LuxemburgDas Gewicht des Finanzplatzes: Die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre

Luxemburg / Das Gewicht des Finanzplatzes: Die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre
Der Finanzplatz, und vor allem die Banken, bleiben ein wesentlicher Bestandteil der Luxemburger Wirtschaft Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Trotz aller Diversifizierungsanstrengungen hat sich am Gewicht des Finanzplatzes in der Luxemburger Wirtschaft in den letzten zehn Jahren nur sehr wenig verändert. Das zeigt eine rezent vorgestellte Studie. Der Sektor bleibt die Lokomotive des nationalen Wohlstands.

An diesem Montag feiert die Promotions- und Entwicklungsagentur des Finanzplatzes LFF (Luxembourg for Finance) ihren 15. Geburtstag. Eine gute Gelegenheit, wieder einen Blick auf das Gewicht und die Entwicklung des Finanzplatzes in Luxemburg zu werfen.

In einer rezent veröffentlichen Studie hatten LFF und Deloitte die Entwicklung des Sektors in den letzten zehn Jahren (2011 bis 2021) unter die Lupe genommen. Zum Finanzsektor zählt die Studie den Bankensektor, die Fondsindustrie, den Versicherungssektor, den Sektor der Zahlungsverkehrsleistungen („payments sector“), wie auch die Wirtschaftsprüfung, Beratungsunternehmen und Kanzleien, die Dienstleistungen für die Finanzindustrie erbringen.

Heraus kam die Schlussfolgerung, dass sich der Sektor in diesem Zeitraum sehr gut entwickelt hat. Er ist gemeinsam mit der ganzen Volkswirtschaft gewachsen und hat heute noch in etwa das anteilsmäßig gleiche Gewicht wie vor zehn Jahren. 2021 hatte der Sektor einen Anteil von 25,5 Prozent an der Wirtschaftsleistung – 2011 waren es 25,4 Prozent. Auch beim prozentualen Anteil an der Zahl der Beschäftigten ist der Finanzsektor mit 14,1 Prozent (2011: 14,4 Prozent) fast stabil geblieben.

Eine entscheidende Rolle für die Wirtschaft

In einer deutlich gewachsenen Luxemburger Wirtschaft bedeutet diese Entwicklung, dass der Finanzsektor in den zehn untersuchten Jahren gut und stetig gewachsen ist. Verzeichnet wurde beispielsweise ein jährlicher Zuwachs um 2,5 Prozent bei der Zahl der Beschäftigten. Diese lag Ende 2021 bei 64.592 Personen – im Vergleich zu 49.985 im Jahr 2011. „Außerdem war die Wertschöpfung des Finanzsektors pro Beschäftigten im Durchschnitt etwa doppelt so hoch wie die der anderen Wirtschaftssektoren“, heben die Autoren der Studie weiter hervor.

„Der Finanzsektor spielt eine entscheidende Rolle für die Luxemburger Wirtschaft, sowohl was den Arbeitsmarkt als auch die Bruttowertschöpfung angeht“, so Pascal Martino, zuständig für den Bereich Banking bei Deloitte in Luxemburg, gegenüber dem Tageblatt. „Trotz makroökonomischer und geopolitischer Unsicherheiten sowie einer zunehmenden Marktkonzentration hat sich die Finanzbranche besonders widerstandsfähig gezeigt, mit positiven Trends in allen Bereichen.“

Die Entwicklung der Anzahl der Mitarbeiter pro Bereich im Finanzsektor
Die Entwicklung der Anzahl der Mitarbeiter pro Bereich im Finanzsektor Quelle: Studie LFF und Deloitte

Die Wertschöpfung des Finanzsektors wuchs zwischen 2011 und 2021 um 5,2 Prozent pro Jahr, so die Studie weiter. Besonders gut entwickelt habe sich das Firmenkundengeschäft, die Fondsindustrie sowie der Bereich der Prüfungs-, Beratungs- und Rechtsdienstleistungen. Die Steuereinnahmen des Sektors stiegen auch um jährlich 5,1 Prozent an.

Hinzu komme, dass für jeden Arbeitsplatz, der im Finanzsektor geschaffen wurde, 1,1 weitere Jobs in der Gesamtwirtschaft geschaffen würden, so die Studie. Das bedeutet, dass „bei Berücksichtigung der direkten und indirekten Effekte zum Ende des Jahres 2021 insgesamt 135.519 Arbeitsplätze in Luxemburg mit dem Finanzsektor verbunden waren.“ Das wäre knapp ein Drittel aller Arbeitsplätze in Luxemburg.

Auch für den Außenhandel Luxemburgs ist der Sektor von Bedeutung: Im Bereich des Warenhandels erwirtschaftet Luxemburg seit Jahrzehnten ein Defizit mit dem Rest der Welt. 2021 ein Minus auf 7,8 Milliarden Euro. Im Handel mit Dienstleistungen (mehrheitlich Finanzdienstleistungen) jedoch war 2021 ein Überschuss von 24,2 Milliarden Euro erwirtschaftet worden.

