GeschichteSchicksalsweg einer jüdischen Familie aus Schifflingen

Geschichte / Schicksalsweg einer jüdischen Familie aus Schifflingen
Stolpersteine der Familie Cerf Foto: Olivier Bouton 2021

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am 23. April 2021 wurden in Schifflingen, auf Initiative der Schifflinger Sektion der „Ligue luxembourgeoise des prisonniers et déportés politiques“ (LPPD), der Gemeinde und des Autors dieses Textes, zum Andenken an die jüdische Familie Cerf drei „Stolpersteine“ verlegt. Der folgende Artikel widmet sich ihrem Schicksalsweg.

Salomon Cerf wurde am 11. November 1882 in Schifflingen geboren. Er wurde Metzgermeister und zu einem angesehenen Mitglied der Gemeinde. Mehrere Male wählte ihn der Gemeinderat in die Verwaltung des Wohltätigkeitsbüros und als Steuerverteiler. Cerf kandidierte auch selbst für die Ratsmitgliedschaft. 1917 erhielt er 44 Stimmen. 1899 meldete sich Cerf als Mitglied des Fahrrad-Touring-Clubs. Er war Gründungsmitglied der Schifflinger „Harmonie municipale“ (1913), wo er für ein Jahr den Posten des Vizepräsidenten übernahm.

1937 wurde er im „Comité d’honneur“ zur Einweihung des Musikkiosks auf der place Publique, später place Grande-Duchesse Charlotte, aufgeführt. Ein Jahr später wirkte er im Organisationskomitee zur Vorbereitung des 25-jährigen Stiftungsfestes der „Harmonie municipale“ mit. Auch als Ehrenmitglied im 1907 gegründeten Fahrradverein „La Pédale 07“ wird Cerf genannt.

Jérôme Courtoy studierte Geschichte an der Universität Luxemburg und der Universität des Saarlandes. Seit 2018 ist er Historiker im „Musée national de la Résistance“ in Esch/Alzette.
Jérôme Courtoy studierte Geschichte an der Universität Luxemburg und der Universität des Saarlandes. Seit 2018 ist er Historiker im „Musée national de la Résistance“ in Esch/Alzette.

Am 30. Dezember 1913 heiratete er in Boulay-Moselle die dort am 12. Oktober 1887 geborene Eugénie Rheims. Ihre gemeinsame Tochter Renée kam am 21. Januar 1915 in Schifflingen zur Welt. Renée machte eine Gewerbeausbildung im Escher Mädchenlyzeum, die sie 1932 erfolgreich abschloss. Renée war Leiterin der lokalen Pfadfinderinnen.

Salomon vermietete wahrscheinlich noch vor der deutschen Invasion seine Metzgerei an den Metzgermeister Joseph Gliedner. Dies wird u.a. durch einen Brief der früheren Arbeitgeberin von Josephs Ehefrau, Sophie Gliedner-Huberty, der Baronesse d’Otreppe von Orval, vom 27. Dezember 1939 bestätigt. Darin kommentiert die Baronesse u.a. die Pläne der Gliedners, ein Gewerbe aufzubauen. Im Laufe des Jahres 1940 kaufte Gliedner den Cerfs den Geschäftsfonds ab.

Enteignung

Am 10. Mai 1940 besetzten deutsche Truppen das neutrale Luxemburg. Die Schifflinger Bürger wurden zwischen Mai und August hauptsächlich ins Landesinnere von Luxemburg evakuiert. Der Aufenthaltsort der Familie Cerf ist bislang nicht bekannt. Die Judenpolitik der Nazis soll dazu geführt haben, dass die Familie Cerf ihre sozialen Kontakte stark eingrenzte.

Ende Oktober 1940 meldete der Schifflinger Schöffenrat das örtliche „Eigentum [der] Juden“. Dies wahrscheinlich im Auftrag des Chefs der Zivilverwaltung, Abteilung IVa Juden und Emigrantenvermögen, unter Josef Ackermann.

Diese Informationen ermöglichten es der Zivilverwaltung, den zu beschlagnahmenden jüdischen Besitz im Land aufzulisten. In einer undatierten Liste von etwa 450 beschlagnahmten jüdischen „Unternehmen“, hierzu zählen auch Kleinhändler, Selbständige sowie Waren produzierende Unternehmen, findet man auch die Metzgerei von Salomon Cerf wieder. Ein kommissarischer Verwalter wird darin jedoch nicht genannt.

