„D’Stad lieft“ – oder?Standbesitzer und Marktleute ziehen die Bilanz des Alternativprogramms

„D’Stad lieft“ – oder? / Standbesitzer und Marktleute ziehen die Bilanz des Alternativprogramms
Eine kleine Viertelkirmes ist nicht zu vergleichen mit der echten „Schueberfouer“, dessen sind sich Luxemburgs „Forains“ einig, und doch: Das Alternativprogramm hat wenigstens einen kleinen Teil der saisonalen Einnahmen gesichert Foto: Editpress/Laura Tomassini

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Eine Stadt, die lebt – dies ist das gewohnte Bild von Luxemburg im Sommer. Dieses Jahr war es aufgrund der Corona-Pandemie jedoch ruhig in den Gassen um die „Plëss“, den „Knuedler“ und Co. Vor allem der Ausfall der alljährlichen „Schueberfouer“ hinterließ ein riesiges Loch im Herzen des Landes. Was für Besucher allerdings einfach nur ein paar eher Event-lose Monate bedeutete, war für Schausteller und Marktleute ein tiefer Schlag. Um ihnen dennoch die Möglichkeit zu bieten, ihre Stände aufzustellen, initiierte die Stadt Luxemburg das Alternativprogramm „D’Stad lieft“ an mehreren Orten im Zentrum. Kurz vor Schluss der Initiative zogen die Luxemburger „Forains“ am vergangenen Mittwoch die Bilanz.

„Egal, was man getan hätte, nichts ersetzt die übliche Saison.“ Diesen Satz gab es am 9. September vielerorts an den Marktständen der Stadt zu hören. Noch vier Tage standen bis Ende des Alternativprogramms „D’Stad lieft“ bevor, das Fazit nach fast zwei Monaten des Ausstellens konnten die Schausteller allerdings schon ziehen. Ein Jahr ohne „Oktavmäertchen“, Kirmessen und „Fouer“ – der absolute Horror für jeden Standbetreiber, denn die Events stellen neben Weihnachten die Haupteinnahmequelle für die Luxemburger „Forains“ dar. Ob es im Winter Märkte geben wird, steht derzeit noch in den Sternen. Die Verluste der Sommersaison sind allerdings deutlich zu spüren, besonders für jene, die seit Jahren ihren Stammplatz auf dem „Glacis“ reservieren. „Wir sind seit zehn Ausgaben bei der Schueberfouer dabei. Dieses Jahr haben wir 90 Prozent weniger Umsatz gemacht als sonst. Es war für uns daher wirklich eine komplett negative Erfahrung“, meinte die Betreiberin des Mineralladens „Terrapractica“ aus Rambruch.

Zwar seien sie und ihr Mann keine echten Schausteller, die großen Veranstaltungen stehen beim Ehepaar Schanz dennoch jährlich auf dem Programm. Die „Fouer“ nochmals im Kleinen miterleben, wolle man nicht: „Unsere Stammkundschaft ist zwar erschienen, aber die wäre auch zu uns in den Laden gekommen. Hätten wir dazu noch einen Angestellten, dann hätten wir nur Defizite gemacht. So ging das Ganze für uns null auf null auf, aber unter dieser Form werden wir keinen Markt mehr mitmachen.“ Etwas weniger pessimistisch fiel dagegen die Bilanz von Anna Hary aus. Sie und ihr Mann Charles Hary, Präsident der „Fédération nationale des commerçants forains“ (FNCF), betreiben seit 35 Jahren den Süßwarenstand „Confiserie Hary“ und mussten dieses Jahr ebenfalls vom Glacis zur „Gëlle Fra“ umziehen. „Es ist zwar definitiv nicht die Fouer, aber wir sind zufrieden. Dieses Jahr war eh alles schwierig, da mussten auch wir dadurch“, meinte die Standbetreiberin.

