Escher GeschäftsweltSchöffe Pim Knaff über Sicherheit, Sauberkeit und das omnipräsente Esch-Bashing 

Escher Geschäftswelt / Schöffe Pim Knaff über Sicherheit, Sauberkeit und das omnipräsente Esch-Bashing 
Das Herzstück der Stadt Esch: die Alzettestraße Foto: Editpress/Alain Rischard

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Am Samstag steht in Esch mit dem „Hierschtmoart“ der letzte Straßenverkauf des Jahres an. Um den Einzelhandel ist es in Zeiten von Corona nicht gut bestellt. Schon vor der Pandemie sah es rund um die Alzettestraße nicht besonders gut aus. Vor gut einem Jahr hatten die Gemeindeverantwortlichen deshalb ein Konzept zur Revitalisierung des Stadtzentrums vorgestellt. Was ist daraus geworden? Der zuständige Schöffe Pim Knaff (DP) bezieht im Gespräch mit dem Tageblatt Stellung.     

„Eine Alzettestraße wie vor 30 Jahren kriegen wir nicht mehr hin“, ist Pierre-Marc Knaff, genannt Pim, formell. „Die Zukunft liegt in einem Mix aus Einzelhandel, Dienstleistern, Gastronomie und Freizeitgestaltung.“ Die Zeiten haben sich geändert. In der Tat werden die Einkaufszentren außerhalb der Städte immer zahlreicher und auch immer größer. Zudem leidet der Einzelhandel schwer unter dem Online-Shopping. Nicht zuletzt die Corona-Krise bescherte Amazon und Co. Rekordgewinne. Derweil geht in den Innenstädten das „Geschäftesterben“ weiter. Nicht nur in Esch, wo am vergangenen Samstag mit „Butlers“ ein weiteres beliebtes Ladenlokal seine Niederlassung in der Alzettestraße für immer schloss, sondern auch in den meisten vergleichbaren Städten im In- und Ausland.

Ein Patentrezept zur Revitalisierung des Geschäftslebens gibt es nicht. „Die Gemeinde kann den Rahmen setzen“, sagt Knaff, „wir können für die Sauberkeit, die Attraktivität des Umfelds sorgen, für Animation. Aber für den Rest sind die Geschäftsleute verantwortlich.“ Der Schöffe für wirtschaftliche Entwicklung, seit Februar dieses Jahres auch Parlamentsabgeordneter, verweist auf die im Oktober 2019 vorgestellten Maßnahmen im Kampf gegen den Leerstand. Damals ergab eine Erhebung, dass rund 100 Ladenräume im Zentrum der Stadt leer standen. Daran hat sich trotz „Claire“ („Concept local d’activation pour la revitalisation commerciale d’Esch“) und Co. nichts geändert. „Man braucht nicht zu meinen, in knapp einem Jahr das Versäumte der letzten 20 Jahre nachholen zu können“, wirft Knaff den früheren Gemeindeverantwortlichen Passivität vor.

Pim Knaff: „Wir wollen, dass das Zentrum lebt“
Pim Knaff: „Wir wollen, dass das Zentrum lebt“ Foto: Editpress/Alain Rischard

Zudem kam die Corona-Krise und der zweimonatige Lockdown dazwischen. Die langfristigen Konsequenzen  auf die bestehende Geschäftswelt können noch nicht abgeschätzt werden. Außerdem schreckt die Pandemie von Neueröffnungen ab. Auch die Hoffnung, die Corona-Krise würde zu einem Umdenken im Konsumverhalten der Menschen weg vom Onlinehandel hin zu lokalen Anbietern führen, scheint sich nicht zu erfüllen. Und so werden die Sorgen um die Attraktivität der Geschäftswelt in Esch nicht kleiner. Denn es ist nicht nur der Leerstand, sondern auch die Art des Angebots, die viele potenzielle Kunden beklagen. Einen Elektroladen zum Beispiel sucht man seit der Schließung von Hifi International, Darty, Ricci und zuletzt Electro Kill vergeblich. „Auch das regelt der Markt“, sagt Pim Knaff. „Es ist nun mal so, dass die Gemeinde weder  Einfluss auf die Art der Geschäfte noch auf die Mieten hat.“ Die seien mitunter happig, weiß der DP-Politiker. Auf rund zwei Drittel des Niveaus der Hauptstadt schätzt Knaff die Mieten in den Escher Geschäftslokalen ein. Viele Eigentümer hätten es zudem aus finanzieller Hinsicht gar nicht nötig, die Häuser zu vermieten. So beharren sie auf den Preisen. Wenn sie die nicht erzielen, dann bliebe das Ladenlokal eben leer. Ein weiteres Problem sei der Zustand der Lokale. In vielen sei jahrelang nicht mehr investiert worden, so Knaff.

