„Proletennest“ EschReiseführer oder Klischeeblatt? Polemik um „Esch-Bashing“ im neuen Marco Polo 

„Proletennest“ Esch / Reiseführer oder Klischeeblatt? Polemik um „Esch-Bashing“ im neuen Marco Polo 

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„Marco Polo, Reiseführer oder Klischeeblatt?“ Unter diesem Titel hat das Portal #icicestesch das Kapitel über Esch in der gerade neu erschienenen Auflage des Reiseführers kommentiert und dabei eine rege Diskussion in den sozialen Netzwerken ausgelöst. Das Tageblatt hat bei der Autorin Susanne Jaspers nachgefragt.

Der neue Reiseführer
Der neue Reiseführer Marco Polo

„Say no to Mobbing: Wenn ihr mal in Esch seid, meldet euch mal bei uns Ruppjangen und wir geben euch ein paar Insidertipps über unser Proletennest. Ein flotter Cowboywalk vom Hundehaufen Brillplatz mit Albert-Speer-Vergleich (no joke), entlang der scheußlichsten Straßenbeleuchtung Europas direkt bis in die Shopping-Meile Marco Polo. Ausklingen mit Bier und Bratwurst bei schlechtem Fußball auf dem Hiehler Bolzplatz (…) Marco Polo, einfach bei uns melden und wir geben euch eine aktuelle Guideversion über Luxemburgs geilste Stadt (…)  I love esch (…) Waiting for the Lonely Planet visit.“ So heißt es im Text von #icicestesch.

 Marco Polo

Auslöser dieser Reaktion ist der neue Reiseführer von Marco Polo über Luxemburg, in dem das Kapitel über Esch mit Sätzen angereichert ist, die einige Escher durchaus in den falschen Hals bekommen können. „So etwas passt in eine Satirezeitung, aber nicht in einen Reiseführer. Das ist die falsche Stelle dafür, vor allem in Hinblick auf das Kulturjahr“, sagt einer der Verantwortlichen der Online-Plattform gegenüber dem Tageblatt.  Da die Einträge über andere Städte vergleichsweise nüchtern und sachlich daherkommen, reiht sich Marco Polo in das weit verbreitete „Esch-Bashing“ ein, gegen das sich #icicestesch seit längerem wehrt.  

Was nicht die Absicht der Autorin Susanne Jaspers war. Zumal man ihr nicht vorwerfen kann, die Minettemetropole nicht zu kennen. Jaspers lebte zwischen 2002 und 2013 in Esch, war mit dem viel zu früh verstorbenen Escher Schriftsteller Georges Hausemer verheiratet. Sie hat Texte sowohl für das Jubiläumsbuch der Stadt Esch als auch das von Fußball-Rekordmeister Jeunesse Esch geschrieben.

Bereits ihre Einleitung zeigt, wohin die textliche Reise geht: „Ach Esch, du schaurig-schöne. Die einen halten die zweitgrößte Stadt des Landes für ein ruppiges Proletennest, die anderen lieben die einstige Hochburg der Eisenindustrie für ihre unverstellte Authentizität.“ Im weiteren Verlauf wird der Leerstand der „längsten Einkaufstraße des Landes mit der scheußlichsten Straßenbeleuchtung Europas“ thematisiert und die Neugestaltung des Brill-Platzes „mit einer Art riesigen Hundehaufen“ erwähnt. Es sind diese Formulierungen, die bei einigen Eschern Anstoß finden, genau wie der Vergleich des Resistenzmuseums mit Bauten von Hitlers Lieblingsarchitekten Albert Speer oder die Bezeichnung des Jeunesse-Stadions als „eine Art Bolzplatz“.  

„Esch ist eine schöne Stadt, voller Art-Déco und in einem multikulturellen Milieu. Doch sie kann es auch besser“, sagt Susanne Jaspers, die außerdem die Herausgeberin des im vergangenen Herbst erschienenen „Guide historique et architectural“ der Stadt ist. Sie ist sich bewusst, dass ihr Text über die zweitgrößte Stadt des Landes aneckt, sagt aber auch, dass „man ehrlich sein soll“. Und dabei die negativen Aspekte nicht verschweigen soll. Sie hat Esch so beschrieben, wie sie die Stadt empfindet. Beispiel: Da sie in der ersten Bürgerinitiative Brill dabei war, die sich gegen das André-Heller-Projekt auf dem Brillplatz wehrte, hat sie eine klare Meinung zu dessen Neugestaltung. 

Susanne Jaspers<br />
Susanne Jaspers
 Foto: Editpress-Archiv

Marco Polo war in der Vergangenheit weniger durch seinen Schreibstil aufgefallen, sondern stets konservativer als Mitbewerber wie der von #icicestesch angesprochene Lonely-Planet-Reiseführer, der sich eher an ein jüngeres Publikum richtet. Im neuen „Guide“ spürt man den Willen, moderner zu werden. Der Leser wird geduzt, das Layout ist zeitgemäßer. „Es ist weniger streng als früher. Legt mehr Wert auf Storytelling“, erklärt Susanne Jaspers. Sie kümmerte sich im Auftrag von Marco Polo um die neue Ausgabe über Luxemburg und überarbeitete dafür die Texte aus der vorherigen Auflage.         

