Nationale Ehrung / Das Tischtennisduo Sarah De Nutte/Ni Xia Lian im Porträt

Sarah De Nutte (links) und Ni Xia Lian holten im September 2021 die erste WM-Medaille im Tischtennis für Luxemburg
Sarah De Nutte und Ni Xia Lian könnten kaum unterschiedlicher ein, an der Platte sind sie jedoch ein eingespieltes Duo. Zusammen holten die Tischtennisspielerinnen bei der WM 2021 in Houston Bronze im Doppel. Für ihre Leistungen wurden die beiden am Luxemburger Nationalfeiertag in der Philharmonie ausgezeichnet.
Wenn Ni Xia Lian in Asien auftritt, steht die 58-Jährige im Rampenlicht. Fernsehkameras, Autogrammanfragen, Ni ist ein Star. „Weil sie mehrere Generationen verbindet und inspiriert, ist sie vor allem in Singapur und China sehr populär“, erklärt Sarah De Nutte, ihre Doppelpartnerin. „Es ist schon beeindruckend zu sehen, wie begeistert die Menschen von ihr sind. Sei es die jüngeren, oder eben die etwas älteren Fans.“ Zusammen hat das luxemburgische Doppel Sarah De Nutte/Ni Xia Lian zuletzt bei der WM in Houston mit einer Bronzemedaille für Furore gesorgt. In Europa steht das Doppel auf Platz eins. Doch wer sind die beiden Tischtennisspielerinnen, die am Nationalfeiertag ausgezeichnet wurden?
Ni Xia Lian beweist schon seit längerem, dass Alter nur eine Zahl ist. Im vergangenen Jahr war sie mit 58 Jahren die älteste Tischtennisspielerin, die jemals an Olympischen Spielen teilnahm. Es waren ihre fünften Spiele, damit stellte sie den luxemburgischen Rekord von Josy Stoffel ein. Doch um diese nationale Bestmarke zu knacken, ist viel passiert – und vieles wurde dem Zufall überlassen.
Ni wurde in Schanghai geboren und hat in China das Tischtennisspielen erlernt. In dem Tischtennis-verrückten Land wurde schnell klar, dass Ni großes Potenzial besitzt. Ihre größten Erfolge sind der Team-Weltmeistertitel 1983 und der Weltmeistertitel im Mixed-Doppel, ebenfalls 1983.

1989 verließ sie China und ging nach Deutschland. Sie schlug für Bayer 05 Uerdingen auf, wurde dort aber nicht so richtig glücklich. Ihre Karriere im chinesischen Nationalteam war zu diesem Zeitpunkt bereits Geschichte. „Es ging dann wie so oft im Sport“, erinnert sich Heinz Thews, der bei Olympia in Tokio 2021 Technischer Direktor des COSL war. „Jemand kennt einen, der einen kennt, und so kam der Kontakt zustande.“ Thews war damals Tischtennis-Nationaltrainer und beeindruckt von Ni. Weil der Verein in Ettelbrück eine neue Nummer eins suchte, stellte Thews den Kontakt her.
Ehemann als Coach
Ni einigte sich mit Ettelbrück, doch Hintergedanken, dass sie mal für Luxemburg antreten würde, hatte Thews zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht. Weil die FLTT zusammen mit dem österreichischen Verband Lehrgänge organisierte und Trainingspartner suchte, fragte Thews Ni. Die Tischtennisspielerin zeigte sich begeistert und zögerte nicht lange, als Thews sie dann mal im Rahmen eines Lehrgangs fragte, ob sie nicht Lust hätte, für Luxemburg zu spielen.
Es folgten starke Leistungen auf internationalem Parkett, Europameisterin 1998 in Eindhoven, Europameisterin 2002 in Zagreb. 2000 rückte sie bis ins Achtelfinale der Einzelkonkurrenz der Olympischen Spiele vor, im Doppel mit Peggy Regenwetter schied sie ebenfalls im Achtelfinale aus. Doch es folgten private Probleme: Sie trennte sich von ihrem ersten Mann und verpasste auch wegen eines Sorgerechtsstreits die Olympischen Spiele 2004.
Wohl deshalb legt sie so großen Wert auf die Familie. „Wenn es meiner Familie gutgeht, dann fühle ich mich wohl und kann meine Leistung abrufen. Die Familie ist das Wichtigste im Leben“, sagt Ni. Seit einigen Jahren lebt sie zusammen mit ihrem Ehemann Tommy Danielsson, der gleichzeitig auch ihr Trainer ist.
Der luxemburgische Tischtennissport profitiert viel von der Ausnahmeathletin. „Ohne sie würden wir niemals in der höchsten Division spielen“, sagt Thews. „Dadurch haben die anderen Spielerinnen die Möglichkeit, sich mit stärkeren Gegnerinnen zu messen, was automatisch das Niveau anhebt.“ Eine Spielerin, die auch von Ni profitiert, ist Sarah De Nutte. Die 29-Jährige stammt aus einer anderen Generation, was allerdings nicht die Harmonie an der Tischtennisplatte hemmt.
De Nutte von Ni inspiriert
Denn gemeinsam mit Ni hat De Nutte international für Aufsehen gesorgt: Erst gewann das Duo bei der Europameisterschaft 2018 in Alicante Bronze, bei den Weltmeisterschaften drei Jahre später im texanischen Houston holte das Duo ebenfalls Bronze. Aktuell belegen die beiden Luxemburgerinnen Platz drei in der Doppel-Weltrangliste.
De Nutte könnte mit ihren 29 Jahren die Tochter von Ni sein. „Ihr Sohn ist im selben Jahr wie ich geboren“, schmunzelt De Nutte, die sich von ihrer jetzigen Doppelpartnerin bereits in ihrer Kindheit inspirieren ließ. „Als ich 13 Jahre alt war, kam sie mit ihrem Trainer Tommy in die Halle. Sie sagte damals, dass sie gegen die Nummer vier der Welt gewonnen hätte. Das ist mir bis heute in Erinnerung geblieben.“
Ni hat also auch De Nutte geprägt. Mittlerweile spielen beide seit zehn Jahren zusammen im Doppel. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine WM-Medaille gewinnen könnte. In Europa war das ein Ziel. Aber ich dachte immer, dass Asien zu stark sei.“ De Nutte und Ni sind ein eingespieltes Duo, das bei der kommenden EM in München (13.-21. August 2022) zu den Topfavoritinnen gehört – weil sie aktuell die Nummer eins in Europa sind.

