MedienRTL stellt viele Gruner+Jahr-Zeitschriften ein – 700 Jobs betroffen

Medien / RTL stellt viele Gruner+Jahr-Zeitschriften ein – 700 Jobs betroffen
RTL Deutschland plant in seinem Zeitschriftensegment um den früheren Verlag Gruner + Jahr den Wegfall von rund 700 der 1.900 Stellen. Dazu werden Magazintitel eingestellt und Verkäufe geprüft, während in die verbleibenden Kernmarken wie zum Beispiel „Stern“ investiert wird. Foto: dpa/Fabian Sommer

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Der TV-Sender RTL dampft nach der Fusion mit Gruner+Jahr beim Hamburger Traditionsverlag das Zeitschriften-Geschäft massiv ein.

Der Konzern streicht rund 500 Arbeitsplätze. Etwa 200 weitere Jobs der insgesamt 1.900 Vollzeitstellen sollen durch den Verkauf von Titeln wegfallen, teilte RTL am Dienstag mit und bestätigte damit einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters. Flaggschiffe wie „Stern“, „Geo“, „Brigitte“ und „Capital“ sollen zwar weitergeführt werden. Viele andere Zeitschriften, darunter Ableger der Haupthefte und bekannte Marken wie „P.M.“, „Landlust“ oder „11 Freunde“, sollen jedoch eingestellt, verkauft oder nur noch digital veröffentlicht werden. „Es ist ein Hammer, ein Schock“, hieß es in der Belegschaft.

RTL-Chef Thomas Rabe informierte in der Verlagszentrale am Hamburger Baumwall die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über seine Pläne. „Wir haben entschieden, uns auf die Kernmarken zu konzentrieren und sie mit Investitionen von etwa 80 Millionen Euro bis 2025 weiterzuentwickeln“, erklärte der Manager. „Der Verbund von TV-, Streaming- und Publishing-Geschäften von RTL Deutschland macht Sinn.“ Er schaffe einen erheblichen Mehrwert von etwa 75 Millionen Euro jährlich in Bereichen „wie Inhalte, Vermarktung, Tech & Data sowie bei den Corporate-Funktionen“. Man biete Kunden und Partnern durch die Verzahnung von Marken und Programmen eine „crossmediale Reichweite, mit der wir nahezu jeden deutschen Haushalt erreichen“, betonte Rabe.

Nun sollen gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretungen sozialverträgliche Lösungen für die betroffenen Beschäftigten entwickelt werden. Der Großteil der Jobs soll nicht in den Redaktionen wegfallen, sondern etwa in der IT, in der Personal- und Rechtsabteilung, beim Gebäudemanagement, der Kommunikation oder beim Marketing.

Konzentration auf Kernmarken wie „Stern“ und „Geo“

Im Detail ist geplant, „Stern“, „Geo“, „Capital“ und „Stern Crime“ aufgrund großer Synergien mit den RTL-TV-Redaktionen künftig in der RTL News GmbH zu führen. Die übrigen Kernmarken „Brigitte“, „Gala“, „Schöner Wohnen“, „Häuser“, „Couch“, „Eltern“ (Digital), „Chefkoch“ (Digital), „GEOlino“ und „GEOlino mini“ verbleiben in der Gruner+Jahr Deutschland GmbH und verschiedenen Tochtergesellschaften. Sie sollen punktuell mit den TV- und Streaming-Geschäften von RTL Deutschland zusammenarbeiten. „Alle weiteren Titel und Ableger werden verkauft oder eingestellt“, teilte RTL mit. Über den Verkauf der Beteiligung an der Deutschen Medien-Manufaktur (DMM) werde man Gespräche mit dem Mitgesellschafter Landwirtschaftsverlag Münster aufnehmen. Für die Beteiligung am beliebten Fußball-Heft „11 Freunde“ prüfe man den Verkauf.

Die Investitionen in den Umbau des Publishing-Geschäfts entfallen insbesondere auf digitale Bezahlinhalte sowie digitale Dienstleistungen und verteilen sich mit 30 Millionen Euro auf „Stern+“, 30 Millionen Euro auf die übrigen Kernmarken sowie 20 Millionen Euro auf neue Räume. Ein Umzug innerhalb Hamburgs ist bis spätestens Ende 2024 geplant. „Stern+“ soll als Bezahlangebot mit Inhalten im Verbund von „Stern“, „Geo“, „Capital“ und „Stern Crime“ ausgebaut werden.

Die Konzernmutter Bertelsmann und ihre TV-Tochter RTL Group hatten 2021 angekündigt, dass RTL Deutschland und Gruner+Jahr 2022 zusammengelegt werden sollen. Inzwischen haben viele Führungskräfte von Gruner+Jahr das Unternehmen bereits verlassen. Rabe ist auch Bertelsmann-Chef. Seine Strategie ist es, nationale Champions im europäischen Fernsehmarkt zu schaffen, um der großen Konkurrenz von Netflix & Co Paroli zu bieten. Zuletzt scheiterte er damit jedoch in Frankreich und den Niederlanden vor allem wegen Kartellfragen. Zudem platzte die 2,2 Milliarden Dollar schwere Übernahme des US-Verlags Simon&Schuster durch die Bertelsmann-Tochter Penguin Random House, was den Konzern 200 Millionen Dollar kostete. Damit musste Rabe mehrere Dämpfer einstecken.