Lehrergewerkschaft „Eltern sollten wissen, dass Sicherheitsmaßnahmen nicht eingehalten werden“

Lehrergewerkschaft  / „Eltern sollten wissen, dass Sicherheitsmaßnahmen nicht eingehalten werden“
Schüler werden sich bei der neuen Rentrée im Mai nicht an die vom Bildungsministerium geforderten Sicherheitsmaßnahmen halten Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Für die Lehrergewerkschaft SEW/OGBL ist es quasi nicht möglich, bei der neuen Rentrée die geforderten Sicherheitsmaßnahmen sowohl in den Grund- als auch in den Sekundarschulen zu gewährleisten. Man dürfe dies nicht vor den Eltern verheimlichen, meint Patrick Arendt, Präsident der Gewerkschaft. Das Erstellen der Maßnahmen sei zudem ein Riesenaufwand für nur drei Wochen Schule.

Für Patrick Arendt, Präsident des SEW/OGBL, geht die Gesundheit vor. Dennoch könne man nicht einfach sagen, dass man die Schulen erst im September wieder öffne. Die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen, die von Bildungsminister Claude Meisch gefordert werden, sei allerdings kaum möglich. Dies sei eine Illusion. Das gelte sowohl für die Grundschule als auch für die Lycées.

Laut Arendt basiere das ganze Prinzip des Bildungsministers darauf, dass die Klassen halbiert werden. Es handelt sich dabei um das sogenannte Splitting, bei dem die Schüler der Gruppe A eine Woche Schule haben, während jene der Gruppe B zu Hause bleiben und den Lernstoff wiederholen. In der darauffolgenden Woche ist es dann umgekehrt. Arendt hält nicht viel vom Splitting. Unter diesen Umständen sei es besser, alle Schüler kämen gleichzeitig zur Schule. Er erklärt, wieso.

„Die Herausforderung beim Splitting liegt ganz klar in den ‚Maisons relais‘, weil diese genau die gleichen Gruppen aufnehmen müssen“, sagt Arendt. Zudem müssten die „Maisons relais“ getrennt davon die Schüler der anderen Gruppen aufnehmen. Also jene, die zu Hause nicht betreut werden können. Dafür brauche man viel Personal und Räumlichkeiten. Zudem würde es die interne Organisation der Schulen mit Nachhilfekursen und „Accueil“ verlangen, dass die verschiedenen Gruppen aufgelöst werden müssten.

Sicherheitsabstand ist eine Illusion

Eine Illusion nennt Arendt den Wunsch, die Schüler auf Sicherheitsdistanz zu halten. „Das mit den zwei Metern Sicherheitsabstand funktioniert nicht. Weder im Flur, noch im Pausenhof und auch nicht im Klassensaal.“ Was in der Theorie noch möglich erscheine, sei in der Praxis völlig undenkbar. „Es sei denn, wir führen ein Regime ein, wie wir es aus amerikanischen Filmen im Gefängnis kennen.“ Das wolle und könne man aber nicht machen.

Lasst uns lieber sagen, was die Realität ist. Die Kinder kommen zusammen, sie spielen zusammen, sie reden zusammen. Sie ziehen ihre Masken nicht an.

Patrick Arendt, Präsident SEW/OGBL

Die kleinsten Schüler würden laut Arendt nicht wirklich verstehen, was es heißt, eine Maske anzuziehen. „Wenn wir Pech haben, herrschen dann auch noch Temperaturen von 35 Grad.“ Arendt formuliert es so: „Lasst uns lieber sagen, was die Realität ist. Die Kinder kommen zusammen, sie spielen zusammen, sie reden zusammen. Sie ziehen ihre Masken nicht an. Einer hat sie vergessen, ein anderer hat sie im Bus liegen lassen, ein weiterer hat sie kaputt gerissen, manche Schüler tauschen die Masken. Es sind Kinder.“

Man müsse von dieser Prämisse ausgehen und von dort aus die Entscheidung treffen, so der SEW/OGBL-Präsident. „Wenn wir sagen, wir haben alle Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und nun können die Kinder in die Schule gehen, dann glaubt uns das keiner. Es ist also eine gewisse Verantwortung, unter diesen Umständen eine solche Entscheidung zu treffen.“ Deshalb sei die Gewerkschaft der Meinung, dass man alle Kinder gleichzeitig kommen lassen sollte. Ohne Splitting. Dies wäre organisatorisch viel einfacher und es wäre vor allem im Sinne der Kinder, dass die ganze Klasse wieder zusammenkommt. Das würde den Kindern eine gewisse Form von Normalität geben.