Dies liegt wohlmöglich daran, dass der Geschäftsfonds der Metzgerei in der Großstraße 42 bereits vorher an den Metzgermeister Gliedner verkauft wurde. Der „Geschäftsfond [wurde] seinerzeit für 1.500 RM verkauft“. Davon wurden 1.000 Reichsmark (RM) an die Bank überwiesen. Die restlichen 500 RM wurden wie folgt verteilt:

– „Am 24/2 erhielten Sie [Salomon Cerf] eine Zahlung durch die Bank von 100 RM“

– „eine weitere Zahlung an Sie im Betrage von 150.95 RM erging ebenfalls an Sie“

– „weiterhin wurden durch die Revisions- und Treuhandgesellschaft für Steuern 168 RM bezahlt“

– „[a]ls Honorar behielt die Revisions- und Treuhandgesellschaft die Summe von 75 RM zurück, so dass Ihr Konto vollständig liquidiert ist.“

Dies geht aus einer Nachfrage des Bürochefs des jüdischen Konsistoriums, Siegmund Leib, bei der Abteilung IVa Juden und Emigrantenvermögen vom 28. März 1941 hervor. Da die an Salomon Cerf überwiesenen Auszahlungsbeträge zum Leben nicht ausreichten und die Familie „ohne Einkommen und […] auf den Eingang des Geldes angewiesen“ war, bat das Konsistorium – ab April 1942 „Ältestenrat der Juden“ genannt – unter Leib und Louis Sternberg (Präsident) die Treuhandgesellschaft am 26. Februar 1941 darum, an die Familie Cerf „baldmöglichst […] eine [weitere] Zahlung an Cerf vorzunehmen“, was jedoch nicht erfolgte. Am 2. April 1941 erging der Antrag an die Abteilung IVa, das Bankkonto der Familie Cerf bei der Bank der Deutschen Arbeit „auf das beschränkt verfügbare Sicherungskonto […] bei der Internationalen Bank in Luxemburg, Zweigstelle Ettelbrück“ zu überweisen. Auch die Sparguthaben von Eugénie und Renée Cerf wurden auf dieses Konto übertragen. Die Familie Cerf erhielt monatlich eine Summe von 250 RM. Diese Zahlungen sind bis zum Februar 1942 nachweislich belegt.

Tod durch „Herzschlag“

Unterstützung erhielt die Familie Cerf von Nachbarn und der Schifflinger Widerstandsorganisation Alweraje. Der Widerstandskämpfer Paul Jung berichtete beispielsweise, dass die Alweraje die Familie Cerf mit Essensmarken unterstützt habe. Albert Wingert seinerseits habe sogar versucht, Renée davon zu überzeugen, das Land zu verlassen. Sie lehnte dies jedoch ab und blieb bei ihren Eltern.

Ihre Nachbarn, die Familie Entenich, wurden wegen ihrer engen Beziehungen zur Familie Cerf von der Volksdeutschen Bewegung (VdB) unter Druck gesetzt. Am 14. August 1941 wurde ihnen deswegen ihr Radio beschlagnahmt. Unter deutschgesinnten Personen wurde ihr Haus fortan als „Judenbude“ bezeichnet.
Am 15. Juli 1941 wurde Salomon Cerf noch in einer zur Entrichtung der Bürgersteuer erstellten Soll-Liste für Schifflingen aufgeführt. Über das Konsistorium wurde der Abteilung IVa mitgeteilt, dass laufende Beträge wie die Bürgersteuer, die Wassertaxe u.Ä. vom Konto der Cerfs abgebucht werden sollten.

Wenige Monate später, am 31. Oktober 1941, beging Salomon Cerf Selbstmord, vermutlich aus Verzweiflung über seine aktuelle Lage. Dies wurde Gilbert Gliedner zufolge sowohl von Arthur Entenich als auch von seiner Mutter Sophie bestätigt. Anstelle des Suizids wird im Totenschein „Herzschlag“ als Todesursache vermerkt.
Salomon Cerf wurde am 3. November 1941 auf dem jüdischen Friedhof Belle-Vue in Luxemburg-Limpertsberg beigesetzt. Das Gesuch des Konsistoriums an die Abteilung IVa, die Grabtaxe zu übernehmen, wurde am 2. Dezember 1941 abgelehnt. Wie aus einem am 3. Dezember 1941 von Eugénie Cerf an das Finanzamt gesandten Brief betreffend die Erbschaftssteuer hervorgeht, war das „Geschäft, [der] Grundbesitz, [die] Wertpapiere, durch den Chef der Zivilverwaltung liquidiert und der Erlös ebenso wie die Bankguthaben eingezogen“ worden. Es ist wahrscheinlich, dass dies nach dem Tod Salomon Cerfs initiiert wurde.

