Madrid stellt Katalonien unter Zwangsverwaltung

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Die spanische Zentralregierung geht hart gegen die abtrünnige Regierung in Katalonien vor.

Nach dem Unabhängigkeitsbeschluss von Katalonien greift die spanische Zentralregierung gegen die Separatisten der Region schnell und hart durch. Ministerpräsident Mariano Rajoy kündigte am Freitagabend die Absetzung der gesamten Regionalregierung an. Bei einem Treffen des Ministerrats in Madrid seien zudem weitere Zwangsmaßnahmen gebilligt worden. Dazu gehörten die sofort in Kraft getretene Auflösung des Parlaments in Barcelona sowie die Ausrufung von Neuwahlen am 21. Dezember, so Rajoy. Zuvor hatte der Senat grünes Licht für die Zwangsmaßnahmen gegeben.

„Ich habe beschlossen, so schnell wie möglich freie, saubere und rechtmäßige Wahlen auszurufen, um die Demokratie wiederherzustellen. Wir wollten nie, dass es soweit kommt“, betonte der konservative Regierungschef. In den vergangenen Wochen habe in Katalonien der Unsinn gegen die Vernunft obsiegt.

Puigdemont, sein Vize und alle Minister ihrer Ämter enthoben

Neben Regionalpräsident Carles Puigdemont und Vize Oriol Junqueras werden unter anderem alle Minister und der Direktor der katalanischen Polizeieinheit Mossos d’Esquadra, Pere Soler, ihrer Ämter enthoben. Zudem werden alle Botschaften zwangsgeschlossen, die die katalanische Regionalregierung im Laufe des Konflikts im Ausland – darunter auch in Berlin – geöffnet hatte.

Die Absetzungen werden am Samstag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt wirksam, teilte die spanische Regierung auf Anfrage mit. Katalonien soll von Madrid aus regiert werden. Eine Reaktion der katalanischen Regierung gab es zunächst nicht.

Katalonien will unabhängigen Staat gründen

Der Senat hatte wenige Stunden vorher mit großer Mehrheit für eine Zwangsverwaltung der Region und andere Maßnahmen gestimmt. Unmittelbar zuvor hatten die Abgeordneten des Regionalparlaments in Barcelona für einen Prozess zur Loslösung von Spanien und zur Gründung eines unabhängigen Staates gestimmt, allerdings ohne einen Zeitplan festzulegen. Im Ausland stieß die Erklärung auf Ablehnung.

In Barcelona stimmten für die Annahme der Resolution vor allem die Abgeordneten von Puigdemonts Regierungsbündnis JxSí („Gemeinsam fürs Ja“) sowie der linksradikalen Partei CUP. Das Ergebnis lautete 72:10 bei zwei Enthaltungen. Die meisten Abgeordneten der Opposition hatten nach heftiger Debatte noch vor der Abstimmung den Saal verlassen.

Die Abgeordneten standen nach Bekanntgabe des Abstimmungssieges von ihren Sitzen auf und sangen die katalanische Nationalhymne. Vor dem Parlament versammelten sich nach Medienschätzung mehr als 15.000 Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung. Die Demonstranten blieben bis Freitagabend auf den Straßen und feierten den Unabhängigkeitsbeschluss.

Rajoy:  „Ich bitte alle Spanier um Ruhe“

Nur wenige Minuten nach der Abstimmung in Barcelona hatte Rajoy die Katalanen zur Besonnenheit aufgerufen. „Ich bitte alle Spanier um Ruhe. Der Rechtsstaat wird die Legalität in Katalonien wieder herstellen“, twitterte er.

Im Senat hatte Rajoy der Regierung in Barcelona zuvor Missachtung der Gesetze und eine Verhöhnung der Demokratie vorgeworfen. Die Regionalregierung habe am 1. Oktober eine illegale Volksabstimmung abgehalten ohne jede demokratischen Garantien, sagte Rajoy. „Was würden zum Beispiel wohl Frankreich oder Deutschland machen, wenn eine Region ein illegales Referendum über die Unabhängigkeit abhalten würde?“, fragte der Ministerpräsident.

Während die Regionalregierung die Gesetze breche, habe Madrid lange auf eine Anwendung des Artikels 155 verzichtet, weil es Hoffnung gegeben habe, dass die Politiker in Barcelona zur Normalität zurückkehren könnten, erklärte Rajoy in seiner mit viel Applaus bedachten Rede.

Die von der Regionalregierung wiederholt beteuerte Gesprächsbereitschaft tat er als taktischen Winkelzug ab. „Der einzige Dialog, der mir (von Puigdemont) angeboten wurde, war der über die Bedingungen und den Zeitplan für die Unabhängigkeit Kataloniens.“ Dies verbietet ihm aber die spanische Verfassung.

