Ein Jahr PandemieGemeinsam in die Schlacht: Krankenschwester Valente berichtet von Hilfsmission in Portugal

Ein Jahr Pandemie / Gemeinsam in die Schlacht: Krankenschwester Valente berichtet von Hilfsmission in Portugal
Anfang des Jahres wird Portugal hart von einer dritten Welle getroffen. In vielen Krankenhäusern stehen die Intensivstationen kurz vor dem Kollaps.  Foto: dpa/Paulo Mumia

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Portugal schlägt sich lange wacker im Kampf gegen Corona. Doch Anfang des Jahres führt eine dritte Infektionswelle das Gesundheitssystem an den Rand des Kollaps. Die Behörden beantragen internationale Hilfe, Luxemburg sagt zu. Monica Valente ist Teil einer Mannschaft, die am 21. Februar im Krankenhaus „Espirito Santo“ von Evora ihren Dienst antritt. Trotz anfänglicher Bedenken kann sie sich rasch mit einbringen. Im Tageblatt schildert sie ihre Erfahrungen.

Eigentlich wollte sie endlich wieder in den Einsatz. Im Kampf gegen Corona an vorderster Front mitmischen. Keine Sekunde lang muss Monica Valente zögern, als sie im Februar als Mitglied der „Réserve sanitaire“ Post erhält. Man suche „Krankenpfleger mit portugiesischen Sprachkenntnissen“, heißt es in dem Aufruf des Gesundheitsministeriums. Kandidaten, die Interesse daran hätten, im Rahmen einer sanitären Mission dem portugiesischen Staat beizuspringen.

Als gebürtige Portugiesin mit langjähriger Berufserfahrung muss die Krankenschwester nicht lange überlegen: „Ich habe das Formular unverzüglich ausgefüllt, weil ich seit längerem schon den Drang verspüre, in der ersten Reihe mitzuwirken und vor Ort mit Covid-Patienten zu arbeiten“, unterstreicht Valente im Gespräch mit dem Tageblatt. Bis dahin hat die erst seit 2018 in Luxemburg weilende Krankenschwester „nur“ im Rahmen des Contact Tracing mit der Lungenkrankheit zu tun. Direkten Kontakt zu betroffenen Patienten hatte Valente aber noch nicht.

Das soll sich am 21. Februar auf einen Schlag ändern. Zusammen mit dem Intensivmediziner Samuel Luyasu aus dem CHL fliegt Monica Valente für zwei Wochen nach Evora, wo bereits ein weiteres Team aus Luxemburg um Dr. Modesta Dargeviciute und Krankenschwester Filomena Silva Costa die örtlichen Gesundheitsbehörden im Kampf gegen die Pandemie unterstützt. Portugal gehört zu diesem Zeitpunkt zu den am schlimmsten betroffenen Ländern der Erde, das lokale Gesundheitswesen steht kurz vor dem Kollaps.

Evora, ein 60.000-Seelen-Ort im Süden des Landes, ist besonders stark betroffen. Das örtliche Krankenhaus „Santo Espirito“ droht aus allen Nähten zu platzen. Monica Valente ist auf alles gefasst: „Ich hatte mich auf ein überfülltes Krankenhaus eingestellt, das Schwierigkeiten hat, den Patientenansturm zu bewältigen. Ich war auf ein stressiges und lautes Arbeitsumfeld vorbereitet“, so die gebürtige Portugiesin aus Ovar. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Erste Kontakte mit Covid-Patienten

Tatsächlich hat sich die Lage kurz vor der Ankunft beider Mannschaften aus Luxemburg etwas beruhigt. Vor Ort haben es die Kollegen geschafft, die Aufnahmekapazitäten zu erweitern, Mitarbeiter aus anderen Einheiten einzuspannen und eine zweite Intensivstation aufzubauen. Die Zahl der Intensivbetten kann von fünf auf 22 erweitert werden. „Die Situation hatte sich also etwas beruhigt, auch wenn die Einheit, in der wir zum Einsatz kamen, immer noch am Anschlag arbeitete“, so Valente.

Dennoch habe man es geschafft, die Mission in aller Ruhe und Souveränität auszuführen und gleichzeitig noch Ideen und Erfahrungen auszutauschen. Dabei seien ihre persönlichen Aufgaben kaum von früheren Tätigkeiten abgewichen: „Ziel war es, den Kollegen bei der Pflege der Patienten unter die Arme zu greifen und ein bisschen von allem zu übernehmen: Patienten bewegen und waschen, Verbände anlegen, Beatmungsgeräte einstellen, Medikamente verabreichen … Es gab also immer etwas zu tun. Wichtig ist es, ständig auf der Hut zu sein und Problemen zuvorzukommen.“

Valentes Befürchtungen, den Herausforderungen nach einer Auszeit von zweieinhalb Jahren nicht gewachsen zu sein, waren unbegründet. Auch wenn die Krankenschwester nach ihrem Umzug 2018 nicht mehr direkt mit Patienten gearbeitet hatte: In einer ersten Phase hatte sie sich auf ihr Französischstudium konzentriert und nebenbei in einer Einrichtung für gefährdete Personen gearbeitet, bevor sie im Februar 2020 ihre Zulassung für Luxemburg erhielt. Kurz darauf wurden die ersten Corona-Fälle gemeldet.

