ParlamentGülle, Atom, Benzin: Energiepolitik beschäftigt die Abgeordneten in Luxemburg

Parlament / Gülle, Atom, Benzin: Energiepolitik beschäftigt die Abgeordneten in Luxemburg
Der Anstieg des Benzinpreises wurde in der Chamber unterschiedlich interpretiert Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Energiepolitik hat am Dienstag die Debatten im Parlament bestimmt. Dabei reichte die Themenpalette von Biogas über Nuklearenergie bis zu Benzin und Heizöl.

Die Regierung will laut Koalitionsabkommen die Biogasproduktion fördern. Doch in den letzten vier Jahren ist die Zahl der Biogasanlagen zurückgegangen. Darauf hat die CSV-Abgeordnete Martine Hansen im Parlament hingewiesen. Von 29 Anlagen im Jahre 2017 ist diese Zahl auf 17 gefallen. Grundlage von Hansens Intervention war eine ältere CSV-Motion zur besseren Förderung von derlei Anlagen, insbesondere kleinerer.

Von ihrem eingeschlagenen Kurs will die Regierung nicht abrücken. Daran erinnerte der Grünen-Abgeordnete François Benoy. Biogas habe Zukunft. Die große Änderung in der Biogasstrategie der Koalition betrifft die jeweiligen Anteile von Gülle, Mist und Biomasse, die in den kuppelförmigen Vergärungsanlagen in Biogas umgewandelt werden dürfen. Gülle und Mist sollen 90 Prozent ausmachen, Biomasse zehn. Derzeit liegt dieses Verhältnis bei 70 zu 30 Prozent. Die Beihilfen würden verbessert, die Einspeisetarife insbesondere für Kleinanlagen überprüft, so Benoy.

Biogas ready

Die Anbaufläche für Energiepflanzen würde auf 15.000 Hektar begrenzt, präzisierte Agrarminister Romain Schneider (LSAP) später. Man wolle weniger Maismonokulturen, aber mehr Bioabfall nutzen, ergänzte Energieminister Claude Turmes („déi gréng“). Derzeit würden zehn Prozent der im Land anfallenden Gülle genutzt. Laut Regierungsstrategie soll dieser Anteil auf 50 Prozent erhöht werden. Neue Ställe sollten „biogas ready“ gebaut werden. Die anfallende Gülle bzw. der entstehende Mist sollte so schnell wie möglich zur Energiegewinnung genutzt werden.

Trotz fehlender Meinungsunterschiede scheiterte die von der CSV eingebrachte Motion zur besseren Förderung kleinerer Anlagen an den Mehrheitsparteien.

In Sachen Nuklearenergie steht das Parlament fest zur Regierungspolitik. Die bleibt seit Jahrzehnten unverändert. Die Frage der Grünen-Abgeordneten Stéphanie Empain und die Antworten von Energieminister Claude Turmes beinhalteten nichts Neues. Ihre Frage hatte Empain im Zusammenhang mit den rezenten Gedenktagen zu den Nuklearkatastrophen von Tschernobyl vor 35 Jahren und von Fukushima vor zehn Jahren gestellt. In Luxemburg stehe der Antiatomkonsens weiterhin, so Empain. Sorgen bereiteten ihr jedoch die Bemühungen der Atomlobby, diese Energieform als moderne Wunderlösung gegen die Klimakrise zu verkaufen. Dabei habe sich bisher nichts geändert. Die Abfallproblematik sei weiterhin ungelöst, die Kosten der Nuklearenergie sehr hoch.

Optimistisch stimmte Empain jedoch die Entwicklung in unseren Nachbarländern. Deutschland beende seinen Atomausstieg 2022. Belgien schließe seine zwei Atomkraftwerke in wenigen Jahren. Frankreich habe seine zwei ältesten Anlagen geschlossen, 14 weitere Atommeiler sollen bis 2024 folgen. Auf Frankreich sollte der Druck erhöht werden, um auch das AKW von Cattenom früher runterzufahren.

Sorgenkind Frankreich

Für Energieminister Claude Turmes bleibe Frankreich das Sorgenkind. Pflicht der Regierung sei es, das weitere Betreiben von Cattenom als unattraktiv erscheinen zu lassen, damit das Werk vom Netz genommen werde. Eine gemeinsame Studie mit dem Saarland und Rheinland/Pfalz habe ergeben, dass ein Abschalten von Cattenom ohne Folgen auf die Stromversorgung in der Großregion bliebe.

