StandpunktDie Welt braucht nicht mehr Länder, die unter chinesischen und russischen Einfluss geraten

Standpunkt / Die Welt braucht nicht mehr Länder, die unter chinesischen und russischen Einfluss geraten
Der russische Präsident Wladimir Putin hielt am 24. August eine Videoansprache an die Teilnehmer des Brics-Gipfels in Südafrika Foto: AFP

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Die Erweiterung des BRICS-Staatenbündnisses (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) und die Aufnahme von Saudi-Arabien, dem Iran, den Vereinigten Arabischen Staaten, Äthiopien, Ägypten und Argentinien wirkt auf den ersten Blick vielleicht wie eine gute Nachricht. Aber sie ist auch eine riesige verpasste Chance. 

Ein starker BRICS+-Club mit elf Mitgliedern könnte die Schwellenländer der Welt vertreten und ein Gegengewicht zur amerikanischen Hegemonie bilden. Trotzdem ist die angekündigte Erweiterung in vielerlei Hinsicht eine riesige verpasste Chance. Die Welt braucht nicht mehr Länder, die unter chinesischen und russischen Einfluss geraten oder sich gegen die USA verbünden; sie braucht eine wirklich unabhängige dritte Gruppierung als Gegengewicht sowohl zur Achse China-Russland als auch zur Vormacht der USA.

Wenn aber nur Länder aufgenommen werden, die bereits freundschaftliche Beziehungen zu China pflegen, werden die BRICS+ lediglich zu einem weiteren Instrument der chinesischen Diplomatie. Die Gruppe wird nicht die Interessen der Schwellenländer vertreten, sondern diese empfänglicher für chinesische Einflüsse machen. Und höchstwahrscheinlich werden diese Einflüsse zulasten der Arbeitnehmer und Bürger gehen, weil chinesische Auslandsinvestoren Korruption, mangelnde Transparenz und verschwenderische Megaprojekte, die mit nur schwer umzustrukturierenden Krediten finanziert werden, in der Regel tolerieren, wenn nicht sogar fördern.

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi auf dem Brics-Gipfel in Südafrika
Der iranische Präsident Ebrahim Raisi auf dem Brics-Gipfel in Südafrika Foto: AFP

Außerdem verwandelt sich die BRICS-Gruppe durch die Aufnahme Saudi-Arabiens, Äthiopiens, Ägyptens, des Iran und der VAE noch mehr in einen „anti-demokratischen“ Club. Dabei steht die Demokratie ganz oben auf der Liste der Institutionen, die Schwellenländer für ihren wirtschaftlichen und sozialen Erfolg brauchen. Wie meine eigene Arbeit mit Suresh Naidu, Pascual Restrepo und James Robinson zeigt, hat Demokratisierung in der Vergangenheit zu mehr Investitionen in Bildung, Gesundheit und andere öffentliche Dienstleistungen geführt und so innerhalb von fünf bis zehn Jahren die Voraussetzungen für ein schnelleres Wirtschaftswachstum geschaffen.

Demokratie-Krise in vielen Schwellenländern

Chinesische Einflüsse dagegen behindern oft die Demokratisierung und stärken sogar autoritäre Tendenzen. Derzeit durchleben viele Schwellenländer sowieso schon eine „Krise der Demokratie“ und immer mehr Länder leiden unter einer Schwächung ihrer demokratischen Institutionen. Nun besteht die Gefahr, dass die neuen BRICS+ noch Öl ins Feuer gießen.

In Zeiten, in denen die Rivalität zwischen China und Amerika sich verschärft – und potenziell eine neue Weltordnung schafft –, brauchen die Schwellenländer dringender denn je eine eigene unabhängige Stimme. Schließlich dürfte es ihre Interessen kaum befördern, wenn sich die chinesisch-amerikanischen Beziehungen verschlechtern und deren bilaterale Handels- und Finanzströme versiegen.

Außerdem sollten die Schwellenländer in der Lage sein, über die Zukunft der künstlichen Intelligenz und anderer digitaler Technologien mitzubestimmen. Selbst wenn die aktuelle Begeisterung für generative KI-Tools wie ChatGPT sich noch zum größten Teil als Hype erweist, dürfte die nähere Zukunft rasante Entwicklungssprünge bei der KI und anderen Kommunikationstechnologien bereithalten, die in allen Länder der Erde zu spüren sein und die globale Arbeitsteilung revolutionieren werden.

