Reaktionen auf TripartiteLob für Kompromissbereitschaft, Kritik an Gießkannenpolitik

Reaktionen auf Tripartite / Lob für Kompromissbereitschaft, Kritik an Gießkannenpolitik
Die Sozialpartner während der Tripartite-Sitzung am Mittwoch Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die Indextranche kommt wie geplant – und wird doch verschoben. Das ist einer der vorläufigen Kompromisse, auf die sich die Sozialpartner während der Tripartite am Mittwoch geeinigt haben. Im Parlament würden die Pläne von Regierung, Gewerkschaften und Sozialpartnern offenbar auf eine breite Zustimmung stoßen. Aber es gibt auch heftige Kritik. 

Josée Lorsché, „déi gréng“

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Josée Lorsché
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Josée Lorsché Foto: Editpress-Archiv/Fabrizio Pizzolante

„Prinzipiell ist es begrüßenswert, dass die Tripartite zusammengekommen – und auch zusammengeblieben ist“, sagt Josée Lorsché, Fraktionschefin der Grünen. Man habe in der Pressekonferenz vom Mittwoch gehört, dass die Gespräche gut verlaufen sind: Die Gewerkschaftsvertreter hätten von konstruktiven Gesprächen berichtet und das Patronat sei erfreut über die kommenden Unterstützungen. „Die Regierung hat da natürlich auch ein starkes Match gespielt, damit wir dahin kommen, wo wir jetzt stehen.“ Gerade in dieser Situation, die extrem angespannt und schwierig ist, sei es nicht einfach, eine Tripartite zu führen.

Wenn drei Partner zu einem Ergebnis kommen wollen, dann müssten sie auch bereit sein, aufeinander zuzugehen. Das sei ihrer Meinung nach eindeutig der Fall gewesen. Die Basis sei gut, um sich nun mit Detailfragen beschäftigen zu können. Zudem hätten sich die Sozialpartner noch bis kommenden Donnerstag Zeit gegeben. „Das zeigt, dass nicht oberflächlich diskutiert wird, sonst wären die Gespräche schon vorbei“, meint Lorsché. „Meine Hoffnung ist groß, dass eine Übereinkunft zustande kommt.“

Marc Goergen, Piraten

Marc Goergen, Piraten-Abgeordneter
Marc Goergen, Piraten-Abgeordneter Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

Seine Partei sei nicht dafür, dass die zweite Indextranche ausfalle – das sagt der Piraten-Abgeordnete Marc Goergen gegenüber dem Tageblatt. „Für uns wird da der Bürger beklaut, weil alle wissen, dass er das nie wiederbekommt“, meint Goergen. Das System der verschobenen Indextranche funktioniere nur, wenn in den darauffolgenden Jahren keine Indextranchen anfallen würden. Der „crédit d’impôt“ sei gut – aber das heiße nicht, dass man den Index ausfallen lassen könne. Der Abgeordnete sei der Meinung, dass den Angestellten in Luxemburg die 2,5 Prozent in ein paar Jahren fehlen werden.

Goergen kritisiert auch die Reduktion von 7,5 Cent auf die Spritpreise. Dieser Betrag sei „lächerlich“. Goergen: „Jemand mit einem dicken Porsche Cayenne spart wesentlich mehr auf seinem Tank und seinem Verbrauch als ein Familienvater mit seinem Clio – sie subventionieren jetzt die umweltschädlichen Autos.“ Das sei paradox  – und keine Umweltpolitik. Goergen sei überrascht, dass die Gewerkschaften diese Maßnahmen so unterstützt hätten. „Wenn der ‚crédit d’impôt’ fünf und nicht 2,5 Prozent beträgt, dann ändern wir unsere Meinung – aber ich gehe nicht davon aus, dass es fünf Prozent sein werden”, sagt der Piraten-Politiker.

