleute“, sagte er. „Ebenso gut könnte man Nachbarschaftsmilizen aufstellen.“ 

Die Faktenlage selbst sei noch unklar – aber dem Opfer würde „quasi schon der Prozess gemacht, ehe er überhaupt vor einem Richter erscheint“. Was auch immer der Mann im Vorfeld getan habe, das ändere nichts an der Tatsache, dass es Aufgabe der Polizei sei, für Ordnung zu sorgen. Es sei nicht im Ermessen privater Sicherheitsleute, zu entscheiden, ob sie Gewalt anwenden dürften.

Krieps übte auch indirekt Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei: Diese sei zwar mit der Situation nicht zufrieden – tue aber trotzdem alles, um der privaten Firma den Rücken zu decken, indem sie Informationen freigebe. (cmol)

Undine
8. September 2021 - 13.23

@Pol "Wenn ich im Bahnhofsviertel bin, habe ich meinen eigenen schwarzen Hund dabei. Ich bin noch nie blöd angeredet worden, es hat noch nie einer versucht, mir Drogen zu verkaufen. Es ist mir jedoch aufgefallen, dass der eine oder andere Zeitgenosse die Strassenseite gewechselt hat." D'Rassiste wiesselen d'Stroossesäit, wann e Schwaarzen hinnen entgéint kënnt.

Victor
8. September 2021 - 13.21

@Pol "Wenn ich im Bahnhofsviertel bin, habe ich meinen eigenen schwarzen Hund dabei..... Es ist mir jedoch aufgefallen, dass der eine oder andere Zeitgenosse die Strassenseite gewechselt hat." Kein Wunder, Ihr Hund ist ja schwarz.

werner
8. September 2021 - 13.18

Also lo mol éierlech, d'Summerlach ass eriwwer, w.e.g. keng Noriichte méi wann en Hond a Mann bäisst, dat ass normal. Bericht léiwer wann e Mann en Hond bäisst.

J.C. Kemp
8. September 2021 - 8.57

Sicht emol iwwert de Begrëff Sécherheetstheater, safety theater no, wéi dat agesaat get, fir d'Leit ze manipuléieren. 'Sécherheetsgefill' ass eppes subjektives a wéi all Gefiller kann et fir populistesch Zwecker gebraucht gin: Mir brénge Sécherheet! (Wielt ons.)

Romain
8. September 2021 - 6.50

Gudden, objektiven Artikel am Tageblatt! All Politiker gëtt zitéiert a konnt sech domat an dëser Affair positionnéieren. Elo soll eng Enquête klären, wéi et zu dësem Virfall konnt kommen. Et ass hei net un der Plaz fir Polémique ze bedreiwen. A mengen Aen huet d‘Mme Polfer ganz richteg reagéiert an de Minister Kox huet e schwaacht Bild ofginn. Och der Mme Brömmel hier Reaktioun ass iwwerdriwen a vun de Lénken net ze schwätzen….. Wat den Här Krieps seet, ass natiirlech net vun der Hand ze weisen. De Staat huet an eiser Demokratie nun emol de Machtmonopol. An dat ass och richteg esou.

Fern
7. September 2021 - 17.49

Traureg wat dei Greng an Lsap an der stad opfeiren. Oet wier besser sie geifen sech oemt dei ehrlech bierger koemeren ewei dei kriminel ze vergoetteren. Oet gin eng partie ehrlech Leit dei vun Tuettelsaffekoten einfach an der fosse communal vun der stad letzebuerg verscharrt ginn, an d'famil goet ereischt iwert den dout vun dir persoun informeiert duerch een computerschreiwes vum enregistrement 1 mount nom dout. En hond goet mei anstaenneg begruewen. Mais fir eenzel politiker sinn dei kriminell jo mei wichteg.

Therese
7. September 2021 - 17.24

a wou kommen déi Kriminell e bémol hier???? Komesch. Nom Motto "die Geister die ich rief,werd' ich nicht mehr los". Ech hun d'Impressioun wei wann d'Regierung total versot hätt..

Patrick W.
7. September 2021 - 15.21

@Paul … an Bausch !

Paul
7. September 2021 - 14.29

d'Staat ass dat wat Helminger, Bëttel an Polfer draus gemach hun.

Ruitor
7. September 2021 - 12.09

Früher blieb ein normaler Mensch , vor einem ihn ansprechenden Sicherheitsmann und dessen Maulkorb tragenden Wachthund problemlos stehen. Heute würde ich allen Sicherheitsleuten raten eine Kamera auf sich zu tragen , um jeder böswilligen Anschuldigung egal welcher Art aus dem Wege zu gehen.

