EU-ParlamentLuxemburgische Abgeordnete sorgen sich um Zugewinne von Rechtsextremen bei EU-Wahlen

EU-Parlament / Luxemburgische Abgeordnete sorgen sich um Zugewinne von Rechtsextremen bei EU-Wahlen
V.l.: Marc Angel (S&D), Charles Goerens (Renew), Martine Kemp (EVP), Tilly Metz (Grüne), Monica Semedo (Renew) und Isabel Wiseler-Lima (EVP)  Foto: Editpress/Alain Rischard

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Rund ein halbes Jahr vor den Europawahlen im Juni 2024 zogen die sechs luxemburgischen EU-Parlamentarier am Montag erstmals Bilanz, blickten jedoch auch mit Sorgen auf die anstehende Wahl, bei der vor allem rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien in der Union Gewinne vorausgesagt werden.

Noch haben die EU-Parlamentarier sechs Plenartagungen in Straßburg vor sich, bevor sie in den Wahlkampf ziehen. Dennoch zeichnen sich die Wahlen zum Europäischen Parlament (EP), die vom 6. bis 9. Juni kommenden Jahres stattfinden werden, bereits am zeitlichen Horizont ab. Und werfen auch einen gewissen Schatten voraus. „Wir machen uns ganz viele Sorgen“, gesteht der liberale EP-Abgeordnete Charles Goerens und verweist auf eine Liste, die er jüngst in den Medien gesehen habe. Dabei seien von den 27 EU-Mitgliedstaaten 18 Länder aufgezählt worden, in denen eine rechtspopulistische oder rechtsextreme Partei entweder an der Regierung beteiligt oder zweitstärkste Kraft im jeweiligen Land war.

Nicht nur der jüngste Wahlerfolg der ausländer- und EU-feindlichen Partij voor de Vrijheid (PVV) im EU-Gründungsland, den Niederlanden, die mit ihrem Vorsitzenden Geert Wildrs stärkste Kraft in Den Haag geworden ist, ließ viele aufschrecken. Vor allem Umfragen wie jene von Europe Elects, in denen den beiden stramm rechten Fraktionen Rekordgewinne prognostiziert werden, sorgen für Aufmerksamkeit. Zumal der rechtsextremen Parlamentsfraktion Identität und Demokratie (ID) zugetraut wird, nicht nur die nur minder rechte Fraktion Europa der Konservativen und Reformer (EKR), sondern auch die liberale Renew-Fraktion hinter sich zu lassen. Damit könnte die ID zur drittstärksten Kraft im EP aufsteigen.

Die beiden Fraktionen EKR und ID geben dem Nationalen den Vorzug, wenn auch in teils unterschiedlicher Ausprägung. In der EKR gibt die bisherige polnische Regierungspartei PiS den Ton an, da sie die meisten Abgeordneten stellt. Vertreten sind zudem die italienische Fratelli d’Italia oder die spanische Partei VOX. Auch die luxemburgische ADR gehört der Partei EKR an. In der ID sind unter anderem die italienische Lega von Matteo Salvini, der Rassemblement national von Marine Le Pen sowie die deutsche AfD vertreten. Beiden Fraktionen wird vorausgesagt, dass sie bei den EP-Wahlen ihre Sitzzahl von 67 auf 82 (EKR) und gar von 59 auf 87 (ID) erhöhen könnten.

Der „Cordon sanitaire“ bröckelt

Da werde sich etwa die Frage stellen, wie dann wichtige Posten im Parlament besetzt werden, meint Charles Goerens und spricht sich dafür aus, dass die aus konservativer Volkspartei (EVP), Sozialdemokraten und Liberalen bestehende Allianz um die Grünen-Fraktion erweitert werden müsse. Der „Cordon sanitaire“ um die rechten Parteien müsse ausgebaut werden, so der Liberale. „Den gibt es leider nicht mehr“, findet der S&D-Abgeordnete Marc Angel. Und auch die Grünen-Politikerin Tilly Metz meint, der „Cordon sanitaire“ sei verblasst. Marc Angel verweist darauf, dass aus der EVP-Fraktion Versuche einer Annäherung zu den rechten Fraktionen stattfinden würden. „Nicht von Luxemburgern“, betont er jedoch einschränkend.

Die EVP-Abgeordnete Isabel Wiseler-Lima verweist denn auch darauf, dass die EVP eine „fundamental demokratische Partei“ sei. Sie gesteht allerdings, dass ihre Fraktion „zu lange“ nichts in Sachen Ungarn, will heißen hinsichtlich der Mitgliedschaft der ungarischen Regierungspartei Fidesz von Viktor Orban in der Fraktion, getan habe. Mittlerweile gehört die Orban-Partei nicht mehr der EVP an, konnte sich im EP allerdings weder der EKR noch der ID anschließen.

Nicht das Vokabular der Extremen übernehmen

Isabel Wiseler-Lima warnt davor, die Ideen oder das Vokabular der Extremen zu übernehmen. „Wir müssen höllisch aufpassen“, so Tilly Metz und empfiehlt, bei den Transitionen in den Bereichen Energie und Digitales die Menschen und ihre Ängste ernst zu nehmen und sie auf dem in ihren Augen notwendigen Weg der Veränderungen „mitzunehmen“. Auch die neue EVP-Abgeordnete Martine Kemp plädiert dafür, dass die EP-Abgeordneten sich darum bemühen müssten, den Menschen die Politiken der EU näherzubringen.

