KommentarPutin schwört sein Volk auf einen langen Krieg ein

Kommentar / Putin schwört sein Volk auf einen langen Krieg ein
Dahinter ist nur Leere (Bild aus einem Geschäft in Moskau) Foto: AFP/Alexander Nemenov

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Als Russland vor einem Jahr mit der Anerkennung der separatistischen „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk das Präludium für seinen nur drei Tage später begonnenen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine lieferte, zeigte es, dass es aus der zivilisierten Welt aussteigt. Allen Verlusten zum Trotz. Die Invasion – als „Verteidigung eigener Interessen“ verpackt – war der letzte Bruch Moskaus mit dem Westen. Das Vertrauen ist auf lange Zeit zerstört, etliche Verträge sind gebrochen. Dass nun auch der letzte in einer Reihe von einst sowjetisch-amerikanischen und später russisch-amerikanischen Verträgen zur Rüstungskontrolle, der überhaupt noch in Kraft war, auf Eis gelegt wird, wie Russlands Präsident Wladimir Putin in seiner Rede an die Nation ankündigte, zeugt von der Bereitschaft Putins, in seinem Kampf gegen den Westen bis zum Äußersten zu gehen.

Es ist der Kampf eines Besessenen. Eines, der seine Hand nicht zum Frieden reicht, sondern seine „Wahrheit“ im „Sieg“ gegen den Westen sieht. Dafür baut er sein Land um, alles im Namen des Krieges. Selbst wenn er den New-Start-Vertrag nicht aufkündigt, so ist das Aussetzen der Verpflichtungen ein schwerer Schlag für die strategische Sicherheit der Welt. Unsicherheit ist ein Treiber Moskaus.

Es sind krude Überzeugungen, an die Millionen von Russinnen und Russen glauben und für die Millionen russischer Männer Tod und Verderben in ein fremdes Land bringen

Die einzige Schuld an den katastrophalen Beziehungen zum Westen sieht Putin allein im Handeln der anderen. Russland dagegen stehe auf der Seite des Guten und Wahren, bläut er seinem Volk ein. Er predigt „echten Patriotismus“ und übergeht, wie die Gesellschaft von innen verrottet. Um ihren Familien ein besseres Leben zu bieten, lassen sich viele Russen im Kampf verheizen. Über den Sinn denken sie, des Hinterfragens kaum mächtig, selten nach. Für den Kreml ist das bequem, auch deshalb setzt er auf neue Bildungsreformen. Das Individuum soll ganz verschwinden im Weltbild des „ein Land, ein Volk, eine Wahrheit“.

Bestätigung für langen Krieg

Die Ukraine als Land spielt in Putins Obsession eine untergeordnete Rolle. In seinen Augen ist sie lediglich „russisches Territorium“, von „Geiseln“ bewohnt und vom Westen „okkupiert“. Es sind krude Überzeugungen, an die Millionen von Russinnen und Russen glauben und für die Millionen russischer Männer Tod und Verderben in ein fremdes Land bringen. Der Kreml hat den Tod fürs Vaterland zur Ideologie gemacht. Er wird sich nicht lösen davon. Putins Rede ist eine Bestätigung für einen langen Krieg.

Vieles, was Russland in den vergangenen mehr als 30 Jahren aufgebaut hat, hat Putin bereits eingerissen. Auch seine Rede zeigt, wie wenig der stark Gekränkte den Menschen im Land letztlich anzubieten hat als lediglich Prothesen für die Kriegsversehrten.