Klima und KohleLützerath ist fast ganz geräumt – Aus Luxemburg fahren „Klimasenioren“ zur Großdemo

Klima und Kohle / Lützerath ist fast ganz geräumt – Aus Luxemburg fahren „Klimasenioren“ zur Großdemo
Ein Polizist führt einen Umweltschützer mit einem Porträt eines Landwirts ab, der lange Zeit für seinen Hof kämpfte und als letzter Einwohner von Lützerath zum Symbol der Klimabewegung wurde Foto: AFP

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Die Räumung des Orts Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier ist am Freitag weiter fortgeschritten. Während die Häuser des kleinen Orts größtenteils geräumt wurden, harrten laut Polizei mindestens zwei Klimaaktivisten weiterhin in einem Tunnel aus. Aktivisten erwarteten indes neuen Auftrieb für ihren Protest durch eine für Samstag geplante Demonstration in der Nähe des Orts.

Seit Mittwoch war der Räumungseinsatz der Polizei rasch fortgeschritten. „Wir sind viel besser vorangekommen, als wir dachten“, sagte eine Polizeisprecherin am Freitag im Sender Phoenix. Der Einsatz könne möglicherweise schneller abgeschlossen werden als erwartet.

Auch am Freitag besetzten Aktivisten weiterhin Hausdächer und Baumhäuser. Laut Aktivisten kam es auch zu Spontandemonstrationen mit mehreren hundert Menschen in der Nähe von Lützerath.

Zu den Strukturen, welche die am Mittwoch begonnene Räumung der Siedlung weiter verzögern sollten, gehörte nach Angaben von Polizei und Aktivisten auch ein unterirdischer Tunnel. In diesem sollen mindestens zwei Aktivisten ausgeharrt haben.

Die Polizei reißt am 12. Januar 2023 ein Baumhaus von Umweltschützern im westdeutschen Dorf Lützerath ab
Die Polizei reißt am 12. Januar 2023 ein Baumhaus von Umweltschützern im westdeutschen Dorf Lützerath ab Foto: AFP

Der Aachener Polizeichef Dirk Weinspach sprach im Westdeutschen Rundfunk von einem viereinhalb Meter tiefen Schacht, der senkrecht hinuntergehe. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk prüften, wie die Aktivisten „sicher“ geborgen werden könnten.

„Die Polizei ist leider schneller im Dorf als gedacht“, räumte eine Sprecherin der Initiative Lützerath in einem auf Twitter veröffentlichten Video ein. Sie kündigte eine Verlagerung der Proteste auf das Gebiet des Tagebaus an.

Die Räumung des verlassenen Dorfs am Rande des Tagebaus Garzweiler hatte am Mittwoch begonnen und wird von teilweise heftigem Widerstand begleitet. Beamte wurden laut Polizei wiederholt mit Pyrotechnik, Steinen und Farbbeuteln beworfen. Inzwischen ist laut Einsatzkräften aber ein Großteil der Ortschaft bereits geräumt. Mehr als 300 Menschen verließen diese demnach bis Donnerstagabend.

Der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) verteidigte das Vorgehen der Beamten. „Die Polizei vollstreckt ein rechtskräftiges Urteil“, sagte der Grünen-Politiker dem Spiegel. Sie habe „keinen Handlungsspielraum an dieser Stelle“.

Die Polizei evakuiert am 12. Januar 2023 ein von Umweltschützern besetztes Haus im westdeutschen Dorf Lützerath
Die Polizei evakuiert am 12. Januar 2023 ein von Umweltschützern besetztes Haus im westdeutschen Dorf Lützerath Foto: AFP

Auch Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) betonte, der Konzern RWE habe das Recht, die Ortschaft zu beanspruchen. „Für mich als Grüner ist es ganz klar, dass man hier auf der Seite stehen muss, wo das Recht steht“, sagte er im Deutschlandfunk.

Begleitet wird die Räumung von Lützerath von Protestaktionen an anderen Orten. Rund 30 Aktivisten blockierten in Essen ein Tor der RWE-Konzernzentrale, wie die Gruppe Extinction Rebellion auf Twitter mitteilte. Auch in Berlin gab es Proteste. Eine in der Nacht auf Freitag von Aktivisten besetzte Geschäftsstelle der Grünen in Düsseldorf konnte am Morgen geräumt werden.

Das Aachener Verwaltungsgericht gab am Freitag grünes Licht für eine für Samstagmittag bei Lützerath geplante Demonstration, bei der mehrere tausend Menschen erwartet werden – darunter auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg.

„Wie im Krieg“: Darum fährt ein Luxemburger nach Lützerath

Am Samstag reist auch eine Gruppe Luxemburger zur Demo nach Lützerath, die den Altersschnitt vor Ort möglicherweise etwas anheben wird: Die „Klimasenioren Luxemburg“ haben sich vor zwei Monaten nach dem Vorbild einer umtriebigen Schweizer Vereinigung begründet und zählen derzeit 18 Mitglieder, wovon vier am Samstag zusammen nach Lützerath fahren. „Um uns da bemerkbar zu machen“, erklärt der 74-jährige Carlo Mullesch am Freitag gegenüber dem Tageblatt. Dazu bringe er ein Banner mit folgender Aufschrift mit: „Energy Providers Can Make Profits And Destroy Villages And Destinies Like In War“.

Die Solidarität älterer Semester mit den oft jugendlichen Klimaprotestlern mag keine Selbstverständlichkeit sein, doch Mullesch erklärt, bisher bei allen Demonstrationen von „Youth For Climate“ dabei gewesen zu sein. Und: „Zu unserer nächsten Versammlung haben wir die auch eingeladen, um Ihnen zuzuhören!“

Er habe bei Demonstrationen in der Lausitz vor einigen Jahren gesehen, was es heißt, wenn für den Kohleabbau immer neue Landschaften und Siedlungen umgepflügt werden: „Daran hängen Schicksale und Erinnerungen von Leuten, wenn Häuser, Kirchen, Friedhöfe umgesiedelt werden. Das erinnert mich zu sehr daran, was im Krieg passiert“, sagt Mullesch und ist sicher: „2023 haben wir andere Möglichkeiten.“ Er sei jedenfalls überzeugt, „dass Deutschland ohne die Kohle unter Lützerath über die Runden kommt“. (Eine Ansicht, die unlängst auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung geteilt hat.)

In Luxemburg sieht Mullesch die Aktivitäten von Umweltverbänden wie Greenpeace an der richtigen Stelle, wenn es gegen das „Greeenwashing“ geht und gegen einen Pensionsfonds, der immer noch „nicht klimaneutral und menschenfreundlich“ sei. 

ARMO
15. Januar 2023 - 9.31

@ Phil / Richteg, well "Alter schützt vor Torheit nicht".

Phil
14. Januar 2023 - 12.39

Fräi nom Motto "et gett kee schlecht Wieder" missten dach Joschka Fischer, Jürgen Trittin, Jupp Weber, Serge Kollwelter, Francois Bausch, Claude Turmes, Blanche Weber schon längstens mam Velo, Dräirad an Trottinette an der Eifel ënnerwee sin... Esou eppes wéi en gréng Oldtimer-Rallye!