Patrick W.
7. September 2021 - 11.23

D'Gare ass haut reng optesch, net grad chic ouni Gréngs fir dohinner ze goen. Bëtong, Dréck an knaschtegt Moos vum TRAM-Dekor. Dann lénker Hand, keng Beem méi an der Aler Avenue. Vill Geschäfter stinn eidel. Kaméidi. All puer Minutten zermürbend Gedröhns vun engem Cargo-Fliger. D' rue d' Alsace als Passage, verdrängt fortgebaut - ass net méi do. Keen Foussgänger-Iwwergang Pont Buchler op Gasperech. Alles an allem, et geet en net dohinner wann en net onbedéngt muss. Do wou keen méi wëll hin goen... iwwerléisst en automatesch den Terrain "ganz aner Gesellschaftsschichten".

Pol
7. September 2021 - 11.08

Wenn ich im Bahnhofsviertel bin, habe ich meinen eigenen schwarzen Hund dabei. Ich bin noch nie blöd angeredet worden, es hat noch nie einer versucht, mir Drogen zu verkaufen. Es ist mir jedoch aufgefallen, dass der eine oder andere Zeitgenosse die Strassenseite gewechselt hat.

Een aus der Staat
7. September 2021 - 10.59

[gelöscht] -------------------- Bei aller Kritik: Bitte äußern Sie sich sachlich und eindeutig und verzichten Sie auf unverständliche Verklausulierungen. - Beste Grüße aus der Redaktion

jean-pierre goelff
7. September 2021 - 9.44

Ech huëlen dach awer un,dass diën Mupp an och sein Meeschter nemmen hir Aarbicht gemeet hun,oder?Wann deï,,ugegraffen,an besstëmt friedlich Persoun sech uërdentlich opgefouërt hät,dann wir neischt geschit!Mee,kuckt emol,hei am Frankreich gin et och keng Banditen,mee nemmen ganz roosen an ugreffig Polizisten!

Willi
7. September 2021 - 9.36

[Passage gelöscht] D'Gare ass op engem Déifpunkt wéi nach ni, neischt huet d'Police méi am Grëff,Schold ass deen Superjemp vun gréngem Minister,soll direkt sein Hut huelen, ësou ëppes ass nëtt méi tragbar an politësch eng Null. Just nach gréng Privilegien. Daat ass den Image vun Luxusbuerg. ------------------------------------------ Eine Passage aus Ihrem Kommentar haben wir gelöscht, da er eine Vorverurteilung beinhaltete. Bitte argumentieren Sie sachlich. - Grüße aus der Redaktion

Wieder Mann
7. September 2021 - 8.15

Wenn der grüne Minister Kox auf die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit pocht , sollte er auch so vehement sich für die Sicherheit der Bürger pochen. Wer nicht hinter dem grünen Mond lebt und mit offenen Augen durch so manche Stadt wandert oder radelt , dem wird klar wieweit es um unsere Sicherheit bestellt ist. Auch wenn unsere Medien nur sporadisch über die Missetaten unserer kriminellen Gesellen berichten, unser Sicherheitsgefühl ist hin. Spätestens seit den letzten Vorfällen der letzten Monate wissen wir, das nachsichtige und entschuldigende System der Aburteilung von Kriminellen gescheitert ist, fremde Banden den luxemburgischen Ganoven verdrängt, die Polizei von der Polizei zur Statistenrolle verdammt wurde . Es stört , wenn im Sinne der Rechtsstaatlichkeit unsere Polizei und Sicherheitskräfte mehr überwacht werden, sie sich nicht im Sinne der fortschrittlichen Rechtsstaatlichkeit wehren, handeln als die kriminellen Banden und Gesellen.Mir liegt sehr an Rechtsstaatlichkeit, wenn aber die Sicherheit der Bürger immer mehr in den Hintergrund rückt, ist mir Überwachung und starkes Handeln lieber.

JC
7. September 2021 - 8.04

Ech wunnen an der Staadt, an ginn net méi opd Gare…. Ausser ech muss onbedengt. An dann hunn ech Hand um Portemonni, meng Fra hued keng Bijouen un, an ech kucke mer genau déi Leit un déi em mech sinn. Hu mir dat néidech? Ech ginn dem Lydie 100% Recht. Herr Kox, macht endlech eppes!! Déi nei Policiets déi 2022 agestallt solle ginn, sinn nach ze forméieren, d.h. Firun 2023 ass neischt neies ze erwarden.