ParlamentDie Covid-Fragestunde im Parlament

Parlament / Die Covid-Fragestunde im Parlament
Das Parlament beschäftigte sich gestern ausschließlich mit Aktualitätsfragen zur Corona-Krise Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Auch das Parlament übt die zweite Exit-Phase aus dem wochenlangen Lockdown. Die Abgeordneten überhäuften die Regierung gestern im Cercle-Gebäude mit Fragen, die sich fast ausschließlich mit dem Aktualitätsthema Covid-19 befassten.

Auf die Frage von CSV-Fraktionschefin Martine Hansen (CSV) gab Schulminister Claude Meisch (DP) ergänzende Details zu den geplanten Maßnahmen bei der „Rentrée“ in den Grundschulen am 25. Mai. Den Eltern werde die Wahl überlassen, ob sie ihr Kind (bis zum vierten Lebensjahr) in einer Betreuungseinrichtung oder zu Hause betreuen wollen. Ist Letzteres der Fall, können sie weiterhin Familienurlaub beantragen. Der vom Staat bezahlte Sonderurlaub gilt auch für die Betreuung eingeschulter Kinder zu Hause, sollten die Familien keinen Platz in einer Betreuungsstruktur finden.

Am 25. Mai werden die Klassen bekanntlich in zwei Gruppen eingeteilt, die abwechselnd mit dem Lehrer im Klassensaal lernen oder eine Übungswoche haben werden. Laut Claude Meisch stünde in den meisten Gemeinden auch für die Übungswoche ausreichend Schulpersonal bereit. Für die Betreuung der Schüler außerhalb des Schulunterrichts sei in Zusammenarbeit mit den Studentenzirkeln der ACEL ein Appell um Unterstützung an die Studenten ergangen. Derzeit würden mehr Meldungen als benötigt vorliegen. Was die Vorbereitungen der Kindergärten auf den Empfang der Kinder anbelangt, kündigte Meisch eine entsprechende Kommunikation seiner Dienststellen am Mittwoch (heute) an. Falls ein Kind die sanitären Maßnahmen nicht einhalte, werde niemand zur Verantwortung gezogen, so Meisch auf eine entsprechende von Martine Hansen formulierte Befürchtung.

Das Anliegen von Ärzten, deren Arbeit während der Corona-Krise bisher noch nicht entlohnt wurde, beschäftigte die DP-Abgeordnete Carole Hartmann und ihren CSV-Kollegen Jean-Marie Halsdorf. Nach Ausrufung des Krisenzustands mussten die Ärzte ihre Praxen schließen, ihre Patienten hauptsächlich nur über Telekonsultation betreuen. Insbesondere die Allgemeinmediziner waren in den verschiedenen Bereitschaftsdiensten wie den „Centres de soins avancés“ (CSA), Hausbesuche und Besuche in den Seniorenheimen eingebunden. Einen Notdienst hatten auch die Zahnärzte organisiert, während die Krankenhäuser einen ausschließlich Covid-Patienten vorbehaltenen Bereich eingerichtet hatten. Laut Ärztevereinigung habe die CNS den betroffenen Ärzten die geleisteten Stunden noch nicht vergütet.

14.000 Betriebe beantragten Kurzarbeit

Sozialminister Romain Schneider (LSAP) zufolge müssten die entsprechenden Dokumente mit Namen, Matrikelnummer und Anzahl der jeweils geleisteten Stunden an den nationalen medizinischen Koordinator Dr. Alain Schmit gemeldet werden, der die Unterlagen validieren müsse. Anschließend würden die Honorare ausgezahlt. Das sei bereits der Fall für die Ärzte in den CSA. Die anderen Bereiche würden folgen.

Das Land findet langsam in die Normalität zurück, bloß verspätet sich der öffentliche Personentransport dabei. Das war das Anliegen der Abgeordneten Dan Biancalana (LSAP), Jeff Engelen (ADR) und David Wagner („déi Lénk“). Laut Transportminister François Bausch („déi gréng“) sei die Nutzung von Zug und Bus am 4. und 11. Mai nur schwer voraussehbar gewesen, da viele Beschäftigte noch Telearbeit verrichten. Doch auch der öffentliche Personennahverkehr werde sich langsam normalisieren. Die RGTR-Busse fahren seit Montag wieder normal. Die Bahn werde spätestens am 25. Mai ihren Vorkrisenbetrieb wieder aufgenommen haben. Tram, Busse und Zugwaggons würden regelmäßig desinfiziert, um Schmierinfektionen zu vermeiden, so Bausch. Nasen- und Mundschutz seien jedoch vorgeschrieben. Zuwiderhandlungen würden mit einer Geldbuße in Höhe von 145 Euro belegt. Die Polizei werde stichprobenartig kontrollieren.