Juncker warnt vor weiteren Rissen in der EU

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker warnte unterdessen vor „weiteren Rissen“ in der EU. „Ich möchte nicht, dass die Europäische Union morgen aus 95 Staaten besteht“, sagte Juncker nach Angaben des Senders BFMTV vor Journalisten in Französisch-Guyana. Der Kommissionschef war mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in dem französischen Überseegebiet unterwegs. Macron stellte sich erneut hinter Rajoy. „Es gibt einen Rechtsstaat in Spanien, mit verfassungsmäßigen Regeln. Er (Rajoy) möchte ihnen Respekt verschaffen, und er hat meine volle Unterstützung.“

Die USA bekundeten ebenfalls ihre Unterstützung für die Maßnahmen der spanischen Regierung. Für US-Präsident Donald Trump sagte seine Sprecherin Sarah Sanders, das Weiße Haus schließe sich der Haltung des Außenministeriums an. „Wir wiederholen unsere Unterstützung für ein geeintes Spanien“, sagte Sanders am Freitag in Washington.

Die katalanische Regierung hatte am 1. Oktober ungeachtet eines Verbots durch das Verfassungsgericht und gegen den Willen Madrids ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten lassen. Rund 90 Prozent der Teilnehmer stimmten für eine Abspaltung von Spanien. Die Wahlbeteiligung lag allerdings nur bei gut 40 Prozent. Der Konflikt zwischen Spanien und Katalonien schwelt schon seit Jahrhunderten, verschärft wurde er in jüngster Zeit auch durch die Wirtschaftskrise und die Einschränkung der katalanischen Autonomie durch das Verfassungsgericht auf Antrag der Zentralregierung.

Ettore Atalan
28. Oktober 2017 - 22.31

Wenn man alle europäischen Staaten doppelt zählt, kommt man ziemlich genau auf 95 Staaten. Da gehen dem Jean-Claude gehörig die Sicherungen durch. Er müsste sich deswegen über den Austritt von Großbritannien aus der EU sehr freuen - ein EU-Staat weniger. Sämtliche EU-Beitrittsverhandlungen müssten außerdem sofort eingestellt werden, damit es garantiert keine weiteren Staaten in der EU gibt. Sicher ist sicher. Damit unser großer europäischer Führer wieder ruhig schlafen kann.

Epikur
28. Oktober 2017 - 11.26

Rajoy hat mit seiner Austeritätspolitik Spanien heruntergewirtschaftet. Darunter litten aber nicht nur die Katalanen, sondern alle Regionen Spaniens. Bei aller Sympathie für die Katalanen: ihr Kampf führt nur zu mehr Chaos und am Ende zahlen die "kleinen" Bürger die Zeche. Die Menschen wollen ein besseres Leben. Ich respektiere, dass sie dafür kämpfen. Die Unabhängigkeit bringt aber wahrscheinlich nicht das erhoffte Resultat.

michel konrad
28. Oktober 2017 - 10.44

Ohhh Schade... Sonnst andere Sorgen??

Jeannosch
28. Oktober 2017 - 8.14

Nein ,die Proklamiering ist nicht verfassungsbrüchig.Die Katalanen sind keine Spanier, sondern ein eigenständiges Volk mit eigner Sprache, Kultur und Idendität.Eigentlich müsste nun auch dem Europafan klar werden wieweit die EU in Punkto Demokratie,Eigenständigkeit der Regionen ,Freiheiten steht.Dass Deutschland sich nicht gegen ihre einstigen Verbündeten wendet, die Erben Francos scheint klar, der europäische Geist dieser Politiker ist nur Makulatur.

BillieTH
28. Oktober 2017 - 6.53

la constitution de Serbie n'autorisait pas l'independence de Kosovo, celle des Pays-Bas ne prevoyait pas l'independence de la Belgique. meme chose pour l'ex Yougoslavie. une constitution c'est le cadre supreme pour le fonctionement d'un etat, elle devient relative qd une peuple reclame sa souvereinite. une commission europeene qui supporte un etat membre qd il laisse tirer sur sa population qd elle organise un referendum, n'a aucune raison ou justification d'existence. si Juncker veut reigner contre les gens, son opinion devient irrelevant et il y aura bientot plus que 27 regions qui ne veulent plus de l'UE.