KI-Programme statt indische Büroarbeiter

Diese Technologien dürften sich auf viele Arbeitnehmer negativ auswirken, insbesondere in Indien und anderen Schwellenländern, die bereits zahlreiche Bürodienstleistungen exportieren. Und am Ende konkurrieren Arbeiter und Angestellte in aller Welt womöglich nicht mehr mit teuren, gut ausgebildeten Arbeitnehmern in reichen Ländern, sondern mit KI-gestützten hochmodernen Programmen, Maschinen und Robotern.

Shakehands: Cyril Ramaphosa, Präsident von Südafrika, und der indische Premierminister Narendra Modi 
Shakehands: Cyril Ramaphosa, Präsident von Südafrika, und der indische Premierminister Narendra Modi  Foto: AFP

Wahrscheinlich werden dieselben Technologien auch die politische Landschaft vieler Länder verändern, wenn von KI generierte Beiträge und Falschinformationen in den sozialen Medien, Deep Fakes und andere manipulative Technologien die öffentliche Meinung und den Wahlprozess beeinflussen. Nur die wenigsten Entwicklungs- und Schwellenländer verfügen über geeignete Institutionen, um diese zersetzenden Einflüsse zu regulieren und einzudämmen.

Außerdem geben neue Technologien Regierungen ungemein mächtige Werkzeuge zur Überwachung der Bevölkerung und Verfolgung von Dissidenten an die Hand. Schon heute tauschen autoritäre Regime entsprechende Technologien und Techniken aus. Aktuellen Studien zufolge werden chinesische Überwachungstechnologien schnell in andere, nicht demokratische Länder exportiert. Allein Huawei verkauft entsprechende Produkte in 50 Länder.

Wie die Dinge aktuell stehen, wird die technologische Zukunft vor allem von chinesischen Behörden, US-amerikanischen Tech-Riesen unter beschränkter regulatorischer Kontrolle und – zunehmend – EU-Vorschriften bestimmt. Keiner dieser Pole vertritt die Interessen der Schwellenländer; ebenso wenig wie die BRICS+, die sich vermutlich nach Chinas Wünschen richten werden.

Gerade weil China die neuen Mitglieder nach seinen eigenen, eng gefassten Kriterien ausgewählt hat, besteht jetzt zum Glück die Chance, dass eine erfolgversprechende Alternative zu den BRICS+ entsteht. Andere große Schwellenländer, wie Indonesien, die Türkei, Mexiko, Kolumbien, Malaysia, Nigeria, Bangladesch und Kenia, könnten einen wirklich unabhängigen Block bilden und sogar hoffen, dass sich ihnen später auch Argentinien, Brasilien, Indien und Südafrika anschließen. Auch wenn jedes dieser Länder in letzter Zeit selbst Probleme mit demokratischen Prozessen hatte, verfügen sie dank ihrer demokratischen Erfahrung und ihrer wirtschaftlichen Größe über eine gemeinsame Basis.

Und was noch wichtiger ist: Als Gruppe könnten sie sich sowohl von China als auch von den USA emanzipieren und in der Debatte über die Zukunft der Globalisierung und Technologie zur bitter benötigten Stimme aller Schwellenländer werden. Diese Entscheidungen sind viel zu wichtig, um sie den geopolitischen Rivalen unserer Zeit zu überlassen.

*) Daron Acemoglu ist Wirtschaftsprofessor am MIT und hat gerade gemeinsam mit Simon Johnson das Buch „Power and Progress: Our Thousand-Year Struggle Over Technology and Prosperity“ veröffentlicht (PublicAffairs, 2023).

Copyright: Project Syndicate, 2023. www.project-syndicate.org

Die Flaggen der Brics-Gründungsländer Südafrika, Brasilien Russland, Indien und China auf dem Gipfel in Südafrika
Die Flaggen der Brics-Gründungsländer Südafrika, Brasilien Russland, Indien und China auf dem Gipfel in Südafrika Foto: AFP
luxmann5656
4. September 2023 - 15.21

Dieser artikel ist ein sehr durchsichtiger versuch die BRICS und die VR China madig zu machen und die schwellenlaender der suedens wieder unter US herrschaft zu bringen...selbst wenn vage von einem 3.block geschwafelt wird der aber real inexistent ist. Ich denk auch nicht dass diese laender auf diese plumpheit reinfallen. Wie sagt der ami..du bist mit uns oder gegen uns. Also nur 2 bloecke und nicht 3.