Ab nächster „Rentrée“Meisch stellt sechste Europaschule in Luxemburg vor

Ab nächster „Rentrée“ / Meisch stellt sechste Europaschule in Luxemburg vor
Bildungsminister Claude Meisch stellte am Mittwoch das Konzept der neuen Europaschule in Luxemburg-Stadt vor Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Luxemburg bekommt eine neue Europaschule. Sie wurde auf den Namen des liberalen Premiers und EU-Kommissionspräsidenten Gaston Thorn getauft. Laut Bildungsminister Claude Meisch soll die Schule die Diversifizierung des schulischen Angebots vorantreiben.

Zur nächsten „Rentrée“ öffnet eine weitere zugelassene Europaschule ihre Tore in Luxemburg. Es ist bereits die sechste im Land, und die erste in Luxemburg-Stadt. Bildungsminister Claude Meisch zeigte sich auf der Pressekonferenz am Mittwoch erfreut darüber, dass Luxemburg es fertiggebracht habe, in allen Regionen des Landes – und nun auch in der Hauptstadt – ein alternatives Angebot zum klassischen Schulprogramm anbieten zu können. „Nicht, weil die Schule besser wäre, aber weil ich fest daran glaube, dass sie besser ist für manche Schüler.“

Laut Meisch sei die Schule ein Spiegelbild der Gesellschaft. Und diese habe sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert. Sie sei heterogen und multikulturell geworden, die Mehrsprachigkeit finde in den Familien zu Hause statt. Jeder wachse mit einer anderen Sprache auf. „Die Gesellschaft braucht also auch eine Diversifizierung des schulischen Angebots“, schlussfolgert er. „Damit wir wirklich sicher sein können, dass jedes Kind faire Bildungschancen bekommt und ein schulisches Angebot findet, das seinen Talenten, seinen Sprachen und Ambitionen entspricht.“ Europaschulen seien ein Modell, das diesen Herausforderungen Rechnung trage, so der Minister. Die „Ecole internationale Gaston Thorn“ (EIGT) nennt Meisch ein weiteres Puzzlestück einer attraktiveren und vielfältigeren Bildungslandschaft, die den unterschiedlichen Sprachen, Talenten und Ambitionen der Schüler gerecht würde.

Nicht, weil die Schule besser wäre, aber weil ich fest daran glaube, dass sie besser ist für manche Schüler

Claude Meisch, Bildungsminister

Als Namensgeber der neuen Europaschule habe der Regierungsrat am vergangenen Freitag jenen des Luxemburger Premiers aus den 70er Jahren, Gaston Thorn, festgelegt. Thorn gehörte der gleichen Partei an wie heute Bildungsminister Claude Meisch. Nach seiner Laufbahn als Premier wurde Thorn zum ersten Luxemburger EU-Kommissionspräsidenten ernannt. Meisch beschrieb Thorn als eine Persönlichkeit, die versucht habe, Luxemburg zu modernisieren und es an die Gesellschaft und Wirtschaft anzupassen. „Dieser Geist wird hier gelebt“, sagte er. Die neue Europaschule vermittele genau diese Werte.

Flexibler im Umgang mit Sprachen

2016 wurde in Differdingen die erste zugelassene Europaschule in Luxemburg aufgemacht und 2017 in Esch/Alzette eine Zweigstelle dazugesetzt. 2018 entstanden weitere Europaschulen in Clerf, Mondorf und Linster. 2021 wurde die fünfte ihrer Art in Mersch eröffnet und 2022 die sechste in Luxemburg-Stadt unter dem Namen des DP-Politikers. Claude Meisch erläuterte am Mittwoch, dass die zugelassenen Europaschulen ein europäisches Programm lehren und das europäische Abitur anvisieren. Gleichzeitig handele es sich dabei um öffentliche Schulen, die gratis und zugänglich für alle Schüler seien.

Die Schüler können demnach wählen, in welcher Sprache sie alphabetisiert werden wollen. Und sie können auswählen, welche Sprache sie als erste und zweite Fremdsprache lernen wollen.

Jessy Medinger, Koordinatorin des pädagogischen Teams der Europaschule

Laut Meisch fördert die Europaschule die Mehrsprachigkeit und erlaubt es den Schülern, nach dem europäischen Abitur im Ausland auf einer Uni zu studieren. Dieses Modell sei im Umgang mit den Sprachen ein Stück weit flexibler als das traditionelle Luxemburger Schulsystem. „Der Schüler hat mehr Wahlmöglichkeiten. Er kann auswählen, welche Unterrichtssprache er vorzieht, weil er entscheidet, auf welche Sprachsektion er gehen will“, sagte Meisch. „Gegenüber unserem traditionellen Schulsystem ist das Modell der Europaschule mindestens genauso vielsprachig, wobei wir die Mehrsprachigkeit aber viel flexibler in den jeweiligen Klassen wiederfinden und damit den Sprachen der Schüler viel näherkommen können.“

Jessy Medinger, Koordinatorin des pädagogischen Teams, erläuterte die drei Standpfeiler der Europaschule Gaston Thorn: Demokratie, Digitalisierung und Musik
Jessy Medinger, Koordinatorin des pädagogischen Teams, erläuterte die drei Standpfeiler der Europaschule Gaston Thorn: Demokratie, Digitalisierung und Musik Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Jessy Medinger, Koordinatorin des pädagogischen Teams, welches das Projekt ausgearbeitet hat, erläuterte am Mittwoch, dass drei Sprachsektionen zur Auswahl stehen: Deutsch, Englisch und Französisch. „Die Schüler können demnach wählen, in welcher Sprache sie alphabetisiert werden wollen“, sagte sie. „Und sie können auswählen, welche Sprache sie als erste und zweite Fremdsprache lernen wollen.“ Ein Schüler könne sich ein wenig nach dem Baukastensystem zusammensetzen, in welcher dieser drei Sprachen er den Unterricht haben möchte. Zusätzlich zu diesen drei Sprachen lerne jedes Kind Luxemburgisch.