Etliche Reibungspunkte bot jedoch der dritte Teil der energiepolitischen Tagesordnung. Die von Gilles Roth (CSV) angestoßene Aktualitätsdebatte betraf die rezente Preisentwicklung bei Treibstoffen und die CO2-Steuer: eine Preisexplosion, so Roth, verursacht durch den Post-Covid-Wirtschaftsaufschwung und eine gedrosselte Produktion seitens der größten Lieferanten. Zwischen Mai 2020 und Juni 2021 habe sich eine 50-Liter-Tankfüllung Benzin um 20 Euro verteuert. Für 3.000 Liter Heizöl mussten 1.000 Euro mehr gezahlt werden. Die Preiserhöhungen träfen insbesondere Bewohner ländlicher Gegenden. Sie könnten nicht auf öffentliche Nahverkehrsmittel ausweichen. Und auch beim Beheizen der Wohnung seien Alternativen kaum möglich.

Als einen Angriff auf die CO2-Bepreisung wollte Roth seinen Vorstoß nicht verstehen. Es sei jedoch falsch gewesen, die Abgabe zu diesem Zeitpunkt nicht mit im Index-Warenkorb berücksichtigt zu haben. Der von der Regierung beschlossene Steuerkredit in Höhe von 96 Euro als Kompensationsmaßnahme reiche nicht. Stattdessen forderte die CSV eine Reform der Kilometerpauschale. Wer weit von seinem Arbeitsplatz wohnt, sollte stärker entlastet werden als eine Person, die näher wohnt.

Preise wie vor zehn Jahren

André Bauler (DP) relativierte die angeprangerten Preissteigerungen. Von Preisexplosion könne man keinesfalls reden, wenn man die langfristige Entwicklung betrachtet. Die heutigen Preise befänden sich auf dem Niveau von vor zehn Jahren. 2020 seien die Ölpreise wegen des Covid-19 bedingten Wirtschaftsstillstands auf einen Tiefstand gefallen. Im Zuge der wirtschaftlichen Erholung würden sie erneut steigen. Sie seien heute leicht höher als Ende 2019.

Den Vorwurf, der Preisanstieg der letzten Wochen sei auf die CO2-Steuer zurückzuführen, wies der sozialistische Fraktionschef Georges Engel zurück. Diese Einnahmen würden dazu benutzt, den Kaufkraftverlust einkommensschwacher Haushalte zu kompensieren. Würde die Abgabe im Index berücksichtigt, würde sie auch für Gutverdiener kompensiert. Bei Leuten „mit dickem Portemonnaie“ würde sie „überkompensiert“, so François Benoy („déi gréng“). Er erinnerte an die Reform des RGTR-Streckennetzes, um das Angebot insbesondere im ländlichen Raum zu verbessern.

Weil er der CO2-Steuer keinerlei umweltpolitischen Vorteil abgewinnen konnte – die Menschen würden dennoch tanken, weil sie fahren müssten –, forderte Fred Keup (ADR) in einer Motion die Abschaffung der Abgabe. Der Vorschlag wurde abgelehnt. Genauso die Forderung von Gilles Roth zur Reform der Kilometerpauschale. Derlei Abänderung sei weniger sozial gerecht als der Steuerkredit und erfordere einen großen bürokratischen Aufwand, so Energieminister Claude Turmes. Myriam Cecchetti („déi Lénk“) befürchtete, eine höhere Kilometerpauschale werde die Attraktivität des Autos erneut erhöhen.

Der Einwand von Marc Goergen (Piratepartei), die Autofahrer würden mit der CO2-Bepreisung zur Kasse gebeten, während die Cargolux keine Steuern auf ihre Hunderttausende Liter Kerosin zahlen müsse, blieb gestern unkommentiert.

jean-pierre goelff
10. Juni 2021 - 6.01

Den Turmes soll dach endlich ophalen mat déer Cattenom-Leier,hiën meet sech an den Rescht vun der Regierung dach nemmen lächerlich!Hei am Frankreich,do laachen d'Leit iwwert daat lëtzeburgescht Getrooterts!