Martine Hansen, CSV

CSV-Fraktionschefin Martine Hansen
CSV-Fraktionschefin Martine Hansen Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

„Einem Tripartite-Accord stehen wir natürlich positiv gegenüber“, sagt CSV-Fraktionspräsidentin Martine Hansen. „Wenn die Sozialpartner gemeinsam etwas aushandeln, stehen wir da auch dahinter.“ Es seit gut, dass es „endlich“ zu einer Tripartite gekommen sei und die Sozialpartner miteinander geredet hätten. „Der Sozialdialog gehört zu unserer DNA – es war richtig und absolut dringend, dass sie endlich zusammenkommen“, sagt Hansen. „Die Tripartite ist das Kriseninstrument par excellence. Wir sollten es auch nutzen.“ 

Hansen begrüßt, dass am Instrument des Index nicht grundsätzlich geschraubt wurde. „Die erste Tranche wird ausgezahlt“, sagt sie. „Und wenn die Sozialpartner sich einig sind, dass die zweite Tranche ausgesetzt wird, dann sind wir auch damit einverstanden.“ Das sei schon einmal so gemacht worden. Hansen ist zuversichtlich, dass die Vorhaben nächste Woche von den Sozialpartnern auch verschriftlicht werden. „Wenn ich die Gesichter in den Fotos nach der Tripartite sehe, würde ich sagen, dass alle zufrieden sind“, sagt sie. „Aber ich weiß nicht, welche Details schon durchdiskutiert wurden.“  

Gilles Baum, DP

DP-Fraktionspräsident Gilles Baum
DP-Fraktionspräsident Gilles Baum Foto: Editpress-Archiv/Didier Sylvestre

„Wir schlittern ohne Atempause in die nächste Krise“ – aber DP-Fraktionschef Gilles Baum glaubt, dass an den beiden Verhandlungstagen der Tripartite „ein sauberes Abkommen“ gefunden wurde. Das finale Abkommen zeichne sich ab und gehe definitiv in die richtige Richtung. Baum meint, der Staat würde mit diesem Maßnahmenpaket durchaus zeigen, dass er bereit sei, seinen Teil beizutragen, um jenen unter die Arme zu greifen, die es derzeit am schwierigsten haben. Es glaubt, die Regierung habe fair und auf Augenhöhe mit Patronat und Gewerkschaften verhandelt. Allerdings würden die einzelnen Vertragspartner nun in ihre Lager zurückkehren und die nächsten Schritte besprechen.

Die Verhandlungen am Dienstag und Mittwoch hätten jedoch gezeigt, dass die Tripartite keinesfalls ein „Instrument der Vergangenheit“ ist, sondern tatsächlich ein Kriseninstrument, das in solchen Zeiten auch eingesetzt werden soll. Ob das am Mittwoch vorgestellte Abkommen tatsächlich auch auf sicheren Füßen steht, konnte Baum dem Tageblatt nicht beantworten: „Ich hoffe, dass am Donnerstag jeder zusammenkommen wird und sagen kann ‚das ist etwas, das jeder mittragen kann’.“

LSAP-Fraktionspräsident Yves Cruchten
LSAP-Fraktionspräsident Yves Cruchten Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

Yves Cruchten, LSAP 

„Wenn es zu einer Übereinstimmung kommt, dann können wir uns freuen – und dann funktioniert der Sozialdialog, den viele Menschen für tot erklärt haben“, sagt LSAP-Fraktionspräsident Yves Cruchten gegenüber dem Tageblatt. Die Zeichen dafür würden gut stehen. Mehr wollte der Politiker am Donnerstag noch nicht sagen – zu viele Details müssten noch geklärt werden. „Lassen wir sie jetzt erst mal ihre Arbeit machen“, sagt Cruchten.

