InvestmentfondsDer Krieg hat dem Luxemburger Finanzplatz einen neuen Rekord vermasselt

Investmentfonds / Der Krieg hat dem Luxemburger Finanzplatz einen neuen Rekord vermasselt
Zwischen Anfang Januar und Ende April ist das von Luxemburger Fonds verwaltete Geldvermögen täglich um 3,2 Milliarden Euro geschrumpft Foto: Editpress/Anne Lommel

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Für die Branche der Luxemburger Investmentfonds hat sich das Jahr 2022 bislang anders entwickelt als erwartet. Das Volumen der verwalteten Gelder ist deutlich zurückgegangen.

Der weltweite Vertrieb von Investmentfonds ist seit vielen Jahren eine Erfolgsgeschichte für den Luxemburger Finanzplatz. Innerhalb der letzten zehn Jahre wurde das von dem Sektor verwaltete Geldvolumen mehr als verdoppelt. 2009 lag die Summe der investierten Gelder noch weit unter 2.000 Milliarden Euro (1.526,6 Milliarden). Die 3.000-Milliarden-Marke wurde 2014 überschritten – die 4.000-Milliarden-Marke nur drei Jahre später. Anfang 2021 wurde die 5.000-Milliarden-Marke durchbrochen.

Auch noch im Dezember 2021 lief das rund. Um mehr als 100 zusätzliche Milliarden stieg die von den Luxemburger Fonds verwaltete Kapital, auf die fast unvorstellbar hohe Rekordsumme von 5.859 Milliarden Euro. Die Marke von 6.000 Milliarden Euro geriet in Reichweite. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen.

Mit dem Aufmarsch an der Grenze und dem späteren Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine brach die Zuversicht in die weitere wirtschaftliche Entwicklung ein. An den Börsen taumelten die Kurse nach unten. Die von den Fonds gekauften Wertpapiere verloren an Wert.

Ende April 2022 verwalten die Fonds am Finanzplatz Luxemburg nun „nur“ noch 5,477 Milliarden Euro, wie die Finanzaufsicht CSSF diese Woche mitgeteilt hat. Ein Minus von 382 Milliarden Euro. Pro Tag ist das von Luxemburger Fonds verwaltete Geldvermögen somit um 3,2 Milliarden Euro geschrumpft.

Die jährliche Entwicklung des Geldvolumens und der Anzahl der Luxemburger Investmentfonds
Die jährliche Entwicklung des Geldvolumens und der Anzahl der Luxemburger Investmentfonds Screenshot: CSSF

Damit war das Jahr 2022 bisher ein schlechtes für den Sektor: Einen stärkeren Rückgang hatte das Land bisher nur im Jahr der Finanzkrise, 2008, verbucht. Damals schrumpfte das Volumen innerhalb von zwölf Monaten um 500 Milliarden Euro. Bis sich der Finanzplatz vom Rückgang des Geldvolumens erholt hatte, dauerte es damals bis August 2010.

Erschwerend für den Finanzplatz kommt hinzu, dass 2022 nicht nur Kursrückgänge an den internationalen Märkten hinter dem Rückgang der Geldsumme stehen: So konnte sich die Branche oftmals während Kursrückgängen damit trösten, dass doch gleichzeitig Kunden mehr neues Geld in den Luxemburger Fonds anlegten, als sie Geld aus ihnen herausnahmen. Diesmal jedoch nicht.

Von dem Rückgang von 382 Milliarden Euro sind nämlich „nur“ rund 320 auf den schrumpfenden Wert der angelegten Gelder zurückzuführen. Grund für den Rest des Rückgangs ist, dass Investoren in den letzten vier Monaten netto 62 Milliarden Euro aus Luxemburger Fonds abgezogen haben.

Anteil der Wertschwankungen und der Investorenbewegungen  an der monatlichen Entwicklung des Geldvolumens
Anteil der Wertschwankungen und der Investorenbewegungen  an der monatlichen Entwicklung des Geldvolumens Screenshot: Statec

Dieser Rückgang der Vermögenswerte belastet die Aktivitäten und die Wertschöpfung von Dienstleistern und Depotbanken sowie Luxemburgs Exporte von Finanzdienstleistungen, von denen die überwiegende Mehrheit Transaktionen mit Investmentfonds sind, schreibt das statistische Institut Statec in seinem letzten „Conjoncture flash“. Auf „kleineren“ Summen gibt es kleinere Kommissionen zu erwirtschaften.