Zyklus 1 sollte zu Hause bleiben

Bei der „Spillschoul“ und „Précoce“ brauche man gar nicht erst daran zu denken, dass die Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden, so Arendt. Das letzte Wort sei hier noch nicht gesprochen, ob sie nun in die Schule müssen oder nicht. Falls es dazu käme, dass die Schüler des Zyklus 1 weiter zu Hause bleiben, dann wäre es dennoch angebracht, den Eltern entgegenzukommen, indem man ihnen die Möglichkeit biete, die Schüler in der oder durch die Schule betreuen zu lassen. Denn der „Congé pour raisons familiales“ werde dann nicht mehr greifen.

Wir haben dem Minister wärmstens ans Herz gelegt, den Zyklus 1 bis zum Ende des Jahres nicht mehr in die Schule zu schicken

Patrick Remakel, Präsident SNE/CGFP

Dass die Schüler des Zyklus 1 grundsätzlich zu Hause bleiben sollten, findet auch Patrick Remakel, Präsident des SNE/CGFP, richtig. „Wir haben dem Minister wärmstens ans Herz gelegt, den Zyklus 1 bis zum Ende des Jahres nicht mehr in die Schule zu schicken.“ Dies sei zwar keine optimale Lösung für jene Schüler, die Schwierigkeiten haben, die luxemburgische Sprache zu erlernen. Aber sprachliche Übungen mit einem Mundschutz zu machen, sei eben auch nicht optimal. Das Freispiel sei ein wichtiger Aspekt des Zyklus 1. Dies könne aber unter diesen Umständen nicht gegeben werden. „Wir wissen, dass das, was wir vorschlagen, nicht die optimale Lösung ist, aber einfach so zu machen, als ob sich die Kinder im Zyklus 1 an alle Regeln halten, ist sicherlich auch keine optimale Lösung“, so Remakel.

„Wir sprechen von drei Wochen Schule und haben einen organisatorischen Aufwand, der fast doppelt so groß ist wie normalerweise, wenn wir ein ganzes Schuljahr organisieren müssen“, gibt Arendt zu bedenken. Er zählt auf: „‚Maison relais‘, die Infrastruktur, Einschreibungen. Alles wird neu gemacht, der Schülertransport muss neu organisiert, die Stundenpläne neu aufgestellt, die Leute neu zugewiesen werden, wir müssen herausfinden, wer gefährdet ist, wir müssen uns um die Kinder kümmern, die nicht in die Schule kommen können, wir müssen das mit den ‚Maisons relais‘ zusammen organisieren. Das ist eine Riesenherausforderung.“

Wichtig ist uns eine ehrliche Kommunikation. Auch um zu verhindern, dass wir in Konflikte geraten mit Eltern, die zu Recht ängstlich sind. Wenn die mal vorbeischauen, dann sehen sie, dass die Kinder zusammensitzen, miteinander reden und sich anfassen.

Patrick Arendt, Präsident SEW/OGBL

Flure und Treppen in Einbahnstraßen zu verwandeln, sieht Arendt als eine Illusion. Das klinge nur auf dem Papier gut. „Wir haben hier zum Beispiel eine Treppe, die ist 1,5 Meter breit. Da müssen sechs Klassen hinaufgehen. Wenn wir mit zwei Metern Distanz hochgehen und morgens um 8 Uhr anfangen, dann kommt der letzte Schüler um 8.40 Uhr da oben an. Wie stellen wir die Kinder, sagen wir nur zehn Minuten, so vor der Tür auf, dass sie sich nicht bewegen, dass sie sich nicht zu nah kommen? Das ist wie im Hühnerstall.“ Auch der Einteilung des Schulhofes in Areale sieht Arendt skeptisch entgegen.

Eltern sind zu Recht ängstlich

„Wichtig ist uns eine ehrliche Kommunikation. Auch um zu verhindern, dass wir in Konflikte geraten mit Eltern, die zu Recht ängstlich sind. Wenn die mal vorbeischauen, dann sehen sie, dass die Kinder zusammensitzen, miteinander reden und sich anfassen.“ Deshalb müsse das auch so mitgeteilt werden. „Ich befürchte, dass der Minister eher zu verstehen gibt, dass sich die Kinder nicht begegnen und dass er alles im Griff hat“, so der Gewerkschafter.

