SerienrezensionSwarm: Vom trostlosen Alltag zum mordlustigen Roadtrip

Serienrezension / Swarm: Vom trostlosen Alltag zum mordlustigen Roadtrip
Andrea (Dominique Fishback) geht für ihr Idol im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen Foto: Screenshot/YouTubeKanal von Prime Video

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Wie weit würde ein fanatischer Fan für sein Idol gehen? Dieser Frage gehen Janine Nabers und Donald Glover in der neuen Prime-Serie „Swarm“ nach. Darin nimmt die Obsession einer jungen Frau mit einer Pop-Ikone eine düstere Wendung. Wer streamingmüde ist und Serien nach dem immer gleichen Rezept satt hat, sollte unbedingt einen Blick in diese scharfsinnige Horrorsatire werfen.

Für die junge Andrea (Dominique Fishback) läuft es mehr schlecht als recht: Sie hat weder Familie noch Freunde, hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und hat keine wirklichen Perspektiven. Ihr einziger Lichtblick ist der weltweit gefeierte Popstar Ni’Jah (Nirine S. Brown), den Andrea über alles verehrt. Um sich der trostlosen Wirklichkeit zu entziehen, flüchtet die Außenseiterin in die sozialen Medien. Dort kann sie sich mit Gleichgesinnten über ihr Idol austauschen.

Andreas einziger Bezug zur Realität bildet ihre beste Freundin Marissa (Chloe Bailey). Die gemeinsame Liebe zu Ni’Jah führte die beiden damals zusammen; als Jugendliche haben sie zu Ehren der Sängerin sogar einen Fan-Account erstellt – den Andrea seither mit größter Aufmerksamkeit pflegt. Während Marissa dieser Teenie-Obsession entwachsen ist, hat sich Andreas Besessenheit nur intensiviert. Als Marissa aus tragischen Gründen von der Bildfläche verschwindet, hat Andrea fortan nichts mehr zu verlieren. Sie widmet ihr Leben nun voll und ganz ihrem Idol und legt sich mit jedem an, der es wagt, Ni’Jah zu kritisieren. Somit begibt sich die Protagonistin auf einen mörderischen Roadtrip quer durch die USA.

Anspielungen auf die Popkultur

Auf ihrer Reise begegnet Andrea allerhand Leuten: Stripperinnen, einer Sekte und sogar einer potenziellen Freundin. Doch die Einzelgängerin verliert nie ihr Ziel aus den Augen: ihr Vorbild zu treffen. Um dies zu erreichen, geht sie über Leichen – sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinne. Die Figur der Ni’Jah ist nicht zufällig der Pop-Ikone Beyoncé nachempfunden. Bereits der Titel der Serie „Swarm“ verweist auf Beyoncés Fangemeinde, die sich selbst als „Bey Hive“ und ihr Idol als „Queen B“ bezeichnet. Aber auch Anspielungen auf Beyoncés Musikvideos oder ihren legendären Coachella-Auftritt sind zu finden. Neben diesen frappanten Parallelen zu Beyoncé treten auch hochkarätige Prominente aus der Popwelt auf: von Chloe Bailey über Paris Jackson bis hin zu Billie Eilish.

In „Swarm“ fließt schon Blut, doch der Horrorfaktor hält sich in Grenzen
In „Swarm“ fließt schon Blut, doch der Horrorfaktor hält sich in Grenzen Foto: Quantrell D. Colbert/Prime Video

Die Popstars machen in ihren Rollen keine schlechte Figur. Vor allem Bailey kann trotz ihres kurzen Auftritts durch ihre Authentizität überzeugen. Getragen wird die Serie aber primär von der schauspielerischen Leistung der Hauptdarstellerin. Dominique Fishback blüht in der Rolle der kaltblütigen Außenseiterin förmlich auf und verleiht ihrer Figur gleichzeitig Tiefe. So lässt sich hinter der rauen und blutrünstigen Fassade ein einsamer, nach Halt suchender Mensch erblicken. Janine Nabers und Donald Glover thematisieren anhand der Geschichte einer Serienmörderin den zeitgenössischen und in weiten Teilen toxischen Starkult, der insbesondere in den sozialen Medien vorherrscht. Dazu bedienen sie sich eines satirischen Untertons und innovativer Erzählformen. Eine Folge ist etwa als Mockumentary angelegt, in dem eine eifrige Polizistin der Serienmörderin auf der Spur ist. Dabei greifen die Macher*innen die heutzutage beliebten True-Crime-Formate auf und loten zugleich die Grenzen zwischen Fiktion und Realität aus.

Neben Fishback, die in der Hauptrolle brilliert, und originellen Kunstgriffen besticht die Serie durch eine aufreibende Erzählweise sowie einen mitreißenden Original-Soundtrack – bezeichnenderweise mit musikalischen Anklängen an Beyoncé. Zudem sind die körnigen Bilder mit ihren starken Kontrasten und satten Farben ein wahrer Augenschmaus. Gerade in der Serienlandschaft stellt die Verwendung von analogem Filmmaterial nämlich eine Rarität dar. Auch wenn „Swarm“ teilweise brutale Momente beinhaltet, hält sich der Gruselfaktor in Grenzen, sodass die schwarze Komödie nicht nur für Horror- und Thrillerfans ein Muss ist.

Zur Serie

„Swarm“ von Janine Nabers und Donald Glover
Mit Dominique Fishback, Chloe Bailey und Nirine S. Brown u.a.
Dauer: sieben Episoden von je 35 Minuten
Auf Amazon Prime Video zu sehen