Sorgen vor dem, was da im Juni auf sie zukommen wird, macht sich auch Marc Angel. Er verweist darauf, dass die Rechtsextremen zwar sagen würden, sie kümmerten sich um „die kleinen Leute“. Doch bei den Abstimmungen über die Gesetze im EP würden die Abgeordneten der EKR und ID oft genug den Interessen der Unternehmen und Lobbyisten folgen. „Die stimmen im EP für Big Business ab“, so Angel, der in seiner Funktion als EP-Vizepräsident auch schon mal Abstimmungsrunden im Plenum leitet. Die Rechtsextremen schafften es, dass die von ihnen propagierten Klischees sich verfestigten, findet die Renew-Abgeordnete Monica Semedo. Sie empfiehlt daher, diesen mit Gegenbeweisen entgegenzutreten.

Europawahlen: An Motivation fehlt es nicht

Rund sechs Monate vor den Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) stellt sich die Frage, wer denn von den sechs luxemburgischen EP-Abgeordneten wieder antreten wird. Nun, an Motivation scheint es nicht zu fehlen. Alle sechs gaben am Montag bei einem Pressetermin mehr oder weniger zu Protokoll, für eine weitere Mandatszeit zur Verfügung zu stehen. Darüber allerdings bestimmen die jeweiligen Parteien. Anfang März werde in seiner Partei, der LSAP, entschieden, so der S&D-Abgeordnete Marc Angel, der zu Beginn des Jahres erst zum Vizepräsidenten des EP gewählt wurde. Er wolle als Ko-Spitzenkandidat der Liste antreten, wobei man gespannt sein dürfte, ob der ehemalige luxemburgische Außenminister Jean Asselborn der andere „Ko“ sein wird. Oder doch eher der luxemburgische EU-Kommissar Nicolas Schmit? Laut Medienberichten wird Schmit bei den europäischen Sozialisten als Spitzenkandidat für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten gehandelt. Angel zumindest deutet an, dass es für ihn die letzte Wahl sein könnte. Sie stehe „zur Verfügung“, die Partei würde entscheiden, meint ihrerseits Isabel Wiseler-Lima kurz und knapp, während Tilly Metz nach vorne prescht. „Ganz motiviert“ sei sie, denn es gebe noch wichtige Dossiers, die sie angehen wolle. Sie wolle „noch gerne für ihre Anliegen weiterkämpfen“, gibt sich die Grünen-Politikerin entschlossen. Martine Kemp hat eben erst angefangen, als sie vor etwas mehr als einem Monat den Posten von Christophe Hansen übernahm, der in die heimische Politik wechselte. Die junge EVP-Abgeordnete will denn auch „ganz, ganz gerne weitermachen“. Monica Semedo wiederum hat als Partei-Unabhängige einen schwereren Stand. Sie werde erst einmal sehen, ob sie noch einmal antreten wolle, erklärt die Renew-Abgeordnete. Er werde erst einmal die anstehende „Zeit der Besinnung“ vorbeiziehen lassen, meint Charles Goerens, versichert aber, wohl um alle Zweifel zu zerstreuen, dass „die Motivation nach wie vor vorhanden ist“. (gk)

JJ
13. Dezember 2023 - 11.36

@jung.luc. also zurück zu geschlossenen Grenzen mit Zoll und Geldumtausch?Wenn die Schweiz nicht gemütlich im Zentrum der Union ruhen würde sähen die Eidgenossen die Chose auch anders.Zudem war es sehr knapp bei der Beitrittsabstimmung damals.Wenn die Sennen und Bauern nicht gegen die EU gestimmt hätten......wären sie dabei.

jung.luc.lux
12. Dezember 2023 - 17.34

Europa ist eine Lachnummer. Die Schweiz lebt sehr gut ohne Europa und die sie ist keine Lachnummer. Die Wähler haben es einfach satt von Europa.

michael-foehren
12. Dezember 2023 - 12.56

Das ist kein Problem von Luxemburg.Es ist das Problem einer gescheiterten Asyl-Politik der EU. Diesen Schuh kann sich Frau von der Leyen anziehen.Kann sich dann ja wieder mit Frau Merkel beratschlagen.Aber die beiden schaffen das JA Wo gibt es das sonst,das sich die EU in Asylfragen von Mitgliedsstaaten erpressen lässt?????? Es ist in diesem Punkt schon 5 nach 12!!!!!!!! Eine Schande für Europa.Da werden asylsuchende Menschen wie Vieh behandelt.

claudespartz
12. Dezember 2023 - 8.58

Seit Monaten wird uns in der Presse ein Ultrarechtsruck bei den EP Wahlen prognostiziert . Bei vielen Waehlern kommt da bestimmt der Gedanke auf -Da wollen wir sie mal nicht enttaeuschen . Die intressantere Frage fuer uns ist ,wer kapert bei den Wahlen den Sitz der Gruenen .

JJ
12. Dezember 2023 - 8.45

Semedo in neuem Glanz.Als wäre nix geschehen.