Weltmarktanteil von 8,7 Prozent

Wichtig für den Standort ist zudem nicht nur das verwaltete Geldvolumen. Für die Beschäftigung am Finanzplatz ist die Zahl der Fonds das wichtigere Kriterium. Im Schnitt heißt es, dass jeder Fonds rund drei Jobs im Land schafft. Die schlechte Neuigkeit: In den letzten Jahren ist die Zahl der Fonds geschrumpft. Während es, laut Zahlen der Zentralbank, Ende Dezember 2016 insgesamt 4.144 Fonds in Luxemburg gab, ist ihre Zahl im März 2018 unter die Marke von 4.000 gefallen. 2020 fiel ihre Zahl auf unter 3.700. Im April 2022 waren es jetzt nur noch 3.454 Fonds.

Viele Experten sind der Überzeugung, dass es in Europa insgesamt zu viele Investmentfonds gebe. Es ist eine Frage der Kosten. Je höher die investierte Summe, desto kleiner sind proportional die Kosten.

Der Weltmarkt der Investmentfonds
Der Weltmarkt der Investmentfonds Screenshot: Efama

Dennoch kann der Sektor sich sehen lassen: Das Großherzogtum ist der zweitwichtigste Fondsstandort weltweit – nach den USA. Was Fonds angeht, die grenzüberschreitend verkauft werden, ist Luxemburg die Nummer eins. Und über die vergangenen zwölf Monate betrachtet sind die Zahlen auch gar nicht so schlecht: Zwar ist auch in diesem Vergleich die Zahl der Fonds geschrumpft, das verwaltete Geldvolumen liegt heute aber, trotz der Rückgänge 2022, immer noch 183 Milliarden über dem Volumen von vor einem Jahr.

Insgesamt 8,7 Prozent aller Gelder, die weltweit in Fonds angelegt werden, waren Ende 2021 in Luxemburger Fonds investiert, wie Zahlen von Efama zeigen. Das ist deutlich mehr als in die Fonds anderer Länder: Irland hat 6 Prozent Weltmarktanteil, Deutschland 4,1 Prozent, Frankreich 3,3 Prozent. Der Wettbewerb ist jedoch hart: Vor zwei Jahren hielt Luxemburg noch einen weltweiten Marktanteil von 9 Prozent. Vor sieben Jahren waren es 9,4 Prozent.

Mehr als sechs Prozent aller Steuereinnahmen

Für die Einnahmen des luxemburgischen Staats ist der Sektor, wie auch das Volumen der verwalteten Gelder, von entscheidender Bedeutung. Nicht umsonst war seine Entwicklung zuletzt auch im Finanz- und Haushaltsausschuss ein Thema. Der Sektor ist ein gewichtiger Bestandteil der Luxemburger Wirtschaft. Die Branche beschäftigt einige Tausend Mitarbeiter hierzulande, und ein kleiner Teil der riesigen Summe bleibt bei den Firmen, etwa als Bearbeitungsgebühren.

Der Sektor ist zudem überaus wichtig für die Staatsfinanzen, für die Steuereinnahmen. Neben den Abgaben auf Gehältern und Gewinnen zahlt die Branche zusätzlich eine Steuer auf dem verwalteten Geldvolumen. Im Jahr 2021 hatte alleine diese „Taxe d’abonnement“ rekordträchtige 1,28 Milliarden Euro in die Staatskasse gespült. Im Vorjahr waren es 1,05 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die jährlichen Einnahmen und Ausgaben des Luxemburger Staates liegen bei etwas über 20 Milliarden Euro.

Mit dem rückläufigen Geldvolumen wird es nun jedoch auch unwahrscheinlich, dass die „Taxe d’abonnement“ dem Staat dieses Jahr wie ursprünglich geplant 1,38 Milliarden Euro einbringen wird. Und das in einer Zeit, in der gesunde Staatsfinanzen ohnehin immer mehr zur Herausforderung werden.

Grober J-P.
6. Juni 2022 - 9.56

Hätten wir doch in Stahl oder Waffenschmieden investiert, Nahrungsmittelindustrie wäre auch sehr lukrativ! Im Asteroidengürtel oder auf dem Mars wird bestimmt noch was zu holen sein. Kinder ausharren, bis dann.