Letzter Brief von Renée und Eugénie Cerf aus Fünfbrunnen, März 1943
Letzter Brief von Renée und Eugénie Cerf aus Fünfbrunnen, März 1943 Sammlung des MnR

Am 25. November 1941 vermerkte ein Standesbeamter von Esch/Alzette im Geburtenregister, dass Renée den Zusatznamen „Sara“ tragen müsse. Auch Eugénie fügte man diesen Zusatznamen hinzu. Wann, ist jedoch nicht bekannt.

Eugénie Cerf war schwer herzleidend. Die Kosten für ihre medizinische Versorgung (Ärztehonorare oder Apothekenrechnungen) trugen die Cerfs. Da die Abteilung IVa jedoch alle Kontoaktivitäten überwachte, genehmigte und ausführte, übersandte das Konsistorium ihnen die Rechnungen mit der Bitte, die laufenden Kosten vom Konto der Cerfs abzubuchen. Das Konsistorium als Sprachrohr für die jüdische Kultusgemeinde erhielt von den jüdischen Familien die Rechnungen zur Weiterleitung an die entsprechenden Dienststellen.

Am 16. Oktober 1941 ging ein erster Transport mit 323 Juden von Luxemburg-Stadt aus ins Ghetto von Litzmannstadt. Trotz ihrer eigenen misslichen Lage unterstützten Renée und Eugénie ab Februar 1942 einige Escher Juden mit Geldbeträgen. So soll das Konsistorium dafür Sorge tragen, dass vom Konto der Cerfs ein Betrag in Höhe von 40 RM an Lucien Cerf, Berthe Cerf, Gabriel Cerf und Benno Blanket, die sich zu dieser Zeit bereits im Ghetto von Litzmannstadt befanden, aufgeteilt werde.

In der Zwischenzeit nahm das Konsistorium die Hilfe von Renée in Anspruch. Bei der Zusammenstellung einer Kartei der in Esch wohnenden Juden wurde sie darum gebeten, ihnen noch in Esch lebende Juden zu nennen, da „[s]ie [Renée] die Verhältnisse in Esch gut kenne“.

Nach Fünfbrunnen

Ab Sommer 1941 wurde damit begonnen, meist ältere und kranke Juden im ehemaligen Kloster in Fünfbrunnen zu „gruppieren“. Diese Infrastruktur wurde beschönigend als „Jüdisches Altersheim“ bezeichnet. Bereits im Februar 1942 gab es Anzeichen dafür, dass Eugénie und Renée nach Fünfbrunnen transportiert werden sollten. So schrieb Renée am 18. Februar 1942 an das Konsistorium, dass aus einem ärztlichen Attest über das Herzleiden von Eugénie „ersichtlich [sei], dass an einen vorläufigen Transport meiner lieben Mama keineswegs zu denken“ wäre.

Erst am 6. August 1942 wurden Renée und ihre Mutter Eugénie nach Fünfbrunnen transportiert. Eine Schifflinger Zeitzeugin soll den Abtransport der beiden Frauen miterlebt haben: „[mir] sinn dem preiseschen Auto bis op d’Kéier bei der Gemeng nogelaf, hu gekrasch, gejaut an dem Renée a senger Famill gewénkt, bis mir se net méi gesinn hunn.“

Renée wurde in Fünfbrunnen als Pflegerin im Krankensaal eingesetzt. Daneben kümmerte sie sich um die Pflegebedürftigen in den Zimmern des zweckentfremdeten Klosters. Eugénie war zuweilen stark bettlägerig. Auch einige Tote und Schwerkranke hatte das „Altersheim“ zu beklagen. Alles sei „alt und krank“, wie Eugénie Cerf in einem Brief beschreibt.

Die beiden Frauen blieben brieflich mit der Familie Entenich in engem Kontakt. Dabei schrieben die Cerfs sowohl in Deutsch als auch auf Luxemburgisch. Die Juden waren in Fünfbrunnen isoliert. Von den Entenichs erhielten die beiden Neuigkeiten aus Schifflingen, über die man „froh [sei, sie] zu bekommen, da man hier [in Fünfbrunnen] nichts hört u. sieht“.