D‘Juke Box
9. Juni 2021 - 16.15

Ich hab nichts verstanden, aber Turmes wird es uns höchstwahrscheinlich heute Abend im Journal erklären. Darauf freue ich mich, ich finde den so lustig?

Blücher
9. Juni 2021 - 12.13

Ich wünsche Herrn Engel mein Alter erreicht , er im ländlichen Raum wohnen tut und dann mit dem ÖT zum monatlichen, wöchentlichen Einkauf fahren darf. Nicht wünschen tue ich ihm er keinen kranken Partner zur Seite hat und sieht wie die Durchschnittsrente dank der CO2 Steuer, der Verteuerung der Waren ( Händler und Produzenten wälzen natürlich die Kosten auf die Endverbraucher ab) , der Steigerung von Lebenshaltungskosten , schwindet. Auch wünsch ich ihm nicht er mit gesundheitlicher Einschränkung mit den ÖT zu den ausgelagerten Bank-,Postfiliialen ,Arztbesuchen fahren muss und als nicht vernetzter Bürger zu den Dummies gehört.Nun bin ich in letzter Zeit gewohnt wir Alten uns oft dumme Bemerkungen in der Öffentlichkeit anhören müssen, wir Alten die Ursache der Covid Einschränkungen , wir Alten ein Kostenfaktor in Punkto Rente sind und besser ins Altenheim abgeschoben gehören. Nein Herr Engel, Altenheim geht leider nicht , auch wenn wir schuldenfrei sind genügt unsere Rente nicht eine Person im Altenheim unterzubringen. wir sparen schon bei Arztbesuchen , Medikamenten diese unseren Kostenfaktor sprengen. Wir reisen nicht, gönnen uns keine Restaurantbesuche , benutzen unsere Haushaltsgeräte bis zum „ Geht Nicht Mehr“.Herr Engel , Sie und Ihre Abgeordnetenfreunde haben längst die Bodenständigkeit verloren, glauben die Sorgen der Bürger zu kennen, aber verkennen sie. Ich hatte das Glück wirklich sozialistische Politiker , wie Nic Biever , Jängi Fohrmann,…..zu kennen , Politiker die die Sorgen des Volkes , der Bürger kannten, wahrnahmen. Nun kann ich das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen, aber mein innigster Wunsch sich die Abgeordnetenkammer wieder mit Arbeitern , Arbeitnehmer der untersten, mittleren Schicht besetzt wird. Ich war immer im Glauben die Welt wäre freier geworden , dem ist nicht so .Die Bürger unterliegen immer mehr Einschränkungen , Überwachungen. Ob nun die Spareinlagen, die Überweisungen,…… bis hin zur digitalen Überwachung , Datensammlung hat man uns die Bürger unter fadenscheinigen Argumenten vom schwarzen Loch über die Geldwäsche bis nun zum Klimaschutz gegängelt. Diktaturen ächtet man bekanntlich , aber unsere Zeit zeichnet wohl die Ökodiktatur aus. Nun mag dieser Begriff hart sein , aber würden Sie und Ihre Freunde es ernst mit Ökologie und Umwelt halten, hätte Luxemburg längst ein Gesetz nach dänischen Muster , wo jede landwirtschaftliche Fläche fünf Prozent mit einer Blumenwiesen bepflanzt sein muss , das Bienen-,Artensterben gestoppt wird.Dieses kostengünstige, wirklich ökologische Beispiel zeigt auf , die Politik das Thema Ökologie zum Füllen der Kassen, Einschränkung der Bürger missbraucht.

Nomi
9. Juni 2021 - 10.51

Mir brauchen eng zweet Muellverbrennungsanlaag um Friedhaff fir "Waste to Energy" well mir kennen net alles ob engem Tipp ooflueden, oder fir all Muell aus dem Norden ob d'Sidor ze kutchei'eren ass och onnei'deg Pollutio'un !!

Blücher
9. Juni 2021 - 10.30

Moderne , gewartete Atomreaktoren sind saubere , billige Energie die dafür sorgen tut vom staatseigenen Supercomputer bis zum Handy unser digitales Netz nicht zum Erliegen kommt. Verschließen wir uns nicht dieser fortschrittlichen Technik.