Eine Verlängerung der Kurzarbeitregelung schloss Arbeitsminister Dan Kersch (LSAP) in Beantwortung einer Frage von Jeff Engelen (ADR) nicht aus. Bis zum 31. Mai können die entsprechenden Anträge für den Monat Mai eingereicht werden. Betriebe, die weiter geschlossen bleiben, könnten auch für Juni Kurzarbeit beantragen. Die Regelung sah bisher vor, dass Betrieben, die im Zusammenhang mit der Covid-Krise von Amtswegen geschlossen wurden, auf Anfrage beim Beschäftigungsministerium Kurzarbeit bewilligt wurde. Unternehmen, die nicht schließen mussten, konnten ebenfalls Kurzarbeit beantragen, der Antrag musste jedoch vom Konjunkturkomitee bewilligt werden. Ihnen wurden Vorschüsse ausgezahlt.

Laut Kersch beantragten fast 14.000 Betriebe Kurzarbeit. Aus dem Beschäftigungsfonds wurden über 290.000 Gehälter (637 Millionen Euro) gezahlt.

Mit den Folgen von Covid-19 für die Wirtschaft, insbesondere die Industriebetriebe, befasste sich auch Wirtschaftsminister Franz Fayot. Es ergebe sich ein differenziertes Bild, sagte er auf die Frage von André Bauler (DP). Die Industriebetriebe mussten nicht schließen, doch machte etlichen Unternehmen die Abwesenheit von Mitarbeitern, die aus familiären Gründen oder aus Angst vor einer Ansteckung fehlten, zu schaffen. Sodass verschiedene Betriebe nicht ungehindert arbeiten konnten. Einzelne Unternehmen erfreuten sich einer größeren Nachfrage. Fayot nannte dabei Dupont de Nemours, das Vliesstoff für Schutzkleidung herstellt, und Rotarex, Hersteller von Ventilen für Beatmungsapparate. Andere Betriebe kämpften ihrerseits mit Nachschubproblemen, weil die Lieferketten unterbrochen waren. Den Produktionsstopp in der europäischen Autoindustrie im März/April verspürten auch die Luxemburger Autozulieferer mit ihren rund 10.000 Beschäftigten. Der Lockdown im Bausektor verlangsamte die Geschäfte der Stahl- und Glasindustrie. Von den 637 Millionen Euro, die der Staat bisher als Kurzarbeitsgeld auszahlte, entfielen 71,3 Millionen Euro auf den Industriesektor.

Berichte werden veröffentlicht

Mehrere sogenannte erweiterte Fragen von Léon Gloden und Marco Schank (beide CSV) betrafen die Lage im Strafvollzug und Selbsttötungen bei jungen Menschen. Laut Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“) habe sich die Situation in Schrassig nach der März-Revolte entspannt. Natürlich habe man in der Strafvollzugsanstalt ein Drogenproblem, so die Ministerin. Tolerieren wolle man das nicht. Regelmäßig werde kontrolliert, regelmäßig würden Drogen gefunden, letzte Woche noch Cannabis. Bei rund 1.000 Eingängen und Ausgängen am Tag sei das Einschmuggeln von Drogen kaum zu vermeiden. Mit Deutschland werde an einem Pilotprojekt zum Aufspüren von Rauschgift gearbeitet.

Mit sechs bis acht Suizidfällen bei Menschen unter 25 Jahren liegt Luxemburg im EU-Durchschnitt. 70 bis 80 Menschen nehmen sich pro Jahr das Leben, dreimal so viele Männer wie Frauen. Die Zahl der Selbstmordversuche liegt um das Zehn- bis Zwanzigfache höher. Die Mehrheit der jungen Menschen, die sich das Leben nehmen, sind zwischen 20 und 24 Jahre alt. So weit die nackten Zahlen zu einem Problem, das Gesundheitsministerin Paulette Lenert gestern im Parlament als ein gesellschaftliches bezeichnete. Der Nationale Aktionsplan gegen Selbstmord (2015-2019) setze auf Prävention und Sensibilisierung, sagte sie. Schulleitungen würden eine entsprechende Ausbildung absolvieren. Allein in diesem Jahr hätten 150 Lehrer und Lehrerinnen an einer diesbezüglichen Schulung teilgenommen. Die Schule müsse sich als Ganzes engagieren, so Schulminister Claude Meisch.

Das Parlament stimmte des Weiteren einer Änderung der eigenen Hausordnung zu. Berichte der Sitzungen zwischen der Präsidentenkonferenz und der Regierung zu Covid-19 werden veröffentlicht.