Eugénie und Renée baten in ihren Briefen mitunter um materielle Unterstützung wie die Zusendung von Stoffen, Kleidungsstücken, Hygieneartikel und Nahrungsmitteln, die ihnen von den Entenichs und weiteren Nachbarn/Freunden zugesandt wurden. Auch die Familie Gliedner soll die Cerfs unterstützt haben. Einige Hilfspakete wurden persönlich in Fünfbrunnen abgegeben. Die Cerfs versuchten sich der gegebenen Situation anzupassen, dennoch wurden sie von Heimweh und der Angst einer bevorstehenden Deportation geplagt.
Anfang Februar 1943 verdüsterte sich die Lage, „da sich wieder einmal Schweres über [ihnen] zusammen[zog]“. Mit „Schweres“ bezeichnete Renée das Gerücht ihrer bevorstehenden Deportation. Eugénie beschrieb am 19. Februar die Situation folgendermaßen: „Ist es nicht furchtbar all diese Aufregungen, wie soll es [mit] uns weitergehen, bestimmt nicht gut, es tut mir nur leid wegen unserer R[enée, sie] hat hier soviel gearbeitet, aber man muss sich fügen, heisst es.“

Luxemburg-Theresienstadt-Auschwitz

In ihrem letzten Brief aus Fünfbrunnen an die Familie Entenich vom 19. März 1943 hatten die beiden Frauen die Gewissheit: „Das, was wir bis jetzt befürchtet haben, ist heute Morgen zur Wahrheit geworden. Wir müssen unser schönes u. geliebtes Ländchen verlassen. Es geht nach dem Osten, nach Teleresienstadt [Theresienstadt], noch diesen Monat.“ Beide versuchten sich entsprechend auf die Deportation vorzubereiten. Die Entenichs halfen ihnen weiter durch ihre Zusendungen.

Am 6. April 1943 wurden Renée und Eugénie Cerf ins Ghetto von Theresienstadt deportiert (Transport: L-06). Von dort aus kamen sie am 6. September 1943 nach Auschwitz-Birkenau. An diesem Tag verließen zwei große „Arbeitseinsatztransporte“ mit insgesamt 5.007 Personen, darunter ganze Familien, das Ghetto. Diese kamen am 8. September 1943 in Auschwitz-Birkenau an.

Bei ihrer Ankunft erhielten die Juden eine Nummer, was, wie der Publizist Mil Lorang beschreibt, darauf hindeutet, „dass niemand von diesen Transporten direkt zu den Gaskammern geführt“ wurde. Stattdessen kamen sie in einen abgezäunten Bereich im Lager, dem sogenannten „Familienlager BIIb“, das nur für Häftlinge aus Theresienstadt eingerichtet wurde. Es bestand für ungefähr zehn Monate. Den Juden in diesem Lager gestattete die SS eine gewisse Autonomie. Sie wurden nicht zur Arbeit gezwungen, sie konnten einen Teil ihrer Habe behalten und wurden nicht geschoren. Kinder und Jugendliche wurden in Heimen untergebracht. Offiziell standen die Insassen unter „S[onder]B[ehandlung] mit sechsmonatiger Quarantäne“. Dies bedeutete, dass sie vorerst nicht ermordet werden sollten. Stattdessen wurden sie als „Musterhäftlinge“ Vertretern des Internationalen Roten Kreuzes oder ausländischen Diplomaten vorgeführt, um die Gerüchte eines Völkermordes an den Juden zu zerstreuen.

Die Häftlinge des Familienlagers wurden öfters aufgefordert, Postkarten entweder nach Theresienstadt oder nach Hause zu schreiben. Auch in Auschwitz blieben Eugénie und Renée mit einigen Freunden und Bekannten, wie den Familien Gliedner, Adam (Schifflingen) und Retter (Bettemburg), in Kontakt. Die aus dem Lager versendeten Postkarten sollten den Anschein erwecken, dass die Juden in Auschwitz gut behandelt wurden. Die Briefe waren jedoch vordatiert und die Sätze von der SS vorformuliert. Als Wohnort gaben die beiden „Arbeitslager Birkenau bei Neu-Berun, Oberschlesien“ an.

