AltenpflegeRemich: „Jousefshaus“ kommt nicht zur Ruhe 

Altenpflege / Remich: „Jousefshaus“ kommt nicht zur Ruhe 
Das Senioren- und Pflegeheim in Remich hat Altlasten und bald auch keine Leitung mehr  Fotos: Editpress/Alain Rischard 

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Defizite, Missmanagement und eine nicht mehr zeitgemäße Organisationsform haben das Seniorenheim „Jousefshaus“ in der Vergangenheit in Turbulenzen gebracht. Die Altlasten und andere Ungereimtheiten sind noch nicht überwunden. Nach nur knapp einem Jahr im Amt hat jetzt die Direktorin das Handtuch geworfen.

Der ruhige Eindruck, den das Gebäude mit dem großen Park rundherum an der rue de l’Hospice vermittelt, trügt. Das Gleiche gilt für den Alltag, der sich zwischen den Mauern abspielt. Er ist so normal, wie er es in Coronazeiten sein kann. Das traditionsreiche Heim ist beliebt und für die acht Gemeinden, die Belegbetten darin haben, essenziell. Seit 2016 kämpft die Senioreneinrichtung jedoch mit Schulden und Altlasten, die sich angehäuft haben.

Daran ist offensichtlich die Generaldirektorin Blanche Wiot, die seit Juli 2019 im Amt ist, gescheitert. Mangelnde Loyalität in Teilen der Belegschaft gepaart mit den Anforderungen, die finanziellen Altlasten aufzuarbeiten, gibt der neue Präsident des Verwaltungsrats Mike Greiveldinger (CSV) als Hauptgründe für die Kündigung an.

Auf die bisherige Arbeit der gelernten Krankenschwester, die zusätzlich die Covid-Krise meistern musste, lässt Greiveldinger nichts kommen. „Frau Wiot hat sich in den letzten Monaten sehr bewährt“, sagt er. Seit seiner Berufung in die Spitzenposition des Aufsichtsgremiums vor etwas mehr als sechs Monaten hat er verstärkt Einblick in das, was läuft. Auch kommt nach und nach zutage, was in der Vergangenheit gelaufen ist. „Das war nicht das, was ich mir unter einer modernen Führung vorstelle“, sagt er.

Fragwürdige Personalpolitik

Die vergangene Personalpolitik wirft Fragen auf. Wiot wurde kurz vor der Verrentung des ehemaligen Direktors Jean Bohler von ihm selbst im Juli 2019 auf den Posten berufen. „Eine interne Lösung“, wie es heißt. Ausgeschrieben war der Posten nicht. „Das war mit dem dafür zuständigen Familienministerium abgesprochen“, sagt Greiveldinger. „Zumal sich die Kandidatin damals schon für ein Studium eingeschrieben hatte.“ Aktuell absolviert sie nach Verwaltungsratsangaben einen Master in Gerontologie.

Das ist aber nicht alles. 2018 gab es Beförderungen. Der damalige Direktor schuf Direktorenposten für die Bereiche Technik, Verwaltung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Küche und Restaurant. Greiveldinger saß damals als einfaches Mitglied im Verwaltungsrat und erinnert sich an das Unbehagen, als ihm und seinen Kollegen die neuen Positionen samt Besetzung in Form eines Organigramms verkündet wurden.

„Wir haben uns damals darüber aufgeregt, dass das ganz schön viele Direktorenposten für so ein Haus sind“, sagt Greiveldinger. Er nennt Verantwortlichen viel lieber „responsables“. Das ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, an dessen Ende rund 150 Mitarbeiter für 118 Bewohner stehen. Schon 2014 wurde das Personal aufgestockt und rund zwei Dutzend Mitarbeiter im Pflegebereich eingestellt. Bei einem jährlichen Gesamtbudget von rund 12 Millionen Euro für das „Jousefshaus“ betragen nach Angaben Greiveldingers die Personalkosten aktuell zwischen acht und neun Millionen Euro.

Fehlende unabhängige Aufsicht

Greiveldinger ist seit 2017 Erster Schöffe im Remicher Gemeinderat und wurde im Januar 2017 einfaches Mitglied im Verwaltungsrat. Als der vorherige Verwaltungsrat im November 2019 zur Hälfte zurücktrat, übernahm er das Präsidentenamt zunächst kommissarisch. Seit Dezember 2019 ist er offiziell Präsident des Aufsichtsgremiums.

Damit ist schon viel erreicht. Vorher beaufsichtigte sich der ehemalige Direktor des Heims Jean Bohler als Generalsekretär des Verwaltungsrats selbst. Dass das Haus bereits seit 2014 rote Zahlen schreibt, wurde 2017/18 bekannt. Da war Charles Wagener, ehemaliger Chefbanker der Fortuna-Bank, Verwaltungsratspräsident. Er trat diesen Posten Anfang 2017 an.

