FLF-Gegner Katar im PorträtReich, umstritten, erfolgsorientiert

FLF-Gegner Katar im Porträt / Reich, umstritten, erfolgsorientiert
Am 2. Februar kehrten die katarischen Fußballer mit dem Gewinn des Asien-Cups zurück nach Doha und wurden dort gefeiert Foto: AFP/Karim Jaafar

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Es gibt nur wenige Nationen, die umstrittener sind als Katar. Der Golfstaat hat sich seit dem Beginn der 2000er-Jahre mit Milliarden von Petrodollars ein Sportimperium aufgebaut, das seinesgleichen sucht, und dabei viele Kritiker um sich geschart. Beim morgigen Gegner der luxemburgischen Fußballnationalmannschaft wird aber nicht nur eingekauft. 

QSI – Qatar Sports Investment. Diese drei Buchstaben stehen unter anderem für den bahnbrechenden Erfolg der Katarer in der Sportwelt. Chairman der Beteiligungsfirma ist kein anderer als Nasser Al-Khelaifi. Seit 2011 Präsident von Paris Saint-Germain und außerdem Eigentümer der beIN-Mediengruppe. Die Franzosen führte der 47-Jährige in die Fußball-Elite Europas und der TV-Sender ist mittlerweile im Besitz aller fast vorstellbaren Fernsehrechte. Unter dem Deckmantel der Qatar Foundation ist QSI auch als Geldgeber beim FC Barcelona tätig. Die Katalanen brachen 2011 mit einer 112 Jahre alten Tradition und druckten erstmals einen Sponsorennamen auf ihr Trikot. Der Preis: 170 Millionen Euro für fünf Jahre. 2017 mussten aber auch die Katarer erfahren, dass sie nicht alleine auf der Welt sind. Der chinesische Onlinehändler Rakuten überbot die Wüstensöhne und zahlte für vier Jahre satte 240 Millionen Euro.

Katar investiert aber nicht nur in den Fußball. Es gibt fast keine Sportart, die nicht schon einmal ein hochkarätiges Turnier oder Weltmeisterschaft am persischen Golf ausgetragen hat. 

Am aufsehenerregendsten war jedoch 2008 die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 an Katar. Korruptionsvorwürfe begleiten die Veranstaltung bis heute. Kurz nach der Entscheidung wurde kritisiert, dass das Emirat keine Fußballtradition besitzt und die klimatischen Bedingungen Sport nicht zulassen. 2015 wurde die WM endgültig in den Winter verlegt. Für das größte Entsetzen sorgen aber bis heute die Menschenrechtsverletzungen in Katar. Auf den Baustellen der WM-Stadien schufteten sich Tausende von Gastarbeitern zu Tode, die Rechte der Frauen und Homosexuellen werden mit Füßen getreten und nur ein richtiger Katarer (nur rund zehn Prozent der Bevölkerung) ist ein Bürger erster Klasse.

Sport ist in Katar ein Marketinginstrument. Einen neu geschaffenen Begriff, der diese Strategie umschreibt, gibt es auch: „Sportwashing“. Darunter versteht man die Bestrebungen eines Landes, sein öffentliches Ansehen durch Sportveranstaltungen zu verbessern. Katar hat diese Methode nicht erfunden, steht aber in den 2000er-Jahren sinnbildlich dafür. Diktatoren wie der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev oder sein weißrussischer Amtskollege Alexander Lukaschenko zogen in den vergangenen Jahren nach.

Das Emirat investiert aber nicht nur in internationale Topveranstaltungen, sondern auch in die sportliche Entwicklung der eigenen Bevölkerung. Die Top-Athleten werden in der Aspire Academy ausgebildet, einem hochmodernen Trainingszentrum am Rande der Haupstadt Doha. 2015, als das Tageblatt dort im Rahmen der Handball-Weltmeisterschaft zu Besuch war, erklärte der damalige Pressesprecher, dass „Katar nicht die Absicht hat, bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 mit eingebürgerten Spielern aufzulaufen“.

Das gilt jedoch bei weitem nicht für jede Sportart. Bei der besagten Handball-WM stieß Katar bis ins Finale vor. Die Mannschaft bestand damals aus drei Serben, einem Montenegriner, einem Franzosen, einem Spanier, einem Kubaner und einem Bosnier.

Die Fußballnationalmannschaft setzt sich jedoch vor allem aus Spielern zusammen, die in Katar geboren wurden oder im Emirat aufwuchsen. Wie bei Luxemburg, stammt auch in Katar ein Teil der Spieler von Einwanderern ab. Die Befürchtung, dass 2022 eingebürgerte Brasilianer und Argentinier für den Gastgeber der WM auflaufen würden, ist derzeit grundlos.

Die intensive und teure Jugendarbeit trug 2019 erstmals ihre Früchte. Überraschend gewann Katar erstmals den Asien-Cup und setzte sich im Finale gegen den Top-Favoriten Japan mit 3:1 durch. Das war bisher der größte Erfolg in der Geschichte des katarischen Fußballverbandes.

Bekanntester Wüsten-Kicker ist Linksaußen Akram Afif, der heute gegen Luxemburg nicht dabei sein wird. Wie fast alle Nationalspieler wurde auch der 24-Jährige in der Aspire Academy ausgebildet. Später lief er u.a. für Sporting Gijon und den FC Villarreal aus Spanien auf, bevor er im Juli 2020 in seine Heimat zurückkehrte und einen Vertrag bei Al-Sadd SC unterschrieb. Wie bei vielen anderen Absolventen der Akademie war eine seiner Stationen auch der ostbelgische Verein KAS Eupen. Seit 2012 gehört dieser Klub der Aspire Foundation – genau wie der spanische Drittligist Cultural Leonesa. Einen Topspieler haben die Katarer bisher noch nicht hervorgebracht. Der erfolgreichste Aspire-Fußball-Absolvent ist derzeit der Senegalese Moussa Wagué, der beim FC Barcelona unter Vertrag steht.

Die Scheichs werden aber auch weiterhin Millionen und Milliarden in den Sport stecken und wollen irgendwann ihren eigenen Topspieler formen. Bis dahin werden sie versuchen, alle nur möglichen Top-Events an den Persischen Golf zu bringen. Katar hatte sich für die Austragung der Olympischen Spiele 2032 beworben. Es ist jedoch höchstwahrscheinlich, dass Brisbane (Australien) den Zuschlag vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) erhalten wird.

Es scheint aber nur eine Frage der Zeit, bis die Katarer auch dieses Ziel erreichen werden. Eine Frage des Geldes ist es jedenfalls nicht.