Sorge um das Comeback

Aufgrund der von der Stadt nicht eingeforderten Platzgebühr hielten sich die Kosten für den Stand in Grenzen, und auch die Klientel zeigte sich dankbar: „Es war eine sehr variable Kundschaft. Die ersten 14 Tage kamen sehr viele Holländer und generell besuchten andere Touristen die Stadt als sonst, sodass es für uns mal eine neue Erfahrung war.“ Vor allem aber den Wermutstropfen der Lockdown-Monate konnte „D’Stad lieft“ wenigstens etwas auffangen. „Dieses Frühjahr war so schönes Wetter und wir durften nicht raus, das hat uns richtig im Herzen wehgetan. Es war einfach zum Weinen“, so Hary. Für das Paar wäre es dieses Jahr die 35. Schobermesse gewesen, an der es mit seinen Süßwaren teilgenommen hätte. Das Alternativprogramm konnte mit dieser Tradition zwar bei weitem nicht mithalten, als „Forain“ wäre man dennoch überglücklich darüber, 2020 überhaupt an einer Kirmes teilnehmen zu dürfen, meinte ebenfalls der FNCF-Präsident: „So haben wir wenigstens etwas Geld verdient und konnten einen Teil unserer Kosten decken. Alles ist besser als gar nichts.“

Fast alle rund 45 Luxemburger „Forain“-Familien waren dem Aufruf der Stadt Luxemburg gefolgt und hatten ihre Buden in den Vierteln der „Stad“ aufgestellt. Nur die großen Restaurationsstände mussten diesen Sommer komplett pausieren, da auf den verschiedenen Teilen der „Quartierskiermes“ der Platz mangelte und Covid-Regelungen das Geschäft mit größeren Menschenmengen deutlich erschwerten. Für die kommende Saison im nächsten Jahr erhoffe man sich wieder ein normales Standleben, so Charles Hary, doch die Sorge um das Comeback sei spürbar: „Wir müssen quasi wieder bei null anfangen, da wir nicht wissen, ob und wie die Leute die normalen Kirmessen schätzen werden. Viele haben immer noch Angst.“ Einen Vorgeschmack wird es für die Standbetreiber wohl am 18. September geben, denn dann startet die erste Kirmes der Saison in Echternach.

Als Präsident der „Fédération nationale des commerçants forains“ weiß Charles Hary die Bemühung der Stadt Luxemburg und anderer Gemeinden um das nationale Kirmesleben zu schätzen
Als Präsident der „Fédération nationale des commerçants forains“ weiß Charles Hary die Bemühung der Stadt Luxemburg und anderer Gemeinden um das nationale Kirmesleben zu schätzen Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Unterstützung der Gemeinden

Für den FNCF-Präsidenten war „D’Stad lieft“ aber auf jeden Fall eine Notlösung, deren Initiatoren und Unterstützern es zu danken gilt: „Es gab zwar keinen riesigen Andrang, vor allem am Anfang, als die Situation noch kritisch war, aber die Leute haben mitgemacht und an den Ständen auf der ,Kinnekswiss‘, an der ,Gëlle Fra‘ oder im Merler Park war die Stimmung gut. Ich muss mich im Namen aller ,Forains‘ deswegen bei den Gemeinden bedanken, die uns eine Kirmes, wenn auch im kleinen Rahmen, ermöglicht haben.“ Nun gelte es abzuwarten, wie die Entscheidungen zu den jeweiligen Weihnachtsmärkten ausfallen und auf bessere Zeiten zu hoffen. Bis dahin wollen Luxemburgs Standbetreiber weiterhin ihrem Lebensstil treu bleiben und dorthin ziehen, wo man ihnen einen Platz einräumt. Ob sich die Wintersaison schlussendlich als rentabler gestaltet als der Corona-Sommer muss sich zeigen. Doch eines ist mittlerweile deutlich geworden: Ein Jahr ganz ohne Veranstaltungen und Märkte will Luxemburg auch in Zeiten von Covid nicht akzeptieren, denn trotz Virusangst und Social Distancing ist eine Stadt nur eine Stadt, wenn sie auch lebt.

Gronnar
14. September 2020 - 15.06

D'Stad lieft, den Handel ass dout.

Gruß aus dem Ausland
13. September 2020 - 22.40

Nur noch Fahrräder und e Roller. Traurige grüne Stadt. Früher war wenigstens noch Live Musik in den Kneipen. Die Wirte verscheuchen die Leute bereits um 23:30 von den Terassen aus Angst vor dem Polizeistaat. Schande, Stadt was aus dir geworden ist. Vielleicht gut für ein paar neue Kneipen in unseren Dörfer.