Antivax-ProtesteNach der Kritik nun das Lob: Politik würdigt Polizei-Einsatz

Antivax-Proteste / Nach der Kritik nun das Lob: Politik würdigt Polizei-Einsatz
Die nicht angemeldeten Proteste wurden am Samstag gleich im Keim erstickt. Bei anschließenden Ausschreitungen wurden mehr als 30 Personen in Gewahrsam genommen. Foto: Editpress/Anouk Flesch

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30 Festnahmen, mehrere hundert Identitätskontrollen und finanzielle Einbußen im Bahnhofsviertel: Bei Antivax-Protesten in Luxemburg-Stadt hat die Polizei am Samstag konsequent durchgegriffen. Mehr als 350 Demonstranten wurden kurz nach Beginn der Demo in der Avenue de la Liberté eingekesselt, Unruhestifter kamen sofort in Polizeigewahrsam. Die nicht gemeldeten Proteste wurden damit im Keim erstickt.

Öffentlich hatte Polizeiminister Henri Kox („déi gréng“) den Luxemburger Ordnungskräften in den vergangenen Tagen den Rücken gestärkt. Intern aber dürften in der Polizeidirektion die Wände gewackelt haben, nachdem Demonstranten am vorigen Wochenende quasi ungestört durch das Stadtzentrum ziehen konnten, um unter der Anführung einiger aus Frankreich angereister Krawallmacher für Unruhe zu sorgen. Die Polizei habe die Ausmaße der Proteste unterschätzt, so Kritiker. Auch sei es unverständlich, dass man Teilnehmer einer nicht gemeldeten Veranstaltung derart gewähren lasse.

Allein an der hohen Polizeipräsenz war an diesem Samstag zu erkennen, dass die Kritik nicht auf taube Ohren gefallen war. In den Tagen zuvor hatten die Behörden keine Zweifel daran gelassen, dass man bei erneuten Vorfällen außerhalb der ausgewiesenen Protestzone ausnahmslos durchgreifen werde. Worte, denen die Beamten vor Ort haben Taten folgen lassen: Kurz nach Beginn des Protestmarsches um 14.30 Uhr wurden mehr als 350 Teilnehmer auf der Avenue de la Liberté vollständig eingekesselt.

Innerhalb kürzester Zeit hatten Polizisten in schwerer Schutzkleidung den gesamten Straßenabschnitt zwischen dem Bahnhofsplatz und dem Pariser Platz abgeriegelt. Niemand wurde durchgelassen – was die Stimmung im Protestzug zusätzlich befeuerte. Mehrmals versuchten vereinzelte Teilnehmer, die Absperrung zu durchbrechen. Ohne Erfolg: Die Beteiligten wurden zurückgedrängt oder bei besonders schweren Verstößen gegen die öffentliche Ordnung von den Beamten aufgegriffen.

Immer wieder versuchten Teilnehmer, durch die Absperrung zu brechen. Dabei wurden die Beteiligten von der Polizei zurückgedrängt.
Immer wieder versuchten Teilnehmer, durch die Absperrung zu brechen. Dabei wurden die Beteiligten von der Polizei zurückgedrängt. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

„Pure Provokation“

Innerhalb des Protestzuges stieß das Vorgehen der Polizei auf wenig Verständnis. „Auf der einen Seite sagen Beamte, wir müssen zurück. Und auf der anderen Seite werden wir dann wieder nach vorne gedrängt. Wir sind komplett umzingelt und die Menge wird unruhig. Vorfälle sind quasi vorprogrammiert“, so ein Beteiligter gegenüber dem Tageblatt. Der Einsatz sei „pure Provokation“, die Gewalt der Beamten „unverhältnismäßig“, so die Kritik vieler Demonstranten.

Gegenüber dem Tageblatt bestätigt Protestteilnehmer Ben Schronen, die Veranstaltung per Brief an Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) und Polizeiminister Henri Kox angekündigt zu haben. Um die Proteste in geregelte Bahnen zu bringen und Unruhen zu vermeiden, wie der gelernte Koch betont. Bis Freitagnachmittag sei jedoch kein solches Schreiben bei der Stadtverwaltung eingegangen, so Bürgermeisterin Polfer auf Nachfrage dieser Zeitung.

Die Polizei habe den Demonstranten die Grenzen aufgezeigt. „Das ist gut so! Man kann sich nicht ungestraft über die Regeln hinwegsetzen“, betont Polfer. Zufrieden habe sie auch zur Kenntnis genommen, dass sich die Veranstalter der „Marche blanche silencieuse“ am Freitag auf eine Kundgebung vor der Philharmonie beschränkt hatten. Eigentlich war ein Protestmarsch zum Glacis vorgesehen. Wegen der in den sozialen Netzwerken angekündigten Gegen-Demo hatte die Bürgermeisterin die Teilnehmer aus Sicherheitsgründen darum gebeten, auf den Marsch zu verzichten.