Myriam Cecchetti, „déi Lénk“

Die LInken-Abgeordnete Myriam Cecchetti.
Die LInken-Abgeordnete Myriam Cecchetti. Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

„Wir sind ganz zufrieden, dass sie nicht am Index herumbasteln, aber es ist trotzdem indirekt eine Indexmanipulation“, sagt die Linken-Abgeordnete Myriam Cecchetti. Wenn eine Tranche um ein Jahr verschoben werde, sei das unterm Strich trotzdem mit einem Verlust der Kaufkraft verbunden. Die Senkung der Kraftstoffpreise um 7,5 Cent sei „Gießkannenpolitik“, die alle betreffen werde – auch Tanktouristen. „Das ist für uns keine sozial angepasste Maßnahme für Menschen, die wirklich Hilfe benötigen“, sagt Cecchetti. „Der mit dem Ferrari sollte nicht weniger bezahlen für den Sprit – das ist weder eine ökologische noch eine soziale Maßnahme.“

Zum Thema Einfrieren der Mieten sagt die Abgeordnete: „Da müssen wir doch fast lachen. Wir haben bereits vergangenes Jahr gesagt, sie sollen diese Maßnahme beibehalten, weil die Pandemie noch nicht vorbei ist.“ „déi Lénk“ seien daraufhin in der Chamber „quasi ausgelacht“ worden. Nachdem die Regierung die Mietpreise wieder zur Erhöhung freigegeben habe, hätten die Vermieter die Preise wieder „munter erhöht“. „Es gibt einfach keinen Plan, wie wir mit den Mietpreisen umgehen.“

Politiker, die in der Chamber sitzen, können sich laut Cecchetti nicht vorstellen, wie es sei, mit finanziellen Problemen zu leben – und kennen auch vielleicht keine Familien, die in so einer Situation sind. „Ich glaube, sie können sich wirklich nicht vorstellen, wie es ist, wenn am 15. noch viel Monat übrig ist“, sagt Cecchetti. Der „crédit d’impôt“ gehe in die richtige Richtung – das sei auch ein Vorschlag von „déi Lénk“ gewesen –, aber die Maßnahmen würden nicht weit genug gehen. Die Abgeordnete glaubt, dass sich die Sozialpartner einigen werden. „Sie müssen – man kann die Menschen jetzt nicht so im Regen stehen lassen“, sagt sie. Es sei auch zu erkennen, dass nächstes Jahr Wahlen seien – die Regierung wolle jetzt jedem ein Geschenk machen. 

Fernand Kartheiser, ADR

Der DP-Abgeordnete Fernand Kartheiser
Der DP-Abgeordnete Fernand Kartheiser Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

Der ADR-Abgeordnete Fernand Kartheiser hätte bevorzugt, dass die Unternehmen mehr unterstützt werden, anstatt die mögliche Indextranche zu verschieben. „Man kann den Unternehmen auf verschiedene Arten helfen und wir hätten es in dieser Hinsicht versucht – ein anderer Weg, als an den Index zu gehen“, sagt Kartheiser. „Wir als Partei haben uns dafür ausgesprochen, dass der Index erhalten wird.“

Je nachdem, wie die Preisentwicklung verlaufe, könne es sein, dass zusätzliche Tranchen nötig würden. „Dann verlieren die Leute Kaufkraft, die die ganze Zeit nicht ausgeglichen wird – insofern ist das ein sozialer Einschnitt“, sagt Kartheiser. „Für uns wäre es ganz klar besser gewesen, dass wir die Betriebe unterstützt und der Wirtschaft massiv geholfen hätten.“ Das wäre der Ansatz gewesen, den man hätte wählen können, um den Indexmechanismus integral zu erhalten. 

Den geplanten Kaufkraftausgleich über einen Steuerkredit findet Kartheiser „schwer zu kommentieren“, da die Details noch nicht bekannt seien. „Ich bin froh, wenn für einige, vor allem in den unteren Einkommensschichten, etwas ausgeglichen wird – aber das ist etwas anderes als der Index“, sagt er. Bei den Spritpreisen hätte Kartheiser bevorzugt, dass die Akzisen gesenkt würden – und die CO2-Steuer ganz wegfalle.