Walentiny Robert
28. Oktober 2017 - 6.08

Real contra Barça am 20.12.2017: Pusstekuchen,

michel konrad
27. Oktober 2017 - 22.01

Wie recht sie doch haben. Früher wurde die EU schmackhaft angepriesen als Unterstützer der Regionen. Heute ist alles vergessen und gegessen. Luxemburg , durch Belgien, wurde auch unabhängig. Auch damals keine Entwicklung ohne Kontroversen. Aber heute alles vergessen und gegessen. Dagegen gleicht die EU immer mehr ein Verein der sich immer mehr sieht als der Spieler unter Großmächten, als Antwort auf die Globalisierung, anstatt der friedlichen Kooperation und das Zusammenleben der ehemaligen Europäischen Feinden.

marek
27. Oktober 2017 - 21.42

das wird ja heiter werden!..am 20.12.2017 spielt Barcelona in Madrid, am 21.12.2017 Neuwahlen, Leckerbissen garantiert.

Claude
27. Oktober 2017 - 21.25

@ Serenissima: Nur zu dumm dass diese Proklamierung verfassungswidrig und somit null und nichtig ist. Die Minette oder das Ösling können auch nicht ihre Unabhängigkeit proklamieren und sich dabei auf die Demokratie berufen: "Le Grand-Duché de Luxembourg est un Etat [...] indivisible" lautet Artikel 1 unserer Verfassung. In der spanischen Verfassung ist die Unteilbarkeit des Staates genauso vorgesehen. Die spanische Region Katalonien wird nun unter Zwangsverwaltung gestellt, das haben die Rebellen davon. Davon mal abgesehen haben die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und sogar die EU-Kommission bereits Madrid ihre volle Unterstützung für die Einheit Spaniens versichert. Katalonien begeht hier politischen und wirtschaftlichen Selbstmord und wird wie die Ostukraine enden: ruiniert und von keinem Staat der Welt anerkannt. Die Zeit wird mir Recht geben!

Grober Jean-Paul
27. Oktober 2017 - 21.01

Die Katalanen, die meisten jedenfalls, wollen nicht aus der EU, ok. Dann höre man sich die Laute einiger JxSI und vor allem die der CUP-Politiker vor den Wahlen von 2015 an, klangen damals nicht sooo pro EU, eher nationalistisch. Die beiden Parteien haben damals 72 Sitze bekommen von 135. Beim letzten Referendum stimmten 90% von den 40% Wahlberechtigten für die Unabhängigkeit. Mich würde interessieren wie die anderen 60% denken. Übrigens alle Parteien und haben damals (1978 ?) den Artikel 155 unterschrieben, auch die Katalanen. Fakt ist, dass alle unangemessen reagiert haben und sich den Konsequenzen nicht bewusst sind. Armes Europa. Bin dafür, dass wir das Ösling unabhängig werden lassen. :-)

Peter Mutschke
27. Oktober 2017 - 20.58

Wenn Schulden der Anlass für die Abspaltung von Landesteilen sein soll dann gute Nacht Europa.Kommt endlich mit Eurem Leben klar!!!

Jos. Reinard
27. Oktober 2017 - 17.45

Da schaut euch die Menschen an, die wollen "Libertat". Es ist zum lachen, wäre das Ganze nicht so tragisch. Gestern noch verleiht das Europäische Parlament in Straßburg den Sakharov-Preis für Menschenrechte an die Opposition in Venezuela welche sich dort angeblich für Freiheit und Demokratie einsetzt. Und die EU verweigert den Katalanen ihre Unabhängigkeit. Auf der anderen Seite haben wir den Brexit, und die Katalanen wollen gar nicht aus der EU. Mit der Türkei werden die tollsten Deals geschlossen während die dortige Opposition sowie ausländische Journalisten weggesperrt werden usw. freundlichst

Grober Jean-Paul
27. Oktober 2017 - 17.02

Oh Herr vergib ihnen denn sie wissen nicht was sie tun, weder H. Rajoy noch H. Puigdemont. Laut Zeit war Katalonien (2015) das höchst verschuldete Autonomiegebiet Spaniens mit etwa 67 Milliarden €. Wie sollen die Katalanen das stemmen. Hatte Puigdemont Schiss vor Neuwahlen? Verstehe das Ganze nicht, zielt auf Bürgerkrieg hinaus.

Serenissima
27. Oktober 2017 - 16.34

Da die Republik Katalonien proklamiert ist ist es zwecklos jetzt zu versuchen die Regierung dort ab zu setzen, Katalonien gehört nicht mehr zu Spanien, also hat Spanien hat keine Machtbefugnisse mehr in Katalonien.....lang lebe die Republik, nieder mit Franco und den PP Faschisten in Madrid...

Jean Bodry
27. Oktober 2017 - 15.54

Wann een Vollek wéi Katalanen wëllt! Sprengt de Wëllen all Ketten vum de Wirtschaftlecher Ausbludden!