Wichtig sei in erster Linie, dass auch dieses Mal wieder Schaden vermieden werden konnte, sagt Polizeiminister Henri Kox in einer ersten Reaktion gegenüber dem Tageblatt. Er werde sich am Montag mit den Verantwortlichen der Polizei treffen, um die Vorkommnisse des Wochenendes aufzuarbeiten. Dabei werde man die positiven und negativen Erkenntnisse aufarbeiten, um daraus die Lehren für den nächsten Einsatz zu ziehen. „Die Ereignisse der letzten Wochen haben gezeigt, dass kein Wochenende dem anderen gleicht. Die Polizei muss sich immer wieder anpassen“, unterstreicht Kox. Dies sei denn auch bereits der Fall gewesen.

Am Glacis hatten sich kaum 50 Teilnehmer eingefunden, die allerdings friedlich protestierten
Am Glacis hatten sich kaum 50 Teilnehmer eingefunden, die allerdings friedlich protestierten Foto: Editpress/Tania Feller

Das Demonstrationsrecht sei wichtig und gehöre zur demokratischen Gesellschaft. Es sei aber genauso wichtig darauf zu achten, mit wem man auf die Straße gehe, so der Minister. „Deshalb sollte man sich von Menschen distanzieren, die sich nicht für die Meinungsfreiheit einsetzen, sondern den Rechtsstaat bekämpfen. Das können wir nicht akzeptieren.“ Er könne den Demonstranten nur ans Herz legen, künftig auf die ausgewiesene Protestzone zwischen Glacis und Philharmonie auszuweichen. „Dort können sie ihrer Meinung friedlich und sicher freien Lauf lassen“, meint Kox.

„Ein großer Dank und Respekt an die Polizei“, schreibt hingegen der Abgeordnete und Erste Schöffe der Stadt Luxemburg, Serge Wilmes (CSV), auf Facebook. Die Beamten hätten gezeigt, dass man „in unserer Demokratie, in unserem Rechtsstaat und in unserem friedlichen Zusammenleben“ keine Unruhe und kein Chaos dulden werde. Dass die Polizei unter schwierigen Bedingungen einen guten Job geleistet habe, meint auch der Abgeordnete und Schöffe Laurent Mosar (CSV). Es sei nun an der Justiz, gegen jene Menschen vorzugehen, die sich nicht an die Gesetze und Regeln halten wollten, so Mosar auf Twitter.

Für den Abgeordneten Sven Clement (Piraten) war es ein „angemessener Einsatz“: „Die Demonstranten hatten die Wahl, sich einer friedlichen und angemeldeten Demo anzuschließen oder bei jener Veranstaltung mitzulaufen, die bis jetzt noch jedes Wochenende aus dem Ruder gelaufen ist“, so Clement. Kein Verständnis habe er für die Kritik der Beteiligten. Die Reaktion der Polizei sei im Vorfeld angekündigt worden, die Beteiligten müssten die Folgen ihrer Entscheidung akzeptieren.

Keine Schäden, aber finanzielle Verluste

Bis zu fünf Stunden lang mussten manche Demonstranten am Samstag in der Kälte ausharren. Die Teilnehmer wurden nämlich nur nach und nach aus dem abgesperrten Bereich zwischen der rue Glesener und der rue Origer entlassen. Dabei wurde jeder einzelne Beteiligte einer Identitätskontrolle unterzogen, was auch die Dauer der Aktion erklären dürfte.

31 Personen wurden im Laufe des Nachmittags von der Polizei aufgegriffen. Knapp die Hälfte davon wurde wegen leichteren Verstößen gegen die öffentliche Ordnung kontrolliert. Mindestens 16 weitere Beteiligte müssen allerdings mit juristischen Folgen rechnen. Sie waren unter anderem wegen Rebellion oder Angriffen auf Polizeibeamte festgenommen worden. Ein Mann befindet sich indessen in Untersuchungshaft. Der bekannte Straftäter soll sich ebenfalls der Rebellion schuldig gemacht haben.

Im Vergleich zur Veranstaltung am Bahnhof ist die fast zeitgleich stattfindende „Saturday for Liberty“ am Glacis weitgehend friedlich verlaufen. Dort hatten sich kurz nach 14.00 Uhr weniger als 50 Personen eingefunden. Die Polizei war zwar mit einem verstärkten Aufgebot im Einsatz, doch wurden bis auf einige leichte Verkehrsbehinderungen keine weiteren Zwischenfälle registriert. 

Auch wenn zunächst keine Sachschäden zu beklagen waren, haben vereinzelte Geschäfte im Bahnhofsviertel am Samstag aber finanzielle Verluste erlitten. Während der Sperre nämlich waren die Läden auf besagtem Abschnitt für Kunden nicht zugänglich. „Die Geschäftswelt im Bahnhofsviertel hat unter den Protesten gelitten“, bestätigt Bürgermeisterin Lydie Polfer und verspricht: „Wir werden sehen, wie wir den Betroffenen helfen können.“

Die Geschäfte zwischen Bahnhof und Pariser Platz waren für die Dauer der Proteste nicht zugänglich
Die Geschäfte zwischen Bahnhof und Pariser Platz waren für die Dauer der Proteste nicht zugänglich Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante
Neckel
17. Januar 2022 - 13.13

Net ugemellt, vill Leit ouni Mask an keng Distanz. Polizei hat vollkommen recht.