Luxemburgisch wird obligatorisch

Die Grundschule soll in der rue verte in Zessingen angesiedelt werden, das Lyzeum am „Geesseknäppchen“. Wie in den anderen Europaschulen hierzulande, habe man auch bei der neuen Schule ein Luxemburger Plus, wie Meisch es formulierte, hinzugefügt. Das heißt, dass die Luxemburger Sprache in der Grundschule und in den drei ersten Jahren im Lyzeum obligatorisch unterrichtet wird. Danach sei das Fach als freiwillige „Option“ wählbar. Das zweite Plus sei das Konzept der Ganztagsschule, so Meisch. Sowohl Grund- als Sekundarschule werden demnach auch außerhalb der regulären Schulzeiten geöffnet sein. In der Grundschule steht den Schülern ein „Foyer scolaire“ zur Verfügung, welches im gleichen Gebäude untergebracht ist. Im Lyzeum werden zahlreiche Aktivitäten nach der regulären Schulzeit angeboten. Als drittes „Plus“ nannte der Bildungsminister das pädagogische Konzept. In der neuen Schule werde der Fokus auf drei Bereiche gesetzt: Demokratie, Digitalisierung und Musik.

Das Hauptziel der Europaschule ist es, den Schülern Vertrauen in ihre eigene kulturelle Identität zu geben.

Jessy Medinger, Koordinatorin des pädagogischen Teams der Europaschule

Jessy Medinger sagte: „Das Hauptziel der Europaschule ist es, den Schülern Vertrauen in ihre eigene kulturelle Identität zu geben.“ Zur Digitalisierung sagte sie: „Tablets werden genutzt, nicht nur um das logische, sondern auch um das kritische Denken der Schüler zu fördern.“ Die Stärke beim Einsatz der Tablets liege nicht nur bei dem, der wisse, wie es funktioniert, sondern auch bei jenem, der wisse, was hinter dem Bildschirm passiert. Ab dem „Secondaire“ werden die Schüler mit Tablets ausgestattet. Zum Bereich „Demokatie“ hebte Medinger die Zusammenarbeit mit dem Zentrum für politische Bildung (ZpB) hervor. „Demokratie lernen und leben, gehen Hand in Hand“, sagte sie. „Wir fördern die Partizipation der Schüler und jene der Eltern.“ Die jungen Menschen sollten demnach mitbestimmen, was sie tun. Und sie sollten lernen, wie Demokratie funktioniert. Der dritte Standpfeiler ist die Musik. „Die Musik verbindet uns, unabhängig welche Sprache wir sprechen.“ Zudem fördere sie die Kreativität. Medinger erwähnte die Zusammenarbeit mit dem Konservatorium von Luxemburg-Stadt.

Wer sich fürs nächste Schuljahr einschreiben möchte, kann dies ab dem 1. März 2022 auf der neuen Webseite eigt.lu machen.

Europaschule könnte traditionelles Schulsystem inspirieren

Auf die Tageblatt-Frage, wieso man denn nicht das traditionelle Schulsystem an die heterogene Gesellschaft anpasse, statt Europaschulen ins Leben zu rufen, antwortete Bildungsminister Claude Meisch: „Ich möchte nicht unbedingt ein Modell gegen das andere stellen. Wir haben aber gesehen, dass unser traditionelles Schulsystem der sozialen und sprachlichen Heterogenität in der Gesellschaft nicht immer gerecht wird.“ Deshalb sei es ihm wichtig, auf ein Modell zu setzen, das sich in dieser Hinsicht bewährt habe und welchem die Eltern Vertrauen schenken könnten. Meisch sagte aber auch, dass man im traditionellen System nicht dort stehen bleiben könne. Dieses Schulsystem könne durchaus etwas vom europäischen Modell lernen, insbesondere der flexiblere Umgang mit den Sprachen. Meisch nannte die Möglichkeit einer Alphabetisierung in einer anderen Sprache, welche der Muttersprache der Schüler näherkomme. „Ich denke, dass das schon ein Paradigmenwechsel wäre für all unsere Schulen.“ Doch dazu müsste eine breit geführte Diskussion mit allen Akteuren geführt werden. „Wir müssen die Lehrer, die das umsetzen sollen, da auch mitnehmen können“, sagte er. Meisch nannte den sogenannten „Lernplan 20-25″, der seit einigen Monaten über neue Prozesse diskutiere. Er wolle dem nicht vorgreifen.

Jacky Wano
10. Februar 2022 - 8.14

Und eines der ehemals weltweit besten Schulsysteme (unser lycée classique) wird weiter gegen die Wand gefahren. 0 Anpassungen an die gesellschaftlichen Veränderungen, noch nicht einmal ein Diskussion. Vive de Liberalismus à la DP!