Doch dass De Nutte mal so erfolgreich Tischtennis spielen würde, war in ihrer Kindheit unklar. Zwar entdeckte sie den Sport früh, spielte dann aber vier Jahre Fußball, übte sich dann auch im Tennis, Volleyball, Reiten oder Turnen. Nach einer sechsmonatigen Pause fand sie den Weg zurück an die Platte – seit ihrem 13. Lebensjahr gilt ihr Fokus dem Rückschlagsport. Milan Stencel, damals Trainer der Nummer eins der Welt, des Belgiers Jean-Michel Saive, sah, dass in De Nutte Potenzial steckt. „Er hat gesagt, dass ich gut werden kann. Aber als Kind weißt du noch gar nicht, was damit gemeint ist.“
De Nutte zehnfache Landesmeisterin
Ihre Eltern unterstützten sie und führten sie mit 14 Jahren nach Belgien, wo sie, anders als in Luxemburg, in einer Frauen-Liga aufschlug. Vier Jahre spielte sie für den TT Dinez, es folgte ein Jahr beim SV Darmstadt 98 in Deutschland, ehe im September 2012 die Grundausbildung der Armee anfing. De Nutte peilte eine Profikarriere an, zwei Jahre trainierte sie in der Werner-Schlager-Academy, dem Hochleistungszentrum des letzten Weltmeisters, der nicht aus China kam.
Der Aufwand und die Intensität haben sich für De Nutte gelohnt. Bereits mit 29 Jahren sagt sie: „Es gab nie einen Moment, an dem ich mich gefragt habe, ob ich das Richtige tue.“ Seit 2020 spielt sie für die französische Mannschaft TT Saint-Quentin, zog dort in ihrer ersten Saison ins Champions-League-Halbfinale ein.
Bei den Tischtennis-Landesmeisterschaften kommen sich die beiden nicht in die Quere. „Xia Lian wird manchmal vorgeworfen, dass sie nicht an den Landesmeisterschaften teilnimmt. Einige halten das für respektlos. Aber ob es für den Luxemburger Tischtennis von Vorteil wäre, wenn 30 Jahre lang die gleiche Spielerin den Titel holt, sei dahingestellt“, sagt FLTT-Generalsekretär Romain Sahr. De Nutte wurde 2012 zum ersten Mal Landesmeisterin – seitdem hat die Rechtshänderin zehn nationale Titel feiern können.
Viel unterschiedlicher könnte das Duo nicht sein. Doch neben ihrem sportlichen Erfolg eint sie eines: Zusammen sorgen sie dafür, dass Tischtennis in Luxemburg an Popularität gewinnt. „Das Interesse ist gestiegen“, sagt De Nutte. „Aber es dauert noch, bis die Arbeit richtige Früchte trägt.“ Vielleicht wird es bald schon Sarah De Nutte gelingen, es Ni nachzumachen: Vielleicht wird sie dann von ihren internationalen Erfolgen sprechen und den jungen Mädchen ein Vorbild zu sein. Genau wie Ni es mit ihr tat.
Eine besondere Ehre
Acht Menschen wurden am 23. Juni bei der Feier in der Philharmonie zum Nationalfeiertag ausgezeichnet: Journalist Philip Crowther, Schriftsteller Guy Helminger, Chefköchin Léa Linster, die Sportlerinnen Ni Xia Lian und Sarah De Nutte, die ehemalige Präsidentin der „Association de soutien aux travailleurs immigrés“ (ASTI), Laura Zuccoli, sowie die Lebensretter Ibrahim Ajdarpasic und Fernand Collet. In unserer Serie stellen wir diese Menschen und ihre besonderen Lebensgeschichten vor.
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