Auch für Patrick Remakel hat der gesundheitliche Aspekt Vorrang. „Die Maßnahmen, die Claude Meisch vorgestellt hat, gehen unserer Meinung nach schon in die richtige Richtung.“ Dennoch werfe dies sehr viele praktische Fragen auf. Ein wichtiger Punkt seien die „Maisons relais“. Auch dort müsste die Einteilung der neuen Gruppen respektiert werden. „Es kann nicht sein, dass man mittags alle Kinder in der ‚Maison relais‘ zusammen spielen lässt“, so Remakel. Das würde das kaputt machen, was man morgens probiert hat, minutiös einzuhalten.

Da der Sportunterricht für den Rest des Schuljahres wegfalle, würden sich die Unterrichtsstunden in der Grundschule von 28 auf 25 reduzieren, so Remakel. Diese sollten allesamt vom Klassenlehrer unterrichtet werden, damit die Schüler keinen Kontakt mit mehreren Lehrern haben. Da die Klassenlehrer aber normalerweise nur 23 Stunden unterrichten, müssten sie pro Woche zwei Überstunden leisten. Die SNE/CGFP habe deshalb dem Bildungsminister nahegelegt, er solle den Lehrkräften vorschlagen und sie dazu motivieren, diese Überstunden zu leisten, sollte sie aber keineswegs dazu zwingen. Dies sei ethisch-moralisch nicht vertretbar.

Wenn viele Lehrer 25 Stunden pro Woche unterrichten, dann werden dadurch mehrere Lehrer frei, deren Stunden die ersteren übernehmen. „Da sind wir uns ziemlich einig mit dem Minister, dass diese freigestellten Lehrer dann helfen könnten, die Übungswochen zu leiten. In der Übungswoche sind die Kinder entweder zu Hause, dann müssen sich die Eltern drum kümmern, oder sie gehen in die ‚Maison relais‘, und da könnten diese freigestellten Lehrer helfen, diese zu leiten. Damit die Gruppen klein bleiben können“, so Remakel.

Dieses Archiv-Bild zeigt die beiden Präsidenten Patrick Remakel (SNE/CGFP, l.) und Patrick Arendt (SEW/OGBL) bei der Bilanz zur Grundschulreform
Dieses Archiv-Bild zeigt die beiden Präsidenten Patrick Remakel (SNE/CGFP, l.) und Patrick Arendt (SEW/OGBL) bei der Bilanz zur Grundschulreform Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante
Darius
30. April 2020 - 13.20

Apropos: "Kinder vermutlich genauso ansteckend wie Erwachsene" https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-news-am-donnerstag-die-wichtigsten-entwicklungen-zu-sars-cov-2-und-covid-19-a-a800f094-38b9-4137-9527-0a35b3951abb

Realist
25. April 2020 - 20.57

Schuljahr 2019-20 abhaken und fertig. Kein Schulabschluss und keine "Zensur" sind auch nur ein einziges Menschenleben wert.

Romain Juni
25. April 2020 - 7.16

Handschellen für alle! Präventiv damit niemand ins Gesicht greift Hände auf den Rücken!

Nathalie
24. April 2020 - 20.58

Waat mech am meeschten rosen mecht ass dass Maison Relais soll dozou dengen Kanner opzefänken wann Elteren nees schaffen ginn. Meng waren nach nie an enger Maison Relais kennen et och net. Awer ginn mir zu 2 schaffen. Ech zwar net ganz mee ech wees net wéi mir et sollen ouni congé pour raisons familiales sollen maan. Ech hunn och lo nach emmer weider geschafft mee irgentwann mussen mir all nees goen. An waat geschitt während der Zait matt den Kanner vum Léierpersonal? Et ass alles einfach net logesch. Ech sinn net dogeint dass Schoul nees soll ugoen mee wann dann richteg an net daat do waat keen Kapp an keen Schwanz huet! Daat mescht mech rosen!

HTK
24. April 2020 - 8.42

Muss man Pädagoge sein um das vorauszusehen? Wir Älteren haben sogar Probleme uns an die 3 Hauptregeln zu erinnern wenn wir aktiv sind. Abstand und Hände aus dem Gesicht lassen bis sie gewaschen sind. Mit dem Abstand kommt man ja noch klar,man zieht sich auch noch eine Maske vors Gesicht um die anderen zu schützen,aber wenn Augen oder Nase jucken,geht die Hand doch sehr schnell automatisch zwecks Kratzen oder Reiben zum Gesicht. Was natürlich fatal ist und alle Bemühungen zunichte macht. Und das sollen wir den Kindern dann beibringen?