Für die Zukunft bleibt man optimistisch. „Wir erwarten, dass sich die Trends 2023 fortsetzen, auch wenn noch nicht alle Daten von 2022 verfügbar sind. Dabei sehen wir Wachstumschancen für den Finanzsektor in den Bereichen Internationalisierung, Innovation, strategische Talentakquise und Nachhaltigkeit“, so Francesca Messini, Sustainability Leader Deloitte Luxemburg, gegenüber dem Tageblatt. „Zunehmender sozialer Druck wird Marktteilnehmer dazu bringen, ESG-Kriterien (Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungskriterien) in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren. Luxemburgs Finanzbranche hat hier die Chance, unter anderem durch die Einführung zweckorientierter Modelle, seine Position als globalen Hub für Impact Investment und Grüne Geldanlagen zu stärken.“

Banken stehen für 51,8 Prozent des Finanzsektors

Was die Wertschöpfung betrifft, so standen die Banken im Jahr 2021 mit 51,8 Prozent für den mit Abstand größten Anteil an der Wirtschaftsleistung des Sektors. Es folgten der Fondssektor mit 30,8 Prozent, der Versicherungssektor mit 13,2 Prozent und der Bereich der Beratungs-, Prüfungs- und Rechtsberatungsfirmen mit 4,2 Prozent. Alle vier Bereiche sind in den letzten zehn Jahren gewachsen.

Die Wertschöpfung durch den Finanzsektor im Jahr 2021 – aufgeteilt nach den Branchen des Sektors
Die Wertschöpfung durch den Finanzsektor im Jahr 2021 – aufgeteilt nach den Branchen des Sektors Quelle: Studie LFF und Deloitte

Auch bei der Zahl der Beschäftigten stehen die Banken nach wie vor für den Löwenanteil. Von den rund 64.000 Beschäftigten stehen sie 2021 für gut 26.000 Jobs. Verglichen mit vor zehn Jahren ist es jedoch ein Rückgang von 700 Posten.

Deutlich zugelegt haben derweil jedoch die drei anderen Bereiche: Im Fondssektor wurde ein Zuwachs von 5.600 Personen auf 14.400 Jobs gemessen; im Bereich der Versicherungssektor ein Plus von 600 Personen auf insgesamt 4.200 Arbeitsplätze, und im Bereich der Beratungs-, Prüfungs- und Rechtsberatungsfirmen ging es sogar von 10.900 auf 19.300 Beschäftigte hoch.

Auch bei den bezahlten Steuern ist die Entwicklung des Sektors beachtlich. Im Schnitt sind sie in jedem der letzten zehn Jahre um 5,1 Prozent gewachsen. In jedem Bereich der Sektors haben sie zugelegt. Am meisten ins Gewicht fallen jedoch die Banken: Von den 4 Milliarden Euro, die im Jahr 2021 an den Staat überwiesen wurden, stammten 2,7 Milliarden von ihnen.

Entwicklung der Steuereinnahmen pro Bereich des Finanzsektors
Entwicklung der Steuereinnahmen pro Bereich des Finanzsektors Quelle: Studie LFF und Deloitte

Banken wachsen mit Firmenkunden

Innerhalb des so gewichtigen Bankensektors hat es in dem untersuchten Zeitraum zudem Bewegung gegeben. Während er um insgesamt 4 Prozent jährlich gewachsen ist, so ist dies allein dem Geschäft mit Firmenkunden zu verdanken. Dieses ist jährlich um 16,5 Prozent gewachsen. Alle anderen Segmente (Retail-BankPrivatbank und Dienstleistungen für Fonds) waren im gleichen Zeitraum rückläufig.

Das Geschäft der Banken mit Firmenkunden hat heute einen Anteil von deutlich mehr als der Hälfte an der jährlichen Wertschöpfung durch die Banken. 2011 war es noch viel weniger als ein Drittel. Das Firmenkundengeschäft umfasst eine breite Palette von Aktivitäten mit hoher Wertschöpfung, etwa Handelsfinanzierung, Cash Management oder syndizierte Kredite.

In der Folge ist auch dieser Bereich, mit 9.600 Mitarbeitern, der einzige, in dem die Zahl der Beschäftigten in den letzten zehn Jahren gestiegen ist.

Entwicklung der Jobs in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen der Banken
Entwicklung der Jobs in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen der Banken Quelle: Studie LFF und Deloitte
Entwicklung der bezahlten Steuern nach den unterschiedlichen Geschäftsbereichen der Banken
Entwicklung der bezahlten Steuern nach den unterschiedlichen Geschäftsbereichen der Banken Quelle: Studie LFF und Deloitte

Ähnlich ist es bei den Steuereinnahmen: Während die Summe der Abgaben in den Segmenten Retail-Banking und Private-Banking in etwa stabil blieb, so ist sie in den letzten zehn Jahren im Fondsgeschäft der Banken pro Jahr im Schnitt um 5,8 Prozent gestiegen. Im Geschäft mit den Firmenkunden war es sogar ein jährliches Plus von 13,8 Prozent.

Weiter geschrumpft ist hingegen die Zahl der Banken – von 143, Ende 2011, auf nur noch 124, Ende 2021. Im Jahr 2022 ist sie nun noch weiter, auf 121, zurückgegangen. Eine Rekordzahl von 222 Banken hatte Luxemburg im Jahr 1994 verzeichnet. Seitdem schrumpfte die Anzahl der hier beheimateten Finanzinstitute praktisch jedes Jahr.

Auf Platz 21

Im Global Financial Centres Index (GFCI), einem internationalen Ranking für Finanzplätze, ist Luxemburg im September 2022 auf Platz 21 der wichtigsten Finanzplätze der Welt eingestuft worden. Während der Finanzplatz während mehrerer Ausgaben des Rankings immer weiter nach hinten gerutscht war, konnte er nun zuletzt wieder einige Plätze gutmachen. Europaweit belegt Luxemburg derzeit den sechsten Platz.

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