Direkte Erfahrungen mit Covid-Patienten hat die Krankenschwester vor ihrem Aufenthalt in Portugal demnach keine sammeln können. Bis dahin war sie „nur“ im Contact Tracing zum Einsatz gekommen. Was die pfiffige Portugiesin aber nicht davon abhält, in puncto Sars-CoV2 stets auf dem neuesten Stand zu bleiben. „Ich habe viel gelesen, an Webseminaren teilgenommen und mit Kollegen gesprochen, die mit betroffenen Patienten arbeiten. Außerdem habe ich viel Erfahrung im Umgang mit schwer kranken Patienten, die auf komplexe Pflege angewiesen sind“, sagt Valente. Alles andere habe sie sich bei den Kollegen vor Ort abgeschaut, die stets äußerst zuvorkommend gewesen seien.

Nach ihrer Rückkehr am 8. März wird Monica Valente von Premierminister Xavier Bettel und Gesundheitsministerin Paulette Lenert für ihren Einsatz geehrt
Nach ihrer Rückkehr am 8. März wird Monica Valente von Premierminister Xavier Bettel und Gesundheitsministerin Paulette Lenert für ihren Einsatz geehrt Foto: SIP

Gemeinsam in die Schlacht

Die Entwicklung des Virus hat Monica Valente seit dem Ausbruch in Wuhan stets im Auge behalten. Der anschließende Verlauf der Pandemie hat die Krankenschwester nicht kaltgelassen. Im Gegenteil: Meldungen explodierender Infektionszahlen, Bilder aus überfüllten Krankenhäusern und die Schilderungen von betroffenen Patienten, Angehörigen und Pflegern gingen der Wahl-Luxemburgerin unter die Haut.

„Natürlich befindet sich immer noch ein Großteil meiner Familie in Portugal. Ich habe mir auch dementsprechend Sorgen gemacht“, so die Krankenschwester. Dennoch sei es ihr wichtig zu unterstreichen, dass sie auch in anderen Ländern geholfen hätte. Die Solidarität zwischen den Staaten und ihren Einwohnern sei besonders in schwierigen Zeiten eine Grundvoraussetzung. „Vor einem Monat war es Portugal, das Hilfe benötigte. Morgen ist es vielleicht Luxemburg oder ein anderes Land …“

Ihr sei es zwar schwierig gefallen, ihre beiden Söhne zurückzulassen, um sich an einem fremden Ort mit einzubringen. „Doch hoffe und glaube ich, dass auch ich etwas zu dieser Mission beitragen konnte“, unterstreicht die Krankenpflegerin. Auch wenn der Aufenthalt nur von kurzer Dauer gewesen sei, habe sie doch Engagement beweisen können. „Ich bin an der Aufgabe gewachsen und hoffe mit dieser Erfahrung meinen Söhnen ein gutes Vorbild zu sein“, erklärt Valente.

Auch habe diese Erfahrung ihr die Zerbrechlichkeit der Menschheit vor Augen geführt. „Eigentlich ist es doch unglaublich, wie ein solch unsichtbares kleines Ding die Welt aus den Fugen geraten lässt und unser aller Leben derart auf den Kopf stellen kann“, stellt die Portugiesin fest. Ihre Schlussfolgerung: „On doit continuer attentifs et respecter les consignes pour aussi respecter les autres. Et il faut développer notre capacité de résilience!“

Auch wenn mit der Impfung etwas Licht am Ende des Tunnels zu sehen sei, sei es immer noch wichtig, die Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu respektieren und auf andere Menschen zu achten. „Diese Schlacht gewinnen wir nur, wenn wir sie gemeinsam schlagen!“

Der portugiesische Botschafter António Gamito (Mitte) bedankt sich (v.l.n.r.) bei Dr. Modesta Dargeviciute, Krankenschwester Filomena Silva, Dr. Samuel Luyasu und Krankenschwester Monica Valente
Der portugiesische Botschafter António Gamito (Mitte) bedankt sich (v.l.n.r.) bei Dr. Modesta Dargeviciute, Krankenschwester Filomena Silva, Dr. Samuel Luyasu und Krankenschwester Monica Valente SIP

Zur Person

Monica Almeida Valente stammt ursprünglich aus Ovar, einem 20.000 Einwohner zählenden Küstenort im Norden Portugals. 1998 tritt sie ihre erste Stelle als ausgebildete Krankenschwester beim onkologischen Institut IPO (Instituto Português de Oncologia) in Porto an. Im Anschluss sammelt sie Erfahrungen in Orthopädie und Unfallchirurgie, bevor sie 2009 eine Festanstellung in einer Einheit für Intensivüberwachungspflege antritt. Dort bleibt Valente, bis es sie 2018 aus persönlichen Gründen nach Luxemburg zieht.
Im Großherzogtum lernt sie zuerst Französisch, arbeitet dann in einer Empfangsstruktur für gefährdete Personen. Im Februar 2020 werden ihre Erfahrungen aus Portugal offiziell anerkannt. Sie erhält ihre Zulassung als Krankenschwester nur Tage bevor in Luxemburg der erste Corona-Fall bekannt wird. Monica Valente meldet sich anschließend zur „Réserve sanitaire“. Seit Juni 2020 ist die Mutter zweier Söhne im Contact Tracing tätig.