Fragen werfen auch die zwei „Hüte“ auf, die der ehemalige Direktor Jean Bohler aufhat. Er war nicht nur Direktor im „Jousefshaus“. Bei der Firma „Service moyens accessoires“ (SMA), die medizinische Geräte und Zubehör an Privatpersonen und auf ärztliche Verordnungen ausleiht, wird er aktuell immer noch als  „Président-directeur général“ geführt. Das geht aus der Internetseite unter dem Punkt „notre équipe“ hervor.

Finanzielle Belastungen

Hinzu kommen Schulden bei der CNS. 2016 prüfte die „Caisse nationale de santé“ die Abrechnungen und stellte Differenzen in den Jahren zuvor fest. Sie monierte, dass Pflegeleistungen von Mitarbeitern erbracht wurden, die nicht die formale Qualifikation dafür hatten. Das Heim sollte fast vier Millionen Euro zurückbezahlen. Die Gemeinde Remich sprang Anfang 2018 mit knapp 350.000 Euro in die Bresche, um die Gehälter zu bezahlen.

Dazu ist die Gemeinde verpflichtet, denn das „Jousefshaus“ ist ein „Hospice civil“, dessen juristische Basis, das Gesetz, aus dem Jahr 1896 stammt und dies festlegt. Noch einmal 1,7 Millionen Euro flossen aus der Gemeindekasse für das Geschäftsjahr 2018, um den Betrieb des Altersheims abzusichern. Der „Zuschuss“ für 2019 steht noch nicht abschließend fest. In einer Stellungnahme der Gemeinde, in der sie sich zu den Vorfällen im „Jousefshaus“ im April 2019 äußert, ist von 1,1 Millionen Euro die Rede.

Rücklagen hat das „Jousefshaus“ nicht gebildet, weil es sämtliche Renovierungen, die seit der Inbetriebnahme des Neubaus 1999 angefallen sind, aus eigener Tasche getragen hat. „Da hätten sie die Gemeinde fragen müssen“, sagt Greiveldinger. Er moniert generell, wie das Finanzwesen gehandhabt wurde. Budgetprognosen seien „Pi mal Daumen“ gemacht worden, da es sich immer um Vorauszahlungen handele, die erst später endgültig abgerechnet werden. Verlässliche Finanzplanung sieht anders aus.

Das soll sich ändern. „Es ist der feste Wille des Verwaltungsrats und der Gemeinde, für das Haus möglichst schnell eine saubere Basis zu finden und Sicherheit für Heimbewohner und Mitarbeiter zu schaffen“, sagt Greiveldinger. In einem ersten Schritt hatte Remichs Bürgermeister Jacques Sitz (DP) die Gemeinden mit Belegbetten dazu aufgerufen, an einer konstruktiven Lösung mitzuarbeiten.

Dem haben die entsprechenden Gemeinderäte zugestimmt – zumal eine Lösung für den Betrieb des Heims auf Syndikatsebene Teil möglicher Optionen ist. „Das dauert und erfordert viele Schritte“, sagt Greiveldinger. Eine zweite Option ist die Überlegung, den Betrieb des Heims an einen externen Anbieter aus der Branche auszulagern.

Das hatte Remichs Bürgermeister Jacques Sitz bereits im Februar 2019 ins Spiel gebracht und war dabei auf heftigen Gegenwind der ehemaligen Leitung und des damaligen Verwaltungsratspräsidenten gestoßen. „Das ist aber noch nicht vom Tisch“, sagt Greiveldinger. „Wir geben uns die nötige Zeit.“ Entschieden ist bislang noch nichts. In dieser Situation muss eine neue Leitung für die Einrichtung ab 2021 gesucht werden.

Gemeinden mit Betten

Acht Kantonsgemeinden haben Belegbetten in dem Seniorenheim. Die Unterbringung kostet monatlich 2.850 Euro. Die Betten verteilen sich folgendermaßen: Bous 6 Betten, Bürmeringen (heute Schengen) 3 Betten, Dalheim 8 Betten, Lenningen 10 Betten, Mondorf 16 Betten, Remerschen (Schengen) 7 Betten, Remich 48 Betten, Stadtbredimus 8 Betten; Waldbredimus 2 Betten, Wellenstein (Schengen) 12 Betten.

celia
16. Juli 2020 - 21.03

Haiser déi no engem angeblechen 'Hellege' benannt sinn, wëll ech net vu banne gesinn.