Der Gemeinde selbst gehören lediglich sechs Ladenlokale auf dem gesamten Gebiet der Stadt. Dementsprechend niedrig ist der Einfluss. Es gehört zur Strategie der schwarz-grün-blauen Koalition, zukünftig vermehrt Geschäftslokale aufzukaufen. Man sieht das einerseits als Wertanlage und andererseits als Mittel, stärker Einfluss zu nehmen. Wie beim Pop-up-Store am unteren Ende der Alzettestraße. Der soll jungen Unternehmern für wenig Geld eine Plattform zur Präsentation geben, aber auch etablierten Firmen die Möglichkeit, den Geschäftsstandort Esch zu testen. Am 1. Oktober jedenfalls ist die Eröffnung geplant. Diesen Teil der Alzettestraße sieht Knaff als Hoffnungsschimmer, während die nahe liegende Brillstraße und zuletzt die Avenue de la Gare zu den Problemzonen gehören. 

Sicherheit, Sauberkeit und Fahrräder

Die Avenue de la Gare wird auch gerne als schlechtes Beispiel genannt, wenn es um die Sicherheit in Esch geht. Zwar sieht man immer wieder Polizeiwagen durch das Zentrum fahren, Fußpatrouillen sind aber eher rar. „Ich glaube nicht, dass Esch unsicherer als andere Städte ist“, sagt dazu Pim Knaff. „Was Fußpatrouillen angeht, so ist die Alzettestraße lang.“ Ein weiteres Problem für potenzielle Einkaufskunden sind ganz offensichtlich die vielen Radfahrer in der Fußgängerzone. Eigentlich müssten sie absteigen, was aber die wenigsten tun. Eine echte Handhabe habe man auch hier nicht, sagt Knaff, genau wie bei Abfallsündern: „Fragen Sie doch bei Taina Bofferding (Innenministerin, d. Red.) nach, wie es um das Gesetz zur Erweiterung der Kompetenzen der ‚agents municipaux‘ steht.“ Wenn dort nichts geschehe, dann könne man auch nichts sanktionieren, so Knaff. 

Was ihn und viele Escher ebenfalls auf die Palme bringt, ist das regelmäßige „Esch-Bashing“, das Schlechtreden der Stadt. „Wir wissen ja, dass nicht alles perfekt ist. Aber was da läuft, hat System.“ Als Beispiel nimmt er das RTL-Interview mit Nicolas Henckes, dem Präsidenten des Handelsverbands CLC, vom Mittwoch. Aus einem harmlosen Nebensatz über die coronabedingten Probleme der Geschäftswelt auch in Esch machte der Sender einen reißerischen Titel: Die Situation in Esch sei schlimm, hieß es. „Henckes hat das aber gar nicht gesagt. Ich frage mich, was die davon haben.“ So was schrecke potenzielle Kunden von außerhalb ab, genau wie die „Stigmatisierung“ von Kanton und Stadt mittels der „Corona-Karte“. „Man hätte die Bürgermeister zuvor über die Publikation ins Bild setzen müssen. Und mit Informationen versorgen müssen, denn es gibt ja Gründe, dass es so ist. Dann hätte man als Gemeinde auch offensiv kommunizieren können. So allerdings wurde lediglich das schlechte Image bedient“, so Pim Knaff. „Schlussendlich aber wollen wir, dass das Zentrum lebt.“