Dies sei, so Lorang, ebenfalls Teil der Täuschung der SS gewesen, da weder in Theresienstadt noch im Reichsgebiet zu diesem Zeitpunkt Birkenau mit Auschwitz in Verbindung gebracht wurde. Die Häftlinge baten in den Briefen um Nachricht oder um Päckchen. Auch aus Luxemburg erhielten Eugénie und René einige Päckchen. Letzte Lebenszeichen der beiden Frauen sind durch die Empfangsbestätigungen der Päckchen für März 1944 belegt.

Offiziell wurde Eugénie Anfang Mai 1944 und Renée Anfang Juni 1944 ermordet. Neben den rund 1.140 Juden, die im Familienlager eines „natürlichen“ Todes gestorben waren, wurde der Großteil der am 8. September 1943 angekommenen „Theresienstädter“, insgesamt 3.791, in der Nacht vom 8. auf den 9. März 1944, unter Ausschluss einiger Ausnahmen, vergast.

„Nachkriegsabwicklung“

1946 gab der Schifflinger Bürgermeister Denis Netgen eine Anzeige auf, über den Verbleib der „héritiers du feu Salomon Cerf […] et de sa famille“ im Luxemburger Wort und dem Escher Tageblatt. Joseph Gliedner meldete seinerseits die beiden Frauen beim „Commissariat au rapatriement“ als Displaced Person (D.P.).

Am 27. Januar 1949 gab man im Memorial Nr. 3 bekannt, dass ein Antrag auf eine gerichtliche Todeserklärung der beiden Frauen gestellt wurde. Basierend auf den Ermittlungen des „Commissariat au rapatriement“ wurden Eugénie und Renée am 20. Juni 1949 vom „Tribunal d’arrondissement de Luxembourg“ offiziell für tot erklärt.

1950 ließen die aufgefundenen Erben der Cerfs die „zu Schifflingen gelegene[n] Immobilien zu günstigen Zahlungsbedingungen […] versteigern“. Neben dem Geschäftshaus in der rue de la Libération 42 zählten zum ehemaligen Besitz der Familie Cerf folgende Immobilien: ein in der Kirchstraße gelegener Garten/Bauplatz, ein Wohn- und Geschäftshaus mit Vorplatz, Höfen, Hintergebäuden, Stallungen, Scheune, Garten gelegen in der rue de la Libération 43, zwei Bauplätze gegenüber dem Schifflinger Bahnhof.

Gliedner erhielt für 931.000 Fr. den Zuschlag für das Geschäftshaus in der rue de la Libération 42, während die HH. J.P. Colbach-Hollerich und Cam. Meisch den Bauplatz in der Kirchstraße (37.000 Fr.) sowie das Wohn- und Geschäftshaus in der rue de la Libération 43 (363.000 Fr.) erwarben.

Vor der Versteigerung soll das Gelände noch vom Militär mit Metalldetektoren abgesucht worden sein. Gilbert Gliedner zufolge wurde in Schifflingen vermutet, dass Salomon Cerf sein Vermögen vor dessen Selbstmord vergraben hätte.

Am 4. Oktober 1961 sollten die Gemeindeverwaltungen, auf Antrag des Innenministeriums, Listen erstellen „énumérant les victimes de la guerre avec la remarque si elles ont été reconnues ou non comme ,mort pour la patrie‘ pour que nous puissions, en toute connaissance de cause, reconnaître les morts pour la patrie qui, jusqu’ici, n’auraient pas encore trouvé la reconnaissance officielle“.

Diese Listen sollten jeden luxemburgischen Bürger betreffen, der als Zivilist oder Militär – Zwangsrekrutierte mit einbegriffen – während oder nach dem Zweiten Weltkrieg an den Folgen des Krieges gestorben sind. In der am 7. November 1961 in Schifflingen aufgestellten Liste finden sich auch Renée und Eugénie Cerf wieder. Bei beiden wird als Sterbeort Auschwitz und als Sterbedatum Anfang Mai/Juni 1944 angegeben. Ihnen wurde vom Innenministerium der Ehrentitel „mort pour la patrie“ verliehen. Sie sind im „Livre d’or des victimes luxembourgeoises de la guerre de 1940 à 1945“ unter der Gemeinde Schifflingen aufgeführt.

Eine weiter ausgeführte Version des Textes mit Fußnoten wird auf der Internetseite der Gemeinde Schifflingen veröffentlicht: https://schifflange.lu/commune/lhistoire-de-schifflange/

Ich danke Gilbert Gliedner, Mil Lorang und dem Historiker Daniel Thilman für ihre Ratschläge und Korrekturen.