Betrachter
8. Februar 2021 - 11.40

"Schönheit (der Stadt Esch) liegt im Auge des Betrachters" ;-)

Sara Linus
4. Februar 2021 - 18.21

Es tut mir leid, aber wissen sie denn nicht dass da auch Leute leben? Wie denken sie werden die kinder in den Schulen angeschaut wenn sie sagen sie kämen von Esch? Sie schämen sich, und die eltern fragen sich warum sie ihren Kindern nichts besseres ermöglichen wollen. Dabei ist Esch gar nicht so schlimm wie es oben beschrieben wird. Wenn man in Esch lebt, erkennt mann erst was für eine echte kleine familie wir sind. Jeder kennt Jeden, die Gymnasien sind echt super, und klar wenn man sich nur im sogenannten gettho viertel rumtreibt, also am Bahnhof, wundert es mich nicht dass mann anfängt so zu reden bzw. zu schreiben. Esch ist eine tolle stadt, mit vielen ordentlichen und interessanten menschen. Außerdem, was für ein Reiseführer ist das bitteschön, wenn man eine Stadt an der Straßenbeleuchtung beurteilt und absolut nicht sachlich bleibt. Ich fühle mich sicher in Esch, die besten kleinen Kaffees und die und mehr!

Sputnik
4. Februar 2021 - 4.25

Naja, man kann’s so sehen oder anders. Würde Esch als “ Petit Marseille “ im Guide einstufen. Auf jedenfall nicht mein Fall!

en ale Sozialist
3. Februar 2021 - 18.20

Die Wahrheit ist relativ und die absolute Wahrheit gibt es nicht genauso wie die Schönheit oder Hässlichkeit im Auge des Betrachters liegt. Man bringe mir den deuschen oder französischen Nestbeschmutzer der eine seiner Heimatstädte in einem Reiseführer derart durch den Kakao zieht! Was nichts an der Tatsache ändert, dass Esch sich, in den letzten Jahren, nicht unbedingt zum Positiven verändert hat. In einem Reiseführer sollten die Sehenswürdigkeiten einer Stadt, einer Region oder eines Landes beschrieben und hervorgehoben werden und nicht auf die Schattenseiten, die es überall gibt, hingewiesen werden. Es gibt nicht nur schwarz-weiss. Esch war immer eine Arbeiterstadt und es ist eine Unverschämtheit es als Proletennest zu bezeichnen. Armselig der, der sich seiner Herkunft schämt und sie verleugnet. Die Wenigsten von uns kamen mit einem Silberlöffel im Mund zur Welt. So gesehen stimmt das Sprichwort " ce n'est que la vérité qui blesse ". Schade, aber so ist es nun einmal.

bret
3. Februar 2021 - 18.03

Wozu erscheinen Esch und Belval in einem deutschen Reiseführer?? Sehr optimistisch zu glauben, dass ein Tourist aus Köln, Stuttgart oder sonstwo sich auf die Schlappen macht um seinen Urlaub dort zu verbringen. Um Belval zu beleben wurden hunderte von Angestellten und Beamten gegen ihren Willen dorthin geschickt. Und jetzt wartet man auf Touristen aus D!

300 tdi
3. Februar 2021 - 16.53

Ce n‘est que la vérité qui blesse ! Schued !

Christian Knapp
3. Februar 2021 - 15.57

Tja ja... 'Stille Tage in Luxemburg'... De Roger Manderscheid wéisst dozou e Liddchen ze sangen, wann en nach géif liewen.

DanV
3. Februar 2021 - 11.52

Tja, Gemeng Esch, all déi Kritiken, déi der net wëllt héieren, si lauter Invitatiounen, endlech eppes ze verbesseren. Anstatt zënter Joeren iwer de "bashing" ze jéimeren, wär et vläit un der Zäit, den Awunner am Kanton Esch nozelauschteren.

Realist
3. Februar 2021 - 11.35

Waart nach 1 oder 2 Joer, dann ass d'Uelzecht-Strooss komplett verwaist. Äusser Döner-Kebab, Ramsch-Buttiker mat Plastikskleeder äus China a vläit nach di eng oder aner Shisha-Bar wäert dann näischt méi do sinn. Et ass elo schonn en Trauerspill; do änneren och e "Pop-up-Store" an hir "Claire"-Campagne näischt drun.

Keen Escher,
3. Februar 2021 - 10.52

Mir beléien eis vu moies bis owes. gutt datt emol ee seet wéi et ass. ech komme regelméisseg, meeschtens mam zuch op esch!! kuckt iech d'eisebunnsquaien un, dann ass d'visitekart gedreckt.