„Drupi’s“ an neuer Adresse

Eine Erfolgsgeschichte in der Escher Geschäftswelt ist zweifellos das „Drupi’s“. Deswegen wird die Vinothek in der Alzettestraße auch umziehen und auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein neues, größeres Lokal beziehen. Neu im Zentrum ist ebenfalls eine Loungebar mit dem Namen „La Suite“ in der rue Boltgen. Auch in der Dicksstraße gibt es ein neues Kleidergeschäft. Der Pop-up-Store der Gemeinde mit sechs Geschäften (u.a. ein „Chocolatier“ und ein „Traiteur“) in der Alzettestraße wird am 1. Oktober eröffnet.
Die neuesten Zahlen führen für Esch 704 Geschäfte, aufgeteilt in folgenden Branchen: 193 Dienstleistung, 278 Einzelhandel (darunter 137 Filialen und Franchisen), 6 Hotels, 106 Restaurants, 32 Imbisse, 63 Cafés und Eisdielen, 26 Bars und Musikklubs.
Im Zentrum gibt es offiziellen Zahlen nach 357 Geschäftslokale, wovon 73 (20,4%) leer stehen. In der Alzettestraße sind von 131 Läden 18 nicht besetzt (13,7%). 

Erfolgsgeschichte: Das „Drupi’s“ platzt des Öfteren aus allen Nähten und zieht deshalb auf die andere Straßenseite in ein größeres Lokal um
Erfolgsgeschichte: Das „Drupi’s“ platzt des Öfteren aus allen Nähten und zieht deshalb auf die andere Straßenseite in ein größeres Lokal um Foto: Editpress/Alain Rischard

Galup
11. September 2020 - 15.19

Bashing ist eine billige Ausrede wenn man die Wahrheit nicht akzeptieren kann/will. Esch "peift am läschte Lach". Losgelöst vun einer wirren LSAP-Politik, weitergeführt vun einer inkompetenten CSV-Politik. Wer zahlt die Zeche? Der Escher. Und die werden immer weniger......

viviane
11. September 2020 - 15.06

Von den Kommunisten und Sozialisten zu den Pfaffen. Wahrlich, wahrlich, ein Untergang.

Fäerber
11. September 2020 - 15.05

Et gëtt nach eng Geschäftswelt zu Esch?

Realist
11. September 2020 - 15.00

Böswilliges "omnipräsentes Esch-Bashing" sehe ich nicht, dafür um so mehr ehrliches, meist sogar peinlich berührtes Bedauern über den katastrophalen Niedergang einer Stadt, die einst tatsächlich etwas Besonderes (im positiven Sinne) war. Nicht genehme Fakten als "Bashing" abzutun aber war und ist immer noch die wohlfeilste Methode, sie ignorieren zu können.

Turmalin
11. September 2020 - 12.15

Esch ist eben 'speziell'. Mein Onkel hat auf dem Bahnhof gearbeitet als es da noch eine öffentliche Toilette gab in den 80ern. Sie wurde geschlossen, weil alle paar Tage eine Overdose-Leiche da gefunden wurde. Lokalkolorit eben.

Baerchen
11. September 2020 - 11.52

Belleg Ausrieden Herr Knaff awer bei de Wahlen Jeitzen ech machen Hei an do an Elo 10 Schrett no Hannen goen och Claire rett Esch net an dann 20 J Zereck oder ministesch uugreifen As Als Avecot Armuts Zeugniss

Grober J-P.
11. September 2020 - 10.19

Wie sagte Frau .... Schuhverkäuferin, mit dem Verkauf von 3 Paar Schuhen am Tag kann ich keine Miete bezahlen, mache dicht. Ich darf meine Marke jetzt per Internet bestellen, funktioniert ohne Probleme, leider nicht über Letzshop.