De soziale Fred
3. Februar 2021 - 10.18

Ech ka mech nach arénneren wo ee nach gären op Esch gaangen as. Do konnt een zwar nach mam Auto duerch déi nei Drecksstrooss (Ueltzeschtstrooss) a och d‘Brillstrooss fueren. Mee do wuare nach vill flott Caféen mat flotten Terrassen an interessante Leit wou ee konnt gemittlech verweilen. Och wuaren do eng unmass flott an aktuell Geschäfter déi leider all fortgezu sin, oder d‘Sâch hu missten opgin well Esch vun de Lokalpolitiker erofgewirtschaft gin as. Déi Frâ huet LEIDER Recht. ECH GIN OCH NET MÉI AN ESCH !!!

de Prolet
3. Februar 2021 - 9.36

Objektiv ist meist ein Aussenstehender. Und so ist es auch mit der Beschreibung einer Stadt, einer Landschaft oder eines Landes. Die Betroffenen sehen und erleben ihre Wohnstätte anders, weil sie mit vielen meist schönen Erinnerungen, die man bekanntlich leichter zurückbehält, verbunden ist. Ein Reiseführer muss aber nicht unbedingt ein Literaturprodukt sein, in das der Autor seine privat subjektive Erlebnisse einfliessen lässt. Auch die Minettmetropole hat ihren Charme auch wenn sie sich nicht zum Positiven verändert hat. Der Eine fühlt sich von Esch-Belval angezogen, der Andere nicht. Egal wie, es geht immer noch besser, besonders für die Anspruchsvollen. Die 1980er Jahre sind definitiv vorbei, es heisst jetzt aus den rezenten Fehlern zu lernen und die Escher Zukunft attraktiver zu gestalten und dafür ist die Kommunalpoitik verantwortlich.

Baerchen
3. Februar 2021 - 9.35

Der Herr Mischo verdreit Wourecht net nei As et net

Klawir
3. Februar 2021 - 8.56

Ich war vor Weihnachten in Esch seit langer Zeit und ich war geschockt. Aber Augen auf! Wenn nichts unternommen wird dann wird es in Luxemburg Stadt in 5 Jahren ebenso sein !!!

churchill
3. Februar 2021 - 8.06

Esch ass einfach schmuddeleg,ruppeg.An dei Staatt well Kulturhaaptstaat gin. Ech hun virun 35 Joer zu Esch gewunnt.Deemols war et eng ganz interessant Staat mat interessanten Leit.Haut ass et een Drecksnascht a virun allem durch dei vill Kriminalitei't net méi secher. Déi Fra huet total recht.

Minettsdapp
2. Februar 2021 - 22.14

Et deet mer Leed datt Esch effektiv esou erof komm ass. Ech kommen grad dofir säit Joere net méi dohin. Et vermësst een déi 90er Joer wou Esch nach attraktiv a voller Liewe war.

Leila
2. Februar 2021 - 22.04

Ich habe mir den „Guide historique et architectural“ gekauft: enttäuschend! Taschenbuchformat mit viel zu vielen Seiten (fast 500), was bedeutet, dass man beim Betrachten der Fotos oder Lesen die Seiten mit beiden Daumen richtig festhalten muss weil es sonst zuklappt - was mir nach relativ kurzer Zeit einen Krampf in beiden Händen beschert. Fotos und Schrift sind entsprechend klein, was schade ist. Besser wären aus einem Taschenbuch zwei gebundene Ausgaben gewesen, denn lieber mehr bezahlen (und auch was davon haben) als das, was es jetzt für mich ist: ein Buch, das irgendwo ganz hinten im Bücherschrank ungelesen verstaubt.

Pitti
2. Februar 2021 - 21.23

Ech sin net oft do , a wann da seier rem fort... Proletenkaff stemmt-

Clemi
2. Februar 2021 - 19.21

"Ach Esch, du schaurig-schöne. Die einen halten die zweitgrößte Stadt des Landes für ein ruppiges Proletennest, die anderen lieben die einstige Hochburg der Eisenindustrie für ihre unverstellte Authentizität." - 29 Wörter, 1 einziges wird "gelesen" und aus dem kontext gerissen. und schon laufen die sog. sozialen medien zu höchstform auf. die welt und ihr umgang mit dem geschriebenen wort im jahr 2021.

HeWhoCannotBeNamed
2. Februar 2021 - 16.35

Die Frau hat Recht, das Nest hat Charakter.

KeenEscher
2. Februar 2021 - 16.32

Wann et em Esch geet, sinn déi Escher emmer ganz empfindlech. Wann et allerdéngs em Hondsdrécker geet, dann net méi sou. Woubäi den Escher-Minett-Charm, mat Héichuewen an alen raschtegen Industrierelikter, mat gro-brongen knaschtegen Fassaden verschwennt och emmer méi aus der Minett-Metropol. Déi eng freet et, déi aner gin nostalgesch.

Realist
2. Februar 2021 - 15.44

Wer die Wahrheit sagt, der braucht ein schnelles Pferd. War so, ist so und wird so bleiben.

Gross
2. Februar 2021 - 14.27

Die Frau